Mein auf ewig
wusste nicht, welche Qualen ihre Schwester die letzte Woche hatte ertragen müssen, aber was sie mit ihr gemacht hatten, ließ sich deutlich in ihren Augen ablesen.
„Nein. Das wird nicht passieren. Ich lasse es nicht zu.“
„Du kannst ihn nicht aufhalten. Er ist zu stark. Ich habe es versucht, aber er hat sie umgebracht. Er hat sie verbrannt, und ich musste zusehen … Oh Gott!“ Ashley riss sich los und kauerte sich zusammen. Sie wiegte sich vor und zurück, knirschte mit den Zähnen und gab hohe, gequälte Töne von sich.
Elise war so schockiert von dem Anblick, dass sie nicht mehr denken konnte. Sie hatte Ashley aufgewühlt erlebt, hatte sie so wütend erlebt, dass sie Teller zerschmissen und Farbe durch das Zimmer gespritzt hatte. Als in der Highschool ein Junge mit ihr Schluss gemacht hatte, hatte sie geheult wie ein Schlosshund. Aber so wie jetzt hatte sie Ashley noch nie erlebt – noch nie war sie so zutiefst verängstigt gewesen, noch nie hatte sie Töne von sich gegeben wie ein in die Enge getriebenes Tier.
Der Mann, der sie entführt hatte, hatte Ashley gebrochen, und dafür würde er büßen müssen.
Elise stand auf und suchte das Zimmer nach einer Fluchtmöglichkeit ab. Ein Fenster, das man hätte einschlagen können, gab es nicht. Die Tür war aus Metall und abgesperrt, die Scharniere befanden sich auf der anderen Seite. Blieb nur noch der Türgriff. Vielleicht könnte sie ihn abbrechen und auf diese Weise die Tür öffnen.
Ihr Körper gehorchte ihr nur widerwillig. Bei jeder Bewegung schmerzten ihre Rippen. Vielleicht hatte er sie, nachdem sie das Bewusstsein verloren hatte, genauso getreten, wie er das bei Trent gemacht hatte; vielleicht hatte er ihr sogar eine Rippe gebrochen.
Trent.
Ich liebe dich.
Daran durfte sie jetzt nicht denken. Wenn sie diese Gedanken zuließ, würde sie sich genauso zusammenrollen und hin und her wiegen wie ihre Schwester.
Sie musste stark bleiben, also schob sie die Erinnerung an ihn weg und konzentrierte sich auf das, was jetzt zu tun war.
Sie brauchte etwas Hartes, etwas, das stabil genug war, um Metall zu zerschlagen.
Der einzige Stuhl war größtenteils aus Plastik und nicht schwer genug, um irgendeinen Schaden anzurichten. Der kleine, runde Tisch machte da schon einen besseren Eindruck.
Elise drehte ihn um und packte ihn an der Unterseite. Ihre Rippen fühlten sich an, als stünden sie in Flammen, aber sie ignorierte den Schmerz. Sie hob den Tisch, so hoch sie konnte, und ließ ihn auf den Türknauf hinunterkrachen.
In dem vollkommen stillen Zimmer verursachte der Aufprall ein ohrenbetäubend lautes Geräusch. Der Tisch vibrierte heftig, und Elises Arme fühlten sich auf einmal ganz taub an.
Der Türknauf hatte nicht mal einen Kratzer.
„Ich hab’s dir doch gesagt“, wimmerte Ashley. „Es gibt keinen Ausweg.“
„Es gibt immer einen Ausweg. Wir müssen ihn nur finden.“ Bevor der Mörder zurückkam.
„Gary wird bald hier sein. Er hat das Geräusch bestimmt gehört. Jetzt weiß er, dass du wach bist.“
Gary? Der Mörder hieß Gary? „Wie heißt er mit Nachnamen?“
„Ich weiß es nicht. Ich habe ihn in der Kneipe kennengelernt. Er war … nett. Er hat mir was zu trinken spendiert.“ Ihr Selbstekel war nicht zu überhören. „Wie lange bin ich schon hier?“
„Eine Woche.“
„Eine Woche erst? Mir ist die Zeit viel länger vorgekommen.“
„Jetzt ist es bald vorbei, Ashley. Ich verspreche es dir.“ Vielleicht war das nur ein leeres Versprechen, aber sie musste es ihrer Schwester trotzdem geben. „Du musst dich jetzt konzentrieren, hörst du? Vielleicht ergibt sich eine Fluchtmöglichkeit, wenn er zurückkommt. Wenn du eine siehst, dann lauf! Warte nicht auf mich!“
„Ich kann dich doch nicht mit ihm hier allein lassen!“
„Du fliehst und holst Hilfe. Das ist mein Ernst.“
„Ich weiß doch noch nicht mal, wo ich bin.“
„Lauf einfach zur nächsten Straße und halte den erstbesten Wagen an!“
Ashley legte sich die Hände auf die Ohren und fing wieder an, sich hin und her zu wiegen. „Hör auf! Das funktioniert sowieso nicht. Wir werden hier sterben.“
Elise hätte gern die Zeit gehabt, sanft mit ihrer Schwester umzugehen, aber diesen Luxus konnten sie sich nicht leisten. Sie kniete sich auf das Bett, packte Ashley an den Schultern, richtete sie auf und schüttelte sie. „Reiß dich zusammen! Wir kommen auf jeden Fall hier raus.“
„Das habe ich Constance auch erzählt. Sie kannte die Wahrheit, aber ich
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