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kein … O Gott, ich …«
»Okay. Dann führ dein kleines Rührstück halt auf oder was es sonst sein soll. Ich laß den Brief von Mildreds Sekretärin noch mal tippen.«
Durch Mary Ann ging ein Ruck. »Nein, ich mach das.«
»Du bist nicht besonders auf Draht, ist dir das klar?«
»Tut mir leid. Ein Freund von mir ist krank. Es … kann sein, daß er stirbt.«
»Dein fester Freund?«
»Nein. Aber ein guter Freund.« Mary Ann hatte sich längst vorgenommen, Beauchamp nichts von Michaels Zustand zu erzählen, weil sie sich der schwachen Hoffnung hingab, daß Michael sich rasch genug erholte, um seinen Job als Botenjunge antreten zu können.
Beauchamp musterte sie kurz, bevor er sagte: »Tut mir leid für dich, Mary Ann, aber du wirst wohl damit fertig werden müssen. Ich kann es mir im Moment nicht leisten, dir auch nur kurz frei zu geben.«
»Ich habe nicht darum gebeten.«
»Du hast geweint. Und die Masche kenne ich von früher.«
»Es ist keine Masche. «
Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Egal. Ich kenne das von dir. Das reicht.«
»Gib mir den Brief.«
»Schau, ich hab doch gesagt, daß mir dein Freund leid tut. Du mußt mir also nicht auf die mürrische Tour kommen.«
»Verdammt, gib mir endlich den Brief!«
Beauchamp bedachte Mary Ann mit einem mörderischen Blick, bevor er ihr den Brief hinstreckte und ihn dann fallen ließ, so daß er auf ihren Schreibtisch segelte. Mary Ann schaute zuerst auf den Brief, dann wieder zu Beauchamp. Sie griff nach dem Brief und zerknüllte ihn. Beauchamp schüttelte lächelnd den Kopf. »Du treibst es auf die Spitze, Mädchen.«
»Nein, du.«
»Ts ts ts. Ach wirklich?«
»Laß mich in Ruhe.«
Beauchamp dachte gar nicht daran. Er verschränkte die Arme. »Du denkst wohl, du gehörst hier zum Inventar, was? Du denkst, ich schmeiß dich nicht raus, weil du mal für den Alten gearbeitet hast. Oder, besser noch: weil ich dich ein paarmal gefickt habe!«
Mary Ann stieß den Stuhl zurück und stand auf. »Denken tu ich schon, aber nicht an dich.«
»Oh, wie smart! Farrah Fawcett-Matschbirne hat einen Witz gemacht! Hah, hah!«
Mary Ann schaute ihm direkt in die Augen. »Geh mir aus dem Weg.«
Beauchamp rührte sich nicht von der Stelle. »Mensch, wie lächerlich du doch bist!«
»Ich gehe.«
»Na, und ob du gehst! Menschenskind, was hast du denn gedacht, wie lange ich dich und deine herzigschmerzigen Snoopy -Cartoons auf den Ablageschränken noch ertragen hätte? Und diesen ekelhaft niedlichen Froschübertopf mit den Glupschaugen, und …«
»Dann richt dir die Bude doch selber ein. Vielleicht kann dir einer von deinen schicken heimlichen Freunden dabei helfen.«
Beauchamps Augen funkelten eisig blau. »Du bist ja so was von gewöhnlich.«
»Kann sein.«
»Kann sein? Hah! Wie kommst du überhaupt dazu, dich für eine Sekretärin zu halten, Süße? Du bist eine doofe, kleinkarierte Zicke! Mensch, sieh dich doch mal an! Du bist noch genauso beschränkt und langweilig, wie du schon mit fünfzehn warst, und das wirst du auch noch sein, wenn dir jemand zum Dank für zwanzig Jahre treue Dienste ein Tupperware-Set überreicht. Aber ich werd es Gott sei Dank nicht sein!«
Mary Ann starrte ihn an und blinzelte ihre Tränen weg. »So was Gräßliches wie du ist mir noch nie begegnet …« Sie stieß ihn beiseite und ging zur Tür.
»Ach, übrigens«, schob Beauchamp nach, »wenn du weiter als Tippse arbeiten willst, kannst du die anderen Werbeagenturen vergessen. Dein Zeugnis von Halcyon wird nämlich alles andere als glänzend ausfallen.«
Mary Ann blieb an der Tür stehen, faßte sich, so gut es ging, drehte sich dann um und reckte dem Chef von Halcyon Communications den Mittelfinger entgegen.
»Fick dich selber«, sagte sie.
Bruno schaukelt das Ding schon
Fünf Minuten, nachdem Mary Ann aus dem Büro gestürmt war, rief Beauchamp auf seiner Privatleitung Bruno Koski an.
»Ich bin’s, Bruno.«
»Ich kenn ’ne Menge Ichs.«
»Klar. Na ja … Ich bin der vom Jackson Square. Wissen Sie, ich habe nichts mehr gehört von Ihnen.«
»Wir harn abgemacht, daß du den ersten Schritt machst.«
»Okay, okay. Haben Sie den Mann?«
»Logo. Ich hab … jemand.«
»Ist er zuverlässig? Und diskret?«
»I wo. ’n abgefuckter Junkie isses, Mann. Kann seinen Arsch nich von ’nem Loch in der Erde unterscheiden. Was denkste denn eigentlich, Mann? Ich steck in der Sache viel tiefer drin wie du!«
»Weiß er über mich Bescheid? Weiß er, daß ich
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