Mein bestes Stuck
sie aus. »Sie sind es doch, oder?«
»Ja, Mademoiselle, das bin ich. Obwohl ich, wenn ich zu Hause bin, eher auf Luc Deschanel höre. Wie kann ich Ihnen helfen?«
Es war an Onkel Quinn, den Fauxpas seiner Nichte auszubügeln und die rechten Umgangsformen wiederherzustellen, denn auch wenn Julia mit so gut wie allem gerechnet hatte, so war ihr ganz sicher nie der Gedanke gekommen, plötzlich ihrem absoluten Lieblingsfolksänger gegenüberzustehen. Luc Desch … Deschanel! Natürlich!
»Monsieur«, setzte Quinn an. »Bitte entschuldigen Sie, dass wir Sie in einer so schwierigen Zeit behelligen. Ich möchte Ihnen mein allerherzlichstes Beileid zu Ihrem schweren Verlust aussprechen. Ich hatte nicht das Vergnügen, Ihren Vater zu kennen, doch nach alldem, was ich gehört und gelesen habe, werden Sie ihn sehr vermissen.«
»Vielen Dank«, antwortete Luc und wartete ab, welches Anliegen Quinn vortragen würde. Julia hatte sich derweil von ihrem ersten Schock erholt und wollte nun am liebsten vor Scham im Boden versinken. Sie hatte sich wie ein bescheuertes Groupie verhalten, hier, vor Luc Desch, der soeben seinen Vater verloren hatte. Ihre Wangen glühten, und sie wusste nicht, wo sie hinschauen sollte.
»Mein Name ist Quinn Gibson, und dies ist meine Nichte, Julia Douglas.«
»Sehr erfreut.« Er trat einen Schritt vor, schüttelte Quinns Hand und nahm dann Julias zitternde Hand entgegen, führte sie flüchtig zu seinen Lippen und berührte sie sanft. Die ganze Zeit über sah er ihr in die Augen.
Julia verspürte ganz plötzlich den Drang, laut aufzuschreien und die Auffahrt hinunterzurennen.
»Sie haben eine Schwester namens Eleonore, wenn ich nicht irre«, sagte Quinn schließlich.
Luc neigte den Kopf ein wenig zur Seite und nickte fast unmerklich. Seine Züge wirkten auf einmal angespannt.
»Nun, es sieht so aus, als hätten Julia und Eleonore versehentlich ihre Taschen am Flughafen in Paris verwechselt.«
»Hier ist Eleonores Tasche«, warf Julia hastig ein und hielt Luc die Bottega Veneta hin. »Ich nehme an, dass Ihre
Schwester meine Tasche mitgenommen hat. Es handelt sich um das gleiche Modell.«
Luc schwieg, er schien die Information zu verarbeiten.
»Wenn Sie einmal kurz hineinschauen möchten, werden Sie sehen, dass die Tasche Ihrer Schwester das Testament Ihres verstorbenen Vaters enthält«, fuhr Quinn sanft fort. »Und in der Tasche meiner Nichte befinden sich ihre Trauringe, die sie am Wochenende bei ihrer Hochzeit in Schottland benötigen wird. Deshalb sind wir persönlich hergekommen. Die Angelegenheit schien uns zu wichtig, um sie Dritten zu überlassen.«
»Dann kommen Sie doch bitte herein«, antwortete Luc nun wesentlich freundlicher.
Sie folgten ihm ins Haus. Die doppelstöckige Eingangshalle war mit schwarzem und weißem Marmor in Schachbrettmuster gefliest, und mit all den eleganten Wandbehängen, den schlanken Sideboards, imposanten Kerzenleuchtern und der geschwungenen, freien Treppe war der Eingangsbereich so unverwechselbar französisch, so geschmackvoll ausgestattet, dass Quinn nicht anders konnte, als seinem Staunen Ausdruck zu verleihen. »Monsieur Deschanel …«
»Luc. Bitte nennen Sie mich doch Luc.«
Quinn verneigte sich leicht. »Luc, Ihr Heim ist wunderschön. Und mit einem so liebevollen Auge fürs Detail eingerichtet.«
»Das alles trägt die Handschrift meiner verstorbenen Mutter. Vielen Dank.«
Er führte sie in einen hohen Salon, wo ein Feuer im steinernen Kamin gemütlich knisterte und eine große Vase mit
weißen Lilien den einzigen Blickfang im ganzen Raum bildete. Julias Augen wanderten unruhig umher auf der Suche nach einer Frau, die Eleonore sein könnte. Doch inzwischen hatte sie sich ihre Umgangsformen wieder ins Gedächtnis gerufen und sie hielt es für angebracht, einzig einen schüchtern gemurmelten Dank an ihren Gastgeber zu richten, der ihnen je ein Glas Cognac reichte.
»Luc, es liegt wirklich nicht in unserer Absicht, Sie länger als nötig aufzuhalten, vor allem in einer so schwierigen Zeit«, sagte Quinn. »Ich hoffe, Ihre Schwester ist gut angekommen.«
Julia zuckte zusammen. Die arme Eleonore saß vermutlich oben und schluchzte sich die Seele aus dem Leib.
Luc schien verwirrt. »Nein, es tut mir leid, aber Eleonore ist noch nicht hier. Sie sagte mir, dass sie heute aus Paris abfliegen würde, aber ich war nicht sicher, wann genau wir sie zu erwarten hätten. Mein Freund Simon sollte sie vom Flughafen abholen, und ich fürchte, mit all dem
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