Mehr Geld verdienen mit Rohstoffen
als ein Geheimtipp und von der Nutzung durch breite Bevölkerungsschichten noch weit entfernt. Von Schweden nach Südamerika: In Brasilien sind mittlerweile die weitaus meisten zugelassenen Fahrzeuge »Schnapsautos«, das heißt Autos mit FFV-Motoren. Laut offiziellen Zahlen besitzen bis zu 94 Prozent der Neuzulassungen einen FFV-Motor. Diese Wagen bieten zwei Vorteile:
Ethanol ist billiger als Benzin – und wenn es doch einmal anders kommen sollte (sehr unwahrscheinlich!), dann lässt sich mit diesen Motoren ja auch ganz normal Benzin tanken. Auf die Motorleistung hat das keinen Einfluss.
Die Umwelt wird mit Ethanol erheblich geringer belastet als mit Benzin. Gerade in den brasilianischen Metropolen wie São Paulo (19 Millionen Einwohner!) oder Rio de Janeiro (6 Millionen Einwohner) mit ihren täglichen Verkehrsstaus ist das ein wichtiges Argument. So ersticken diese Städte nicht im Smog.
Brasilien erkannte schon 1975 – Denkhilfe war die Ölkrise –, dass sich die eigene Abhängigkeit von Erdölimporten durch die Ethanolproduktion verringern lässt. Dazu wurden gewaltige staatliche Programme gestartet: Die Produktion und Distribution von Ethanol wurde reglementiert, die Entwicklung von FFV-Motoren wurde massiv gefördert und damit forciert, und als diese Motoren dann entwickelt waren, wurden sie steuerlich gefördert. Das führte dazu, dass bereits Mitte der 1980er-Jahre 90 bis 95 Prozent der neu zugelassenen Wagen mit FFV-Motoren ausgestattet waren (Quelle: VW do Brasil). Als dann in den 1990er-Jahren der Rohölpreis auf Tauchstation ging und Ethanol teurer als Benzin wurde, ging dieser Anteil wieder zurück. Aber Brasilien machte nicht den Fehler, in dieser Zeit zum Öl zurückzukehren, auch wenn das kurzfristig günstiger gewesen wäre. Per saldo das perfekte Beispiel für ein sinnvolles staatliches Programm – und als der Anschub gegeben war, wurde es zum Selbstläufer.
Diese Erkenntnis setzt sich weltweit durch. Auch die USA weiteten die Produktion und Verwendung von Ethanol aus. Dort ist seine Herstellung jedoch nicht so effizient, da statt Zuckerrohr Mais verwendet wird (mehr dazu im Kapitel zu Mais). Jedenfalls hat sich das wirtschaftliche Umfeld für die Ethanolproduktion weiter verbessert: Mitte 2005 wurde an der Rohstoffbörse Chicago, der damaligen CBOT (Chicago Board of Trade), der Handel mit Ethanol-Futures aufgenommen. Damit kann Ethanol nun auch auf Termin ge- und verkauft werden, in standardisierten Größen. Das ist ein bedeutender Vorteil für Produzenten und Abnehmer, denn es gibt für jeden Kalendermonat einen Kontrakt, und ein Kontrakt bezieht sich auf jeweils 29 000 amerikanische Gallonen Ethanol, also 109 776,94 Liter – das entspricht in etwa einem Eisenbahnwaggon. Ein Kontrakt ist jeweils bis zu einem Tag vor dem 15. Tag des Fälligkeitsmonats handelbar. Es gibt ein Preislimit für die täglichen maximalen Preisveränderungen: 0,15 Cent je Gallone und damit 4350 Dollar je Kontrakt (0,15 × 29 000).
Mittlerweile ist die finanzwirtschaftliche Infrastruktur für den Handel mit Ethanol geschaffen, und das gibt den Produzenten Sicherheit, da sie nun auf Termin verkaufen können. Das ermöglicht ein effektives Risikomanagement, sowohl für Produzenten als auch für Konsumenten. Die Planbarkeit wird aufgrund der Terminkäufe/-verkäufe erhöht und damit auch die Attraktivität der Ethanolproduktion.
Weltweit gibt es zwei große Rohwaren zur Ethanolproduktion: Zucker und Mais. Die eindeutig wichtigere ist der Zucker. Kein Wunder, denn Brasilien ist sowohl der weltweit größte Ethanol- als auch der größte Zuckerproduzent. Mit dem Thema Mais beschäftigen wir uns im nächsten Kapitel.
4.6 Mais
Bei Mais lässt sich die »sexy story« mit einem Satz auf den Punkt bringen: Auch aus Mais lässt sich Ethanol herstellen. Mais ist damit indirekt ein Profiteur steigender Energiepreise.
Vor den harten Fakten auch hier ein wenig Grundlegendes zum Mais:
Mais
Abbildung 10: Ein Maiskolben, aus welchem Maismehl hergestellt werden kann – in vielen Ländern Grundnahrungsmittel; Quelle: fotolia.de
Mais gehört neben Weizen und Reis zu den Rohwaren mit der – absolut gesehen – jährlich größten Ernte. In vielen Ländern ist er (Grund-)Nahrungsmittel: angefangen vom gerösteten Maiskolben hierzulande über aus Maismehl hergestelltem Millipap im südlichen Afrika bis zu den mexikanischen Tortillas. In Europa und Nordamerika wird Mais in erster Linie als Viehfutter verwendet. Dazu wird der
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