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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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Tropfen. Wie eine Herde gehetzter Tiere liefen sie die Scheibe entlang.
    »Ich habe Hunger.«
    »Um die Ecke gibt’s die ganze Nacht Hamburger und panierte Schnitzel.«
    »Gehn wir?«
    »Und was ist mit dem verdammten Aktenordner?«
    »Später.«
    Ich schob den Ordner unter den Sitz, und wir stiegen aus. Hundert Meter weiter war der SCHNITZELFRITZ. Ein Wartesaal mit Neonröhren, grünen Plastiktischen und Plastikstühlen, und hinter der Theke stand ein Wabbelmann und wendete Buletten. Es war mächtig Betrieb. Türken, ein paar schnelle Mädchen und ein Tisch kichernder Schüler, die sich mit Fritten und Cola vollstopften. Wir bestellten Schnitzel, Kartoffelsalat, Bier und Korn. Ich trank zwei Kurze und ein Bier hintereinander weg. Das Schnitzel war kalt, der Kartoffelsalat schmeckte nach Essig.
    »Ich mache meinen Job, weil es zum Anwalt nicht gelangt hat. Ich hatte geglaubt, Privatdetektiv wäre so eine Art Hausarzt. An den großen Schlachtereien und dem allgemeinen Dreck ändert er zwar nichts, aber für den einen oder anderen kann es vielleicht doch wichtig sein, daß er da ist. Irgendwann erklärte mir dann ein Totschläger, sich vom Kanacken festnehmen zu lassen sei unter seiner Würde, und verlangte eine korrekte Polizeiaktion. Ich hatte ihm vorher einen Schnaps angeboten und gesagt, daß ich lieber die anderen ins Loch stecken würde als ihn. Na, ja. Inzwischen weiß ich auch, es ist vollkommen egal, ob ich da bin oder nicht. Ich mache meine Arbeit so gut es geht, das ist alles.«
    Um den Geschmack vom Schnitzel loszuwerden, bestellten wir einen Korn nach dem anderen. Langsam zog sich die graue Gardine zu, und ich sackte weg. Aber die nächste Runde kam und die übernächste, und ich leerte jedes Glas und nahm nicht wahr, daß Slibulsky alles unter den Tisch kippte. Zwei hochhackige Mädels vom Nebentisch musterten uns abschätzend. Ihre Arbeitstage und -nächte waren ihnen unter die Augen gemeißelt. Eine stand auf und schob sich neben mich auf den Stuhl. Der Ledermini rutschte die Schenkel hoch.
    »Na, ihr Süßen, um die Zeit noch auf Tour? Einsam in der Nacht? Wollt noch einen losmachen, was?«
    Sie lächelte, aber ihre Augen verrieten eher Verachtung. Sie steckte sich eine Zigarette an, musterte mich durch den Rauch und sagte provozierend: »Ich seh’s dir an, kannst ‘n bißchen Liebe gebrauchen.«
    Ihre Hand kraulte meinen Nacken. Ich schloß die Augen.
    »Wie war’s mit einem Blick in die feine Stube? Ist gleich um die Ecke. Ein ganzes Haus voll netter Mädchen und toller Ideen.«
    Sie rüttelte mich an der Schulter. »Na?«
    Dann nahm ich nichts mehr wahr. Irgendwann kam ich zu mir und lief untergehakt neben der Frau, die mir erklärte, sie hieße Fanny. Dann standen wir vor einem Haus voller roter Lichter, die zu einem Meer verschwammen. Ich bemerkte Slibulsky, der wohl die ganze Zeit hinter uns hergetrottet war. Er bremste mich hart am Ärmel, fast wäre ich hingeschlagen. Aber Fanny stützte ab, und Slibulsky begann auf mich einzureden. Dabei kramte er in meiner Jacke, zog Autoschlüssel und Brieftasche hervor, sprach mit Fanny und drückte ihr einen Schein in die Hand. Ich kapierte nichts.
    Sollte er doch! Sollte er doch mein Geld auf den Kopf hauen, den verfluchten Ordner auf den Müll schmeißen und mein Auto gegen die Wand fahren! Ich schrie ihn an. Ich hätte ihn um nichts gebeten, und er solle mich endlich in Frieden lassen und sich gefälligst um seinen eigenen Dreck kümmern. Überhaupt, diese ganze dreckige Welt könne zum Teufel gehen, und er mit ihr. Ich wollte auf ihn los, aber Fanny zerrte mich in den Hausflur. Männer huschten vorbei, eine halbnackte Frau las auf einem Treppenabsatz Zeitung. Endlich schloß sie eine der grünen Preßspantüren auf und schleppte mich aufs blauseidene Bett. Sie steckte mir eine Zigarette an und zog mich aus. Dann setzte sie sich neben mich und half mir, sie auszuziehen. Schließlich streifte sie das bißchen Stoff, was noch blieb, selber ab. Nackt und warm spürte ich ihre Haut. Meine Hände patschten ihre Beine entlang. Später bewegte sie sich über mir, und ich sah nur noch Busen und tauchte vollends weg.
    Halb fünf war es, als ich aufwachte und auf die Uhr sah. Meine Kehle fühlte sich an wie gegerbt. Es war noch dunkel. Fanny lag neben mir und schlief. Das Licht von der Straßenlaterne beleuchtete ihr Gesicht. Sie hatte sich abgeschminkt. Ich konnte mich nur an die Hälfte der Nacht erinnern, und die hätte ich lieber auch vergessen. Leise

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