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Mehr als nur ein Zeuge

Mehr als nur ein Zeuge

Titel: Mehr als nur ein Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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brrrrm!   – aus der Garage und die beiden wechselten das Thema. Damals habe ich nicht kapiert, worum es eigentlich ging, aber ich habe es nicht vergessen. Und obwohl ich jetzt Joe, der harte Hund, der coole Typ, bin, wäre ich am liebsten wieder bei Gran und ihr kleiner Schatz.
     
    Als ich mich am nächsten Morgen für die Schule fertig mache, schläft Mum noch. Ich sitze in meiner Uniform am Tisch und weiß nicht, was ich tun soll. Schließlich rufe ich im Sekretariat an. »Tag, hier ist Joe Andrews aus der 8R.   Ich komme heute nicht.« Ich kann einfach nicht mehr lügen. »Meine Mum ist krank und ich muss mich um sie kümmern.«
    Die Sekretärin am anderen Ende ist verwundert. »Ist denn sonst keiner da?«
    »Sonst braucht sie niemanden, der sich um sie kümmert, nur heute, und deswegen bleibe ich zu Hause.«
    »Also, ich weiß nicht recht, aber ich glaube, ich muss das als unentschuldigtes Fehlen eintragen.«
    »Wie Sie wollen.« Ich lege auf. Dann werfe ich einen Blick in Mums Portemonnaie und nehme fünfzig Pfund heraus. Ich fahre mit dem Bus zum Supermarkt und kaufe Eier, Vollkornbrot, braunen Reis und Nudeln, Milch, Obst und Gemüse. Alles Sachen von Ellies Liste. Im Bus ernte ich ein paar schräge Blicke, ich hätte wohl besser |76| die Schuluniform ausziehen sollen. Aber niemand spricht mich an. Ich trage den Einkauf zum Haus und schließe leise auf. Es ist zehn Uhr. Mum schläft immer noch.
    Ich schicke Ellie eine SMS. »Kann leider heute nicht trainieren, meine Mutter ist krank.« Dann reiße ich wieder alle Fenster auf und sprühe mit einem kräftigen Raumspray herum. Ich putze erst die Küche   – das war schon längst mal fällig   – und dann das Bad. Ich werfe einen Blick auf den Gartenweg und wische ihn noch einmal, da meine nächtlichen Bemühungen nicht ganz erfolgreich waren.
    Ich koche Tee, schmiere ein paar Toasts und trage alles nach oben. Mum wird gerade wach, also stelle ich das Tablett neben ihr ab und trampele wieder nach unten. Dort drehe ich das Sofakissen um, um das Brandloch zu verdecken, lege mich aufs Sofa und schaue mir eine Sendung über Immobilienpreise an. Danach eine Kochsendung. Schließlich ist mir alles egal und ich schalte zum Kinderkanal um.
    Als Mum endlich runterkommt, glotze ich
Balamory.
Ich wäre froh, wenn ich deren Probleme hätte: lauter lustige Leute, die in bunten Häusern auf einer Insel wohnen. Mum setzt sich neben mich und fasst mich ganz sachte an der Schulter. Ich fahre zusammen, als hätte sie mich geschlagen. »Ty, mein Schatz«, flüstert sie.
    »Ich gucke Fernsehen«, knurre ich und drehe ihr den Rücken zu.
    »Warum bist du nicht in der Schule?«, will sie wissen. |77| Ich konzentriere mich auf Archie, den Erfinder, der sich nicht traut, die Straße zu überqueren. »Mir geht’s wieder gut, du hättest nicht schwänzen müssen.«
    »Ich schwänze nicht. Ich habe angerufen und Bescheid gesagt, dass du krank bist.«
    »Ach so.«
    Wir sitzen da und gucken
Balamory,
wie damals, als ich noch vier Jahre alt war, nur dass es damals
Thomas, die kleine Lokomotive
gab
,
und wir uns aneinandergekuschelt haben. Heute sitzen wir so weit auseinander, wie das auf einem kleinen Sofa möglich ist. Polizist Pflaume hilft Archie über die Straße, zwei erwachsene Männer gehen Hand in Hand. Es ist bestimmt die blödeste Sendung, die ich je gesehen habe, trotzdem bringt sie mich fast zum Heulen. Wahrscheinlich hab ich echt einen Sprung in der Schüssel. Dann sagt Mum: »Ich habe gestern Abend Gran angerufen, Ty. Das war dumm, ich weiß.«
    »
Du
warst dumm. Wie geht es Gran?«
    »Ich hab sie nicht mal erreicht und ihr nur auf den AB gesprochen.«
    »Na toll. Du bringst uns in Gefahr und machst Gran Angst, wenn du ihr erzählst, wie mies es uns geht.« Und dass alles meine Schuld ist   – aber das spreche ich nicht aus.
    »Glaubst du, wir müssen es Doug sagen?«
    Als hätte ich nicht die ganze Nacht darüber nachgegrübelt. »Nein, das müssen wir nicht. Er hat uns die Handys schließlich gegeben, oder? Dann kriegt er auch die |78| Rechnungen mit den Verbindungen. Er erfährt sowieso alles.«
    »Ach so. Tut mir leid.«
    »Tu das nie wieder.«
    Dann gehe ich in die Küche und mache uns Rührei zum Mittagessen. Wir sitzen am Tisch, essen und unterhalten uns. Als ich aufstehen will, um abzuwaschen, hält sie mich am Handgelenk fest. »Aua! Lass los.«
    Wir funkeln uns beide an. Sie sagt: »Hör endlich auf zu schmollen, Tyler, und rede mit mir, sonst dreh ich noch

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