Mehr als nur Traeume
für mich sorgen?« flüsterte Dougless und erschauerte, als sie sich an die schmutzigen Frauen im Dorf erinnerte. Zweifellos würden diese zahnlosen Hexen sie steinigen, wenn sie eine Gelegenheit dazu bekommen. »Du würdest mir das antun? Nachdem ich dir so sehr geholfen habe?« Ihre Stimme wurde schrill. »Nach allem, was ich für dich getan habe, willst du mich aus dem Haus jagen? Nachdem ich aus der Entfernung von vierhundert Jahren zu dir gekommen bin, um dich zu retten, willst du mich einfach auf die Straße werfen?«
Er funkelte sie an. »Mein Bruder entscheidet.« Er drehte sich um und ging die Treppe hinunter.
Dougless blieb dicht hinter ihm und versuchte, ihren Zorn so weit zu bändigen, daß sie nüchtern überlegen konnte. Sie mußte etwas unternehmen, um zu verhindern, daß man sie aus der relativen Sicherheit dieses Hauses entfernte und den Gefahren einer Hexenverfolgung aussetzte. Lady Margaret schien die Lösung dieses Problems zu sein.
Lady Margaret lag wieder im Bett. Dougless wußte sofort, daß die Wirkung des Grippemittels, die nur zwölf Stunden anhielt, vorbei war.
»Ihr werdet mir noch eine von Euren Zauberpillen geben«, sagte Lady Margaret, sich in ihre Kissen zurücklegend.
Obwohl Dougless hungrig, müde und verängstigt war, wußte sie, daß sie nun ihren Verstand gebrauchen mußte.
»Lady Margaret, ich bin keine Hexe. Ich bin lediglich eine arme, gedemütigte Prinzessin, die von Räubern überfallen wurde und an Eure Hilfsbereitschaft appellieren muß, damit mein Onkel, der König, hierherkommen und mich abholen kann.«
»Prinzessin?« wiederholte Lady Margaret.
»König?« brüllte Nicholas förmlich. »Mutter, ich .. .«
Lady Margaret hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Wer ist Euer Onkel?«
Dougless holte tief Luft. »Er ist der König von Lanconia.«
»Ich habe schon einmal von diesem Land gehört«, sagte Lady Margaret nachdenklich.
»Sie ist keine Prinzessin«, sagte Nicholas. »Schau sie dir doch nur an, Mutter.«
»Dies ist zufällig der Kleiderstil meines Landes«, schnaubte Dougless ihn nun ihrerseits an. »Willst du den Zorn eines Königs auf dein Haupt laden, indem du mich auf die Straße werfen läßt?« Sie sah auf Lady Margaret zurück. »Mein Onkel würde sich sehr großzügig gegenüber jedem erweisen, der mich beschützt.«
Dougless konnte sehen, daß ihre Worte Lady Margaret nachdenklich stimmten. »Ich kann zudem sehr nützlich sein«, setzte Dougless rasch hinzu. »Ich habe eine Menge Tabletten gegen Erkältung in meiner Tasche, dazu noch allerlei interessante Sachen. Und ich . . .« Was konnte sie noch tun? »... kann Geschichten erzählen. Ich weiß eine Menge Geschichten.«
»Mutter, du kannst nicht ernsthaft daran denken, sie im Haus zu behalten«, begann Nicholas. »Sie ist nicht viel besser als ein Flirt-Mädchen.«
Dougless vermutete, daß man darunter eine Dame von üblem Ruf verstehen mußte. Sie schickte ihm einen wütenden Blick zu. »Schaut nur mal, wer da redet! Ein Mann, der keinen Moment lang die Hände von Lady Arabella Sydney lassen kann!«
Nicholas Gesicht färbte sich dunkelrot, und er rückte einen Schritt auf Dougless zu.
Lady Margaret hüstelte, damit sie nicht lachen mußte. »Nicholas, hole mir Honoria hierher. Geh! Rasch!«
Dougless noch einen wütenden Blick zuwerfend, ging Nicholas gehorsam aus dem Zimmer.
Lady Margaret blickte Dougless an. »Ihr amüsiert mich.
Ihr mögt in meiner Obhut bleiben, bis ein Bote nach Lanconia sich bei Eurem Onkel nach Euch erkundigt hat.«
Dougless schluckte. »Wie lange wird das dauern?«
»Einen Monat oder länger.« Lady Margaret sah sie listig an. »Wollt Ihr Eure Geschichte widerrufen?«
»Nein, natürlich nicht. Mein Onkel ist König von Lanconia.« Oder wird es sein, verbesserte Dougless in Gedanken.
»Nun diese Pille«, sagte Lady Margaret, sich wieder in die Kissen zurücklegend. »Dann dürft Ihr wieder gehen.«
Dougless fischte nach einer Grippekapsel in ihrer Segeltuchtasche, zögerte jedoch, sie der alten Dame zu verabreichen. »Wo soll ich fortan schlafen?«
»Mein Sohn wird sich darum kümmern.«
»Euer Sohn hat mich in diese scheußliche kleine Kammer gesperrt, und das Bett wimmelte von Wanzen und Flöhen!«
Dem Gesichtausdruck von Lady Margaret war zu entnehmen, daß sie daran nichts Unrechtes fand.
»Ich möchte ein ordentliches Zimmer haben und Kleider, in denen mich die Leute nicht so angaffen. Und ich möchte mit dem Respekt behandelt werden, der
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