Mehr Sex weniger Abwasch
Familientherapeut Gerald Weeks, insbesondere, » wenn Paare nicht mehr vernünftig miteinander umgehen können«. Zusammen mit seinen Patienten legt er bestimmte Regeln für diese Auszeiten fest. Regel 1: Jeder Partner kann einseitig eine Auszeit für sich einfordern, wann immer er sie braucht. Regel 2: Derjenige, der diese Auszeit fordert, setzt ein zeitliches Limit von nicht mehr als einem Tag. Regel 3: Beide Partner denken während dieser Auszeit darüber nach, was genau das Fass zum Überlaufen gebracht hat. » Schuldzuweisungen sind nicht erlaubt«, erläutert Weeks. Man solle vielmehr darüber nachdenken, warum man selbst so und der Partner so reagiert hat. Nach der Auszeit soll über den Streit gesprochen werden, ohne dass dem Partner Schuldvorwürfe gemacht werden.
Amy und José streiten nach wie vor – und es kommt noch immer vor, dass Amy auch nach 24 Stunden noch vor Wut platzen könnte und José damit konfrontiert. Doch Amy versucht bewusst, nicht in den Bereich der Risikoaversion abzugleiten, wo es nicht mehr um ihre verletzten Gefühle geht, sondern nur darum, den Streit zu gewinnen.
» Wann immer ich an so einen Punkt gelange, nehme ich mir eine Auszeit«, sagte sie. Auch wenn es sie innerlich drängt, bis zum bitteren Sieg zu streiten, meldet sich die Stimme der Vernunft und erinnert sie daran, dass sie damit am Ende sehr viel mehr verliert (guten Willen, Vertrauen, Schlaf), als sie gewinnt.
Fallstudie 2
Die Akteure: Paula und Nivi
Wo wir gerade über professionelles Streiten reden: Paula, eine der Autorinnen dieses Buches, die es von daher eigentlich besser wissen müsste, und ihr Mann Nivi stritten im ersten Jahr ihrer Ehe fast ununterbrochen – über einen Sessel!
Paula liebte ihn. Sie besaß ihn seit fast zehn Jahren und hatte ihn bei jedem Wohnungswechsel mit umgezogen. Sie hatte darin mit ihrer Katze geschmust. Sie hatte darin nach jedem schmerzlichen Beziehungs-Aus den Liedern von Joni Mitchell gelauscht. Dieser Sessel war für sie nicht einfach nur ein Sessel; mit seinem weichen, abgesessenen, schlammbraunen Velourslederbezug war er wie ein vertrauter Freund. Er war das bequemste Sitzmöbel im ganzen Haus. Wer konnte das nur anders sehen?
Nivi. Beim Anblick des Sessels sah er nicht dessen ideale ergonomische Form oder die warme Patina einer verlorenen Jugend. Er hatte lediglich einen hässlichen, ausgefransten, braunen und durch Katzenurin befleckten Klotz vor Augen. Nivi war der Meinung, Paula sei übertrieben sentimental und die Liebe zu ihrem Sessel sei » ungesund«.
Was Paula natürlich für abwegig hielt. Der Sessel aber war nur die Spitze des Eisbergs. Es war ja wohl kein Zufall, so Paula, dass Nivi all ihre Lieblingssachen am liebsten eingelagert hätte, bis sie eine » größere Wohnung« gefunden hatten?
Gut möglich, dass Paulas und Nivis Zankereien für ein jungvermähltes Paar typisch waren – eine Phase, die länger verheiratete Paare irgendwann überwinden. Sich über Möbel und Kleidung streiten? Dafür ist die Zeit doch viel zu schade. Nun, vielen ist sie das offenbar nicht, wie wir festgestellt haben. Im Zuge unserer Befragungen von Paaren, die alle zwischen drei und 30 Jahren verheiratet waren, hörten wir eine Geschichte nach der anderen, die der von Paula und Nivi mehr als ähnelten. Eines der Paare stritt sich sechs Monate lang über die Renovierung des Badezimmers – sie wollte alles neu haben, er die alten Armaturen behalten. Einem anderen Paar stand die Zwangsvollstreckung bevor, da es sich strikt geweigert hatte, den angesetzten Verkaufspreis für das Haus herunterzusetzen, selbst als die Immobilienpreise in den Keller rutschten.
Aber zurück zu unseren beiden Protagonisten. Der Kampf um den Sessel spitzte sich zu, als Nivi und Paula eines schönen Tages an einem Hinterhofflohmarkt vorbeikamen. Und dort stand auf dem Rasen ein alter Lehnstuhl – abgesessen, braunes Veloursleder. Preis: 20 US -Dollar.
Paula inspizierte ihn. » Die spinnen doch, wenn sie meinen, sie kriegen für das olle Ding noch 20 Dollar.«
Nivi war fassungslos. Da weigerte Paula sich hartnäckig, ihr eigenes » olles Ding« auszurangieren, und meinte allen Ernstes, dieses fast haargenau gleiche Ding sei kaum einen Cent wert.
» Hm, Paula, wie viel Geld müsste man dir bieten, damit du deinen Sessel verkaufst?«
» Sehr viel«, meinte sie. » Um die 500 Dollar.«
Das Problem : Der Besitzeffekt (Endowment Effect)
Paula war ein Opfer des sogenannten Besitzeffekts, wie Ökonomen es
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