Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
Vom Netzwerk:
sonst alles, wie es war, und verließ die Wohnung.
    Slibulsky kam im Schrittempo. Ich riß die Tür auf und fiel auf den Beifahrersitz. »Bei mir liegt einer mit ‘nem Loch in der Birne. Reiner Schmidi. Der Typ, der mir gestern die Figur gebügelt hat.«
    »Und was hast du gemacht?«
    »Da gab’s nichts mehr zu machen.«
    Wir fuhren Richtung Autobahn. Am Bahnhof bat ich ihn zu halten und kramte die Adresse raus, die mir Nina Scheigel gegeben hatte.
    »Hier in der Nähe wohnt so’n Russe. Er handelt mit geschmuggeltem Wodka. Ich bin jemandem ‘ne Flasche schuldig.«
    Slibulsky trat auf die Bremse und polterte: »Gibt es an diesem verdammten Morgen nichts Wichtigeres zu tun, als die Promille zu pflegen?!«
    Ich antwortete, es gebe immer Wichtigeres zu tun, oder eben nie, und wenig später klingelten wir bei Nikolei Herzel, Hausnummer dreiundsechzig in der Münchner Straße, zweiter Stock. Es war kurz vor sechs. Hellwach und angezogen öffnete er uns die Tür. Ein kleiner Mann in schwarzem Anzug und braunen Pelzpantoffeln. Ich stellte uns vor, aber noch bevor ich aussprechen konnte, zog er uns in die Wohnung, augenzwinkernd schnarrte er: »Ich weiß. Nina war gerade hier. Sie haben sie knapp verpaßt.« Er mußte über fünfzig sein, hatte aber keine einzige Falte, und sein Haar war dicht und glänzte aufdringlich. Er schien bei bester Gesundheit zu sein, und dennoch stimmte irgend etwas nicht. Im schmuddeligen Wohnzimmer, vollgestopft mit verrotteten Sesseln und drei Fernsehern, bat er uns Platz zu nehmen. Eine Kanne Tee dampfte auf dem Ölofen. Er verschränkte die Arme und lächelte uns an.
    »Meine Herren, um es kurz zu machen, die letzte Lieferung ist noch nicht eingetroffen, und der Vorrat neigt sich dem Ende zu.«
    Er legte eine Pause ein, faltete die Hände und setzte leise dazu: »Sowas schlägt sich natürlich im Preis nieder.« Er schaute mir tief in die Augen.
    »Wieviel?«
    Er schmunzelte und begann, durchs Zimmer zu marschieren.
    »Also, weil Sie von Nina kommen… sagen wir, hundertfünfzig der halbe Liter.«
    Ich schielte zu Slibulsky, dem der Finger in der Nase steckenblieb und der mir zu verstehen gab, der kleine Russe habe nicht mehr alle Tassen im Schrank.
    »Jetzt mal ohne Faxen, Kamerad. Wir sind arme Schlucker, die ‘ner älteren Dame ‘ne Freude machen wollen.«
    Er quengelte. »Ich weiß, ich weiß, aber was soll ich machen. Die Zeiten sind schlecht.«
    »Achtzig, und wir sind dabei.« Seine Augen wurden eng.
    »Hundertvierzig, und beiden Seiten ist gedient.« Slibulsky stand auf und ging dicht an den kleinen Russen heran.
    »Mein Freund und ich sehen das aber anders. Mit hundertvierzig ist nur einer verdammten Seite gedient. Und das ist nun mal nicht unsere. Mein Freund ist bereit, auf neunzig hochzugehen, von mir aus auch auf hundert, aber dann ist Schluß!«
    Er senkte den Kopf. »Und wenn ich Schluß sage, dann meine ich das auch so. Paar Straßen weiter liegt einer, dem pfeift der Wind durchs Hirn. Und wissen Sie warum? Es ging um ‘ne Kiste Cognac. Jetzt strengen Sie mal Ihr helles Köpfchen an! Alles klar, Amigo?«
    Der kleine Russe kriegte große Augen, dann schob er sich vorsichtig an Slibulsky vorbei und stolperte hinaus. Slibulsky machte eine Handbewegung, die sowas heißen sollte wie ›Na also‹.
    Wir bekamen die Flasche für neunzig und machten uns davon. Im Wagen sagte Slibulsky: »Und ich dachte, mit Koks würde ich gut verdienen.«
    »Hast du seine Haut gesehen? Ganz glatt. Und die Haare.«
    Er ließ den Motor an.
    »Arsen!«
    »Hhm?«
    Wir fuhren los.
    »Arsen in kleinen Dosen ist wie’n Schluck Whisky vorm Frühstück. Wenn du es schaffst, nicht zu kotzen, fühlst du dich wunderbar. Nimmst du das Zeug täglich, wird die Haut glatt wie’n Kinderarsch, und die Haare bekommen einen Butterglanz, wie bei dem Alten.«
    »Aha.«
    Wenn es nicht geregnet hätte, wären wir jetzt in den Sonnenaufgang gefahren. So wurde es nur ein bißchen weniger dunkel. In der ersten Raststätte gingen wir Kaffee trinken.
    »Wenn die Bullen den toten Kameraden bei dir entdekken, isses aus.«
    Ich wiegte den Kopf.
    »Ich glaube, die wissen schon lange, daß der da liegt.
    Aber inzwischen wissen sie auch, daß wir bei Kessler abgeräumt haben und sind sich nicht mehr sicher, ob die Idee mit dem toten Mann in meinen Möbeln so großartig war. Und deshalb sind sie vorhin nicht auf Achse gewesen. Vielleicht schleppen sie ihn gerade wieder raus.«
    Mir gingen viele Sachen durch den Kopf. Noch

Weitere Kostenlose Bücher