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dessen Erfüllung. Sobald sie es spürten, sobald der erste kräftige Moschusduft in ihre Nüstern drang, verschwanden sie für immer aus seinem Leben.
Doch dann – Dem Herrn sei Dank! – erschien sie.
Der Schwerkraft enthoben und majestätisch wie die Galionsfigur des großen weißen Klippers Superman Building nahm Lady Eleven in ihrem Fenster Gestalt an und hob das Fernglas an die Augen. Brian tat es ihr nach.
Dann verschlug es ihm den Atem.
Denn nun hielt sie das Fernglas mit der rechten Hand … und benutzte die linke, um den Gürtel ihres Bademantels zu öffnen.
Gleichzeitig mit dem ihren glitt auch Brians Bademantel zu Boden.
An diesem sechsten verzauberten Abend, hoch über dem Getümmel der Stadt.
Praxisnahe Ausbildung
Monas erster Nachmittag in der Blue Moon Lodge verlief enttäuschend ereignislos. Das Telefon klingelte nur zweimal. Der erste Anruf kam von einem Mann, der wissen wollte, ob Monique noch im Haus arbeitete. Eine kurze geflüsterte Frage an Mother Mucca führte zu der Antwort, daß dem nicht so war.
»Sie hat letzten Monat aufgehört«, klärte die Puffmutter sie auf. »Sie is inzwischen in Reno bei der Telefonauskunft.«
»Und was sage ich dem Kerl jetzt?«
»Sag ihm, Doreen hat die Nummer auch drauf.«
»Welche Nummer?«
»Sei nich so schrecklich naseweis!«
Mona runzelte die Stirn und griff wieder nach dem Hörer. »Äh … Monique ist nicht mehr bei uns, aber Doreen … weiß auch Bescheid.«
Der Kunde zögerte. »Mit allen Einzelheiten?«
»Äh, ja.«
»Mit Hasenpfote und so?«
»Äh … Moment, bitte.«
Mother Mucca schaute sie gereizt an. »Hast du nich mal ’nen blassen Schimmer …«
»Er fragt nach so einer dämlichen Hasenpfote!«
Der Mund der alten Frau stülpte sich zu einer Schnute. »Red mit ältern Herrschaften gefälligst nich in dem Ton, Püppi! Sonst wasch ich dir den Mund mit Seife aus!«
Mona schlug einen sanfteren Ton an: »Was ist mit der Hasenpfote?«
Mother Mucca zuckte mit den Schultern. »Doreen macht das auch.«
Mona widmete sich wieder dem Kunden. »Ja, sie … sie kann das mit der Hasenpfote auch machen.«
»Mit allem Drum und Dran?«
»Ja. Sie werden garantiert zufrieden sein.«
»Die Mädchen in Battle Mountain tun nämlich nur so, wissen Sie.«
»Mag ja sein«, fertigte Mona ihn ab, »aber wir sind hier nicht in Battle Mountain. Wir sind hier in der Blue Moon Lodge!«
Mother Mucca strahlte übers ganze Gesicht und drückte Monas Arm. »Bravo, Judy! Bravo, Mädchen!«
Die Hitze, die Mona spürte, rührte von reinem, unverfälschtem Stolz.
Eine nach der anderen dackelten die Mädchen der Blue Moon Lodge ins Gesellschaftszimmer. Es waren insgesamt sieben, Bobbi mitgerechnet. Die älteste war wohl Mitte dreißig. Sie hatte toupierte Haare und schmale Lippen und sah aus wie eine Gospelsängerin aus der Truppe der Billy Graham Crusade.
»Du bist die Judy, was? Ich bin die Charlene.«
Charlene, Bobbi, Doreen, Bonnie, Debby, Marnie und Sherry. Mein Gott, dachte Mona. Was sind sie denn? Nutten oder Walt-Disney-Mäuse?
Charlene fühlte ihr ein bißchen auf den Zahn. »Mother Mucca hat gesagt, du machst Telefondienst diese Woche.«
»Ja, ich … na ja … Nur so wegen der Erfahrung.«
Falsch, total falsch. Herablassend wie nur was. Und das war Charlene auch klar. »Schreibste vielleicht so ’ne … wie heißt das Zeug noch mal … so ’ne Uniarbeit?«
»Nein.«
»Gut.« Sie kniete sich auf den Boden, was ihre limonensorbetfarbenen Capri-Hosen bis an die Grenzen dehnte, und schaltete einen monströsen Farbfernseher ein. Mona fiel zum erstenmal auf, daß das Gerät mit einer Plastikbüste von JFK geschmückt war.
Die meisten Mädchen sahen sich die Merv-Griffin-Show an, als der zweite Kundenanruf reinkam.
»Wer spricht da?« wollte eine fein modulierte Stimme wissen.
»Ich heiße Mo … äh … Ich heiße Judy. Ich arbeite diese Woche hier.«
»Ach so.«
»Mother Mucca hat mich bevollmächtigt, alle …«
»Ich denke, ich spreche besser mit ihr selbst, bitte.«
Mona war gekränkt. »Sir, wenn Sie einen Termin vereinbaren möchten, stehe ich Ihnen gerne …«
Mother Mucca merkte, daß etwas nicht stimmte, und stellte sich neben Mona. »Macht er Faxen, Judy?«
»Er besteht darauf, mit Ihnen zu sprechen.«
Die Puffmutter griff nach dem Hörer. »Hallo, hier … Oh, ja, Sir … Nein, sie ist neu hier. Ich habe … Ja, Sir, Sie können sich vollkommen auf sie verlassen … Ja, Sir … Natürlich, Sir … Nein, das ist
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