Mehr als nur ein halbes Leben
linke Hand die Botschaft sende: Liebe linke Hand, bitte greif nach oben und schnapp dir eine Cola light, rührt sie sich nicht vom Fleck. Sie hängt an dem Einlegeboden fest. Ich versuche sie zu befreien, indem ich nicht mehr ganz so fest an dem Türgriff ziehe, aber während ich das tue, komme ich wieder ins Torkeln. Ich verkrampfe mich und werde nach hinten gerissen. Ich überlege, was ich tun könnte, aber mir fällt nichts ein. Ich stecke im Kühlschrank fest. Na toll. Jetzt sitzt du wirklich in der Patsche .
Ich starre auf die Dosen mit Cola light, die sich nur wenige Zentimeter vor meiner Nase befinden. So nah und doch so fern. Während ich versuche, einen Plan zu entwickeln, wie ich entweder an eine Cola oder aus dem Kühlschrank komme (oder am besten beides), entdecke ich hinter den Dosen zufällig einen Beutel. Es ist der Beutel mit Kaffeebohnen! Wir haben doch daran gedacht, sie mitzunehmen! Wieso in aller Welt hat Bob sie hier drinnen nicht gesehen?
Das macht mich wirklich rasend. Bob war noch nie besonders gut darin, etwas, was er im Kühlschrank sucht, zu finden. Ein typisches Beispiel (und ich bin immer in einem anderen Zimmer des Hauses, wenn er das tut):
»Sarah, haben wir noch irgendwo Ketchup?«
»Im obersten Fach!«
»Ich sehe es nicht!«
»Neben der Mayonnaise!«
»Ich sehe keine Mayonnaise!«
»Sieh in der Tür nach!«
»Es ist nicht in der Tür!«
»Taste alles ab!«
Irgendwann höre ich den Kühlschrank-Alarm piepsen, der verkündet, dass die Kühlschranktür zu lange offen gelassen wurde, und komme zu dem Schluss, dass es an der Zeit ist, Bob zu retten. Ich gehe zum Kühlschrank, wo er noch immer auf der Suche ist, werfe einen Blick auf das oberste Fach, greife hinein, nehme das Ketchup (das neben der Mayonnaise stand) und gebe es ihm. Es ist, als ob er einen Kühlschrank-Neglect hätte. Nach dem, was er mir heute Morgen zugemutet hat, sollte er selbst zu irgendeiner Art Rehatraining gehen.
Nachdem ich mir die Vorhaltungen und Hänseleien fertig ausgemalt habe, mit denen ich Bob begrüßen werde, wenn er nach Hause kommt, grinse ich, außer mir vor Freude und voller Stolz auf mich. Ich habe den Beutel mit Kaffeebohnen gefunden! Ich werde die Impressa benutzen können! Ja, aber du bist eine siebenunddreißigjährige Frau, die in einem Kühlschrank feststeckt . Pst!
Ich habe wieder neue Entschlusskraft. Bei dieser Mission geht es jetzt nicht mehr nur um irgendeine dämliche, eisgekühlte Dose Cola light. Es geht um den Heiligen Gral des Koffeins – einen heißen, frisch gebrühten Latte. Zeit, dich zu steigern, Sarah. Na los. Du warst auf der Harvard Business School. Lös das Problem.
Ich beuge den Kopf vor, um die Coladosen umzustoßen, die mir inzwischen egal sind, als wäre mein Kopf eine Bowlingkugel und die Dosen die Kegel. Mit zwei Versuchen habe ich sie alle umgeworfen, eine beachtliche Leistung. Dann recke ich den Hals so weit wie möglich vor und schnappe mir mit den Zähnen das zusammengerollte Ende des Kaffeebeutels. Geschafft!
Jetzt muss ich nur noch wieder hier rauskommen. Ich komme zu dem Schluss, dass ich dafür rückwärtsgehen muss. Das klingt einfach, aber ich bin mir nicht so sicher, ob es das auch wirklich sein wird. Ich bin seit dem Unfall nicht mehr rückwärtsgegangen. Rückwärtsgehen ist vermutlich nichts, was die Beschäftigungs- und Physiotherapeuten in Baldwin als notwendige Fähigkeit ansehen. Bestimmt haben sie sich noch nie vorgestellt, wie einer ihrer Patienten mit einem Beutel Kaffeebohnen zwischen den Zähnen in einem Kühlschrank feststeckt. Ich werde Heidi sagen müssen, dass sie das in ihr Programm mit aufnehmen sollen.
Und los geht’s. Ich mache mit dem rechten Fuß einen Schritt nach hinten, aber bevor ich auch nur überlegen kann, was ich als Nächstes tun soll, bringt mich meine Rückwärtsbewegung ins Taumeln. Die Tür schwingt zu schnell auf, und durch die Wucht rutscht meine Hand vom Türgriff. Ich falle nach hinten und schlage mit dem Hinterkopf auf dem Fliesenboden auf.
Ich bin inzwischen schon so oft hingeknallt, dass mich ein solcher Sturz nicht mehr wirklich aus der Fassung bringt. Der Schmerz, die Beulen, die blauen Flecken, die Demütigung – ich habe gelernt, das alles mit hoch erhobenem Kopf (im wörtlichen und übertragenen Sinn) auszuhalten. Das ist alles ein Teil der entzückenden tagtäglichen Erfahrung, einen linksseitigen Neglect zu haben. Daher ist es nicht der Sturz selbst, der mich zum Weinen bringt.
Ich weine,
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