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Mehr Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Titel: Mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Congeniality kommt. Und Brian und die drei Grazien sind gerade gegangen.«
    »Wer?«
    »So nenne ich die drei ab jetzt. Mona, Mrs. Madrigal und Mother Mucca.«
    Jon lachte. »Die sind vielleicht ein Trio.«
    »Ja. Und es tut Mona gut. Ich freu mich für sie.«
    »Michael … Geht’s denn einigermaßen?«
    »Na ja … Mir ist heute was Lustiges eingefallen.«
    »Und zwar?«
    »Als ich noch ein Kind war, mit vierzehn oder so, hab ich mir Sorgen gemacht, was passiert, wenn ich nicht heirate. Mein Vater war mit dreiundzwanzig verheiratet, deshalb hab ich mir gesagt, daß ich noch neun oder zehn Jahre habe, bis die Leute merken, daß ich schwul bin. Danach … Tja, danach gab es dann keine besonders guten Entschuldigungen mehr. Was glaubst du, was ich mir deshalb gewünscht habe?«
    Jon zuckte mit den Schultern.
    »Daß ich gelähmt sein würde.«
    »Um Gottes willen, Michael!«
    »Nicht so wie jetzt. Bloß von der Hüfte abwärts. Auf die Art hätte ich im Rollstuhl sitzen können, die Leute hätten mich gemocht, und ich hätte mir keine Sorgen machen müssen, was sie sagen, wenn ich nicht heirate. Damals hab ich das für eine wunderbare Lösung gehalten. Ich war vielleicht ein blödes Kind.«
    »Du bist auch ein gefühlsduseliger Erwachsener. Du darfst dich da nicht reinsteigern, Michael. Es ist nicht gut für dich, wenn du … Halt, fast hätt ich es vergessen. Chorus Line kommt wieder nach San Francisco. Ich hab heute Karten bestellt für uns.«
    »Was für ein netter Schwindel.«
    »Verflucht noch mal, Michael! Hör endlich auf mit deiner … Melodramatik! Es fällt mir unendlich schwer, dich enttäuschen zu müssen, aber du wirst nicht …«
    »Das Wort heißt sterben, Babycakes.«
    »Du wirst aber nicht sterben, Michael. Ich bin Arzt. Ich weiß das.«
    »Du bist Gynäkologe, Blödmann.«
    »Dir macht das Spaß, wie? Du fährst richtig ab auf dieses dämliche Kameliendamen-Getue.«
    »Heh, heh.« Michaels Stimme klang sanft, beruhigend. Alle Schnoddrigkeit war weg. »Nimm mich doch nicht ernst, Jon. Ich muß einfach reden, das ist alles. Hör gar nicht auf das, was ich sage. Okay?«
    »Abgemacht.«
    »Weißt du was? Sie geben mir jetzt die Pille. Ich meine, sie sagen Steroide oder so was dazu, aber es ist trotzdem die Pille. Ich hab mich den ganzen Vormittag dran hochgezogen. Ich kriege die Pille, und mein Gynäkologe verbringt mehr Zeit mit mir als mein behandelnder Arzt. Ist das nicht zum Schreien?«
    Jon lächelte. »Stimmt, das ist gar nicht schlecht.«
    »Vielleicht hat das alles auch sein Gutes. Ich meine, so kann mir auch nach Stunden noch keiner den Vorwurf machen, daß ich tuntig daherkomme. Wenn man mich im Bolt in eine dunkle Ecke stellen könnte, wäre ich der absolute Star! «
     
    Eine halbe Stunde später kam Mary Ann. Michael zwinkerte ihr über den Spiegel zu. »Hallo, meine Hübsche. Wo hast du bloß diese Acapulcobräune her?«
    »Hallo, Mouse. Burke ist auch da.«
    »Ach ja. Hallo, Mr. Sex-Appeal.«
    »Hallo, Michael.«
    »Die Luft ist rein, Kleiner. Weit und breit keine Rose in Sicht.«
    Das Pärchen lachte nervös. »Mouse«, sagte Mary Ann, »ich hab dir deine Post mitgebracht. Möchtest du … daß ich sie dir vorlese?«
    »Was ist es denn? Ein blauer Brief von der Tripperklinik?«
    Mary Ann kicherte. »Ich glaube, es ist ein Brief von deinen Eltern.«
    Michael schwieg. Jon warf Mary Ann einen warnenden Blick zu, worauf sie sofort einen Rückzieher versuchte. »Ich kann den Brief auch dalassen, Mouse … Und Jon liest ihn dir dann später …«
    »Nein. Mach nur.«
    Mary Ann schaute Jon an, dann wieder Michael. »Bist du sicher?«
    »Klar. Was soll’s?«
    Also machte sie den Brief auf.

Rettet unsere Kinder!
    Mary Ann begann zu lesen:
     
    Lieber Mikey,
    Wie geht es Dir? Ich schätze, Du bist inzwischen wieder aus Mexiko zurück. Bitte schreib uns. Dein Papa und ich sind schon richtig gespannt darauf, daß wir alles erfahren über die Reise. Und wie geht es Mary Ann? Wann bekommen wir mal die Gelegenheit, sie kennenzulernen?
    In Orlando ist alles in Ordnung. Es sieht so aus, daß wir dieses Jahr eine gute Ernte kriegen, selbst mit dem Frost und so. Kann sein, daß wegem dem Boykott der Homosexuellen ein bißchen weniger Orangensaft verkauft wird, aber Papa sagt, daß es auf längere Sicht keinen Unterschied machen wird, und außerdem …
     
    Mary Ann schaute auf. »Mouse … Ich glaube, wir sollten uns das für eine andere Gelegenheit aufsparen.«
    »Nein. Es ist okay. Lies

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