Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mehr als nur Traeume

Titel: Mehr als nur Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
Klassen«. Und das führte zu einem heftigen Disput über die Gleichheit der Menschen. Nicholas sagte, nach ihren Schilderungen von Amerika habe er den Eindruck, daß dies ein gewalttätiges Land voller einsamer Menschen sei, und Dougless ärgerte sich jetzt, daß sie ihm so viel von Amerika erzählt hatte.
    Er stellte ihr Hunderte von Fragen, die unmittelbare Zukunft Englands und Königin Elizabeths betreffend. Dougless wünschte, daß sie sich alles, was sie darüber gelesen oder gehört hatte, gemerkt hätte, um ihn jetzt besser informieren zu können. Er schien fasziniert zu sein von der Idee, mit einem Schiff über die Weltmeere zu segeln und ihr erst vor kurzem entdecktes Land zu erforschen.
    »Aber du wirst, mit Lettice verheiratet, hierbleiben. Du kannst nicht irgendwo hinreisen, falls du überhaupt am Leben bleibst. Falls du nicht hingerichtet wirst, meine ich.«
    Nicholas wollte ihr nicht zuhören, wenn sie von seiner Hinrichtung sprach. Er hatte den Glauben junger Männer, daß er unbesiegbar sei und niemand ihm Schaden zufügen könne. »Ich werde aber keine Armee ausheben, um meine Ländereien in Wales zu schützen, weil sie nämlich nicht mir, sondern Kit gehören. Und da er nicht tot ist, sondern lebt, wird die Zukunft, die ich einmal hatte, nicht eintreten.«
    Sie konnte ihn nicht vom Gegenteil überzeugen. Als sie ihn fragte, wer seiner Meinung nach versucht habe, Kit zu töten, zuckte er nur mit den Achseln und sagte, das müßte wohl ein Gauner gewesen sein, der zufällig des Weges kam. Dougless konnte sich noch immer nicht an die Vorstellung von einem Land gewöhnen, in dem es weder eine Polizei noch eine Bundesregierung gab. Der Adelsstand hatte nicht nur das Geld, sondern auch alle Macht im Land. Diese Leute sprachen Recht, hängten jeden auf, den sie aufhängen wollten, und waren allein der Königin verantwortlich. Wenn die Bauern einer Familie gehörten, die sie gut regierte, konnten sie froh sein. Die meisten hatten dieses Glück nicht.
    Eines Tages bat sie Nicholas, sie in eine Stadt mitzunehmen, die sie besichtigen wollte. Er hob eine Braue in die Höhe und sagte, es würde ihr nicht gefallen, was sie dort sah, aber er wolle ihr diesen Gefallen gern tun.
    Er hatte recht. Der Frieden und die relative Sauberkeit im Haushalt der Staffords hatten sie nicht auf den Schmutz einer mittelalterlichen Stadt vorbereitet. Acht Ritter aus Nicholas’ Gefolge begleiteten sie, um sie vor Straßenräubern zu schützen. Unterwegs suchte Dougless den Schatten hinter jedem Baum mit den Augen ab, ob dort nicht irgendwelches Gesindel lauerte. Von einem verwegen aussehenden Räuber in einem romantischen Abenteuerroman überfallen zu werden, war eine Sache, die Wirklichkeit jedoch eine ganz andere - Dougless bezweifelte, daß echte Straßenräuber ritterliche Gefühle gegenüber Frauen hegten. Sie waren vermutlich durchwegs Halsabschneider.
    Der Schmutz, den sie in der Stadt sah, übertraf ihre schlimmsten Befürchtungen. Die Bewohner kippten den Inhalt ihrer Nachttöpfe und ihre Küchenabfälle einfach auf die Straße. Sie sah Erwachsene, die vermutlich noch nie in ihrem Leben gebadet hatten. An der Ecke einer Brücke, die einen kleinen Fluß überspannte, erblickte sie hohe Stangen, auf denen abgeschlagene Menschenköpfe verfaulten.
    Sie bemühte sich, alles ohne Vorurteile zu betrachten und auch das Gute zu sehen. Sie versuchte, sich das Aussehen der Häuser und der Fuhrwerke auf den Straßen genau einzuprägen, damit sie, wenn sie in ihre Zeit zurückkehrte, ihrem Vater erzählen konnte, was sie alles gesehen hatte. Aber sie schien nur schlechte Eindrücke in ihre Zeit mitnehmen zu können. Die Häuser standen so dicht beieinander, daß Frauen Gegenstände von einem Haus auf der einen Straßenseite zu einem Haus auf der anderen Straßenseite hinüberreichen konnten. Leute schrien, Tiere grunzten oder bellten, Handwerker hämmerten auf Metall. Schmutzige und mit Schwären bedeckte Kinder rannten zu ihnen, klammerten sich an ihre Beine und bettelten sie an. Nicholas’ Männer stießen sie beiseite, und statt Mitleid für die armen Würmer zu empfinden, spürte Dougless nur einen Ekel vor ihnen, wenn sie ihr zu nahe kamen. Als Nicholas sich umdrehte und ihr bleiches Gesicht sah, befahl er seinen Leuten, umzukehren und mit ihnen wieder aus der Stadt zu reiten.
    Sobald sie sich auf freiem Feld befanden und die Luft wieder rein war, ließ Nicholas seine Leute anhalten und ein Tuch unter den Bäumen ausbreiten.

Weitere Kostenlose Bücher