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Mehr als nur ein halbes Leben

Mehr als nur ein halbes Leben

Titel: Mehr als nur ein halbes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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Terminkalender.
    16.00 Uhr Telefonkonferenz, General-Electric-Projekt
    16.15 Uhr Lucys Klavierstunde
    16.30 Uhr Charlies Fußballspiel. DAS LETZTE
    Ich trage die Aktivitäten der Kinder immer in meinen Terminkalender ein, damit ich – wie ein Fluglotse – immer weiß, wann jeder wo ist. Bis zu diesem Augenblick habe ich mir nicht wirklich überlegt, zu Charlies Spiel zu fahren. Bob hat gesagt, er glaube nicht, dass er es diese Woche wieder schaffen könne. Und Abby wird, nachdem sie Charlie beim Fußballplatz abgesetzt hat, nicht bleiben und zusehen können, da sie zurück auf die andere Seite der Stadt fahren muss, um Lucy von ihrer Klavierstunde abzuholen. Es ist sein letztes Spiel in dieser Saison. Ich stelle mir das Ende des Spiels vor und wie all die anderen Kinder vom Platz laufen, in die Arme ihrer jubelnden Moms und Dads. Ich stelle mir Charlies geknicktes Gesicht vor, wenn er begreift, dass die Arme seiner Mom und seines Dads nicht da sind, um ihn in Empfang zu nehmen. Ich kann das Bild nicht ertragen.
    Beflügelt von einem dreifachen Espresso und einem doppelten Schuss Schuldgefühle und Mitleid werfe ich einen letzten Blick auf meine Armbanduhr, dann schnappe ich mir mein Handy, den General-Electric-Ordner, meine Tasche und meinen Mantel und verlasse das Büro.
    »Jessica, sagen Sie der Vier-Uhr-Besprechung, dass ich mich über mein Handy zuschalten werde.«
    Es gibt keinen Grund, warum ich nicht alles machen können sollte.
    Ich spreche in mein Handy – ungefähr vierzig Minuten nach Beginn der Vier-Uhr-Besprechung –, als ich die Sportanlagen von Welmont erreiche. Ein Baseballfeld befindet sich neben dem Parkplatz, und dahinter liegt der Fußballplatz. Von meinem Wagen aus kann ich die Kinder in der Ferne bereits spielen sehen. Ich rede schon seit einer ganzen Weile darüber, wer unsere aufstrebenden Experten auf dem Gebiet der grünen Technologie sind. Während ich über das Baseballfeld gehe, wird mir auf einmal bewusst, dass das Räuspern, das Klicken von Kugelschreibern und die allgemeinen Hintergrundgeräusche aus dem Konferenzraum verstummt sind.
    »Hallo?«
    Keine Reaktion. Ich sehe auf mein Handy. Kein Empfang. Scheiße. Wie lange habe ich diesen Monolog gehalten?
    Jetzt bin ich am Fußballplatz, aber nicht in meiner Besprechung. Ich sollte bei beiden sein. Ich sehe auf mein Handy. Noch immer kein Empfang. Das ist nicht gut.
    »Hey, du bist ja hier!«, sagt Bob.
    Ich denke genau dasselbe, aber mit einer völlig anderen Betonung.
    »Ich dachte, du könntest nicht kommen«, erwidere ich.
    »Ich habe mich abgeseilt. Ich habe Abby gesehen, als sie Charlie abgesetzt hat, und ihr gesagt, dass ich ihn nach Hause bringe.«
    »Wir müssen nicht beide hier sein.«
    Ich sehe auf mein Handy. Kein Signal.
    »Kann ich mal dein Handy benutzen?«
    »Hier ist ein Funkloch. Wen willst du denn anrufen?«
    »Ich muss in einer Besprechung sein. Scheiße, was tue ich hier eigentlich?«
    Er legt einen Arm um mich und drückt mich an sich.
    »Du siehst deinem Sohn beim Fußballspielen zu.«
    Aber in diesem Augenblick sollte ich die Mitarbeiter für das GE-Projekt rekrutieren. Meine Schultern wandern in Richtung meiner Ohren. Bob erkennt das verräterische Anzeichen dafür, dass sich Anspannung bei mir aufbaut, und versucht, sie durch sanftes Reiben zu bekämpfen, aber ich wehre mich. Ich will mich nicht entspannen. Das hier ist keine Entspannung.
    »Kannst du bleiben?«, fragt er.
    Mein Gehirn rast, während ich die Konsequenzen durchgehe, die es nach sich ziehen wird, wenn ich die zweite Hälfte der GE-Besprechung versäume. Aber die Wahrheit ist, egal, was es ist, das ich versäumt habe, ich habe es bereits versäumt. Ich könnte genauso gut bleiben.
    »Lass mich nur rasch sehen, ob ich irgendwo ein Signal bekommen kann.«
    Ich schlendere am Spielfeldrand entlang und versuche eine Stelle zu finden, an der mein Handy Empfang haben könnte. Ich habe kein Glück. Doch solange ist es einfach köstlich, Siebenjährigen beim Fußballspielen zuzusehen. Eigentlich sollte es gar nicht Fußball heißen. Nach allem, was ich sehen kann, gibt es keine Positionen. Die meisten Kinder jagen und treten den Ball einfach nur, als wäre er ein starker Magnet und die Kinder hilflos von ihm angezogen, wohin er auch rollt. Etwa ein Dutzend Kinder haben ihn jetzt umringt, treten gegen andere Füße und Schienbeine und gelegentlich auch den Ball. Dann wird der Ball ziellos von dem Pulk weggeschossen, und alle jagen ihm wieder

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