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Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Titel: Mein Auge ruht auf dir - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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mir sagen wollen?«, fragte sie geradeheraus.
    »Aber nein, natürlich nicht.«
    Vielleicht, vielleicht auch nicht, dachte Mariah. Da sie wusste, dass sie ihre Mutter vor der nächsten Anhörung nicht besuchen konnte, fragte sie: »Kommt Ihnen meine Mutter verängstigt vor? Zu Hause will sie sich nämlich manchmal in einem begehbaren Schrank verstecken.«
    »Sie ist natürlich verwirrt, aber ich würde sie nicht als verängstigt bezeichnen.«
    Mariah musste sich damit zufriedengeben.
    Den restlichen Vormittag verbrachte sie im Arbeitszimmer an ihrem Laptop und war dankbar dafür, dass sie einen Großteil ihrer Arbeit von zu Hause aus erledigen konnte. Dann ging sie nach oben ins Schlafzimmer ihres Vaters und räumte in den nächsten Stunden dessen Kleidung aus dem Schrank und den Schubladen und packte alles ordentlich zusammengelegt in Kartons, damit es an eine Wohltätigkeitsorganisation weitergegeben werden konnte.
    Mit Tränen in den Augen musste sie daran denken, dass nach dem Tod ihrer Großmutter ihre Mutter fast ein Jahr gebraucht hatte, bis sie sich dazu hatte überwinden können, den Schrank auszuräumen. Es hat doch keinen Sinn, dachte Mariah. Es gibt so viele, die die Kleidung dringend nötig haben. Dad würde das sicher genauso sehen.
    Sie behielt lediglich die irische Strickjacke, die sie ihm vor sieben Jahren zu Weihnachten geschenkt und die er in der kalten Jahreszeit am liebsten getragen hatte. Wenn er von der Uni kam, legte er die Anzugjacke ab, löste die Krawatte und schlüpfte sofort in die Strickjacke, erinnerte sie sich.
    Im Badezimmer nahm sie aus dem Medizinschrank seine Tabletten gegen Bluthochdruck sowie die Vitaminpillen und die Fischölkapseln, die er jeden Morgen gewissenhaft eingenommen hatte. Überrascht entdeckte sie auch ein halb leeres Fläschchen Paracetamol gegen Arthritis. Er hat mir nie gesagt, dass er unter Arthritis litt, dachte sie, und sah es als einen weiteren schmerzhaften Hinweis auf ihre Entfremdung.
    Kurz entschlossen nahm sie sein Aftershave. Als sie die Kappe aufdrehte und den schwachen und doch so vertrauten Duft wahrnahm, war ihr kurzzeitig, als würde er neben ihr im Zimmer stehen. »Dad«, seufzte sie leise, »was soll ich bloß tun?«
    Und plötzlich glaubte sie die Antwort zu haben. Vielleicht sollte sie heute Abend auch Pater Aiden und Alvirah und Willy Meehan zum Essen einladen. Schließlich hatte ihr Vater Pater Aiden anvertraut, dass er das aus der Vatikanischen Bibliothek gestohlene Pergament wiederentdeckt habe und einer der von ihm konsultierten Experten nur an dessen finanziellem Wert interessiert gewesen sei. Und Lillian hatte Alvirah anvertraut, dass sie ihren Vater in den fünf Tagen vor seinem Tod weder gesehen noch gesprochen habe.
    Und durch einen glücklichen Zufall kannten sich die Meehans und Pater Aiden schon lange, wie ihr einfiel.
    Mariah ging nach unten, um zu telefonieren.
    »Tut mir leid, dass ich so kurzfristig Bescheid gebe, Alvirah«, entschuldigte sie sich. »Aber ich schätze Sie als gute Menschenkennerin. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Dad das Pergament nicht zumindest einem oder zweien aus seinem Freundeskreis gezeigt hat. Sie haben sie alle schon einige Male getroffen. Ich werde heute Abend das Thema zur Sprache bringen, mal sehen, wie die Reaktionen darauf ausfallen. Mich würde interessieren, wie Sie die Sache sehen. Und falls Pater Aiden bereit ist, das zu wiederholen, was Dad ihm erzählt hat, wird keiner von ihnen so einfach behaupten können, dass mein Vater sich hinsichtlich der Echtheit des Pergaments geirrt hat. Gott möge mir verzeihen, und hoffentlich täusche ich mich, aber allmählich komme ich zu dem Schluss, dass Charles Michaelson etwas damit zu tun hat. Schließlich sind er und Lily immer gemeinsam zu den Essen gekommen und auch sonst sehr vertraut miteinander umgegangen. Außerdem hat mir Dad einmal erzählt, dass Charles in eine Sache verstrickt war, die rechtlich oder moralisch nicht ganz einwandfrei gewesen sein soll.«
    »Ich komme sehr gern«, antwortete Alvirah herzlich. »Und ich nehme Ihnen auch gleich noch den Anruf bei Pater Aiden ab. Wenn er kommen kann, holen wir ihn ab. In fünf Minuten melde ich mich wieder. Ach, übrigens, wann sollen wir denn da sein?«
    »Halb sieben wäre wunderbar.«
    Vier Minuten später klingelte das Telefon. »Pater Aiden hat Zeit. Wir sehen uns also heute Abend.«
    Am Spätnachmittag unternahm Mariah einen langen Spaziergang, um den Kopf etwas freizubekommen und

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