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Mein bestes Stuck

Mein bestes Stuck

Titel: Mein bestes Stuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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Toleranzgrenze, wenn es darum geht, wie viele schlechte Witze über meine Heimat ich ertragen kann. Und ich glaube, du hast diese Grenze soeben überschritten.« Sie grinste ihn süßlich an, ehe sie sich wieder an Luc wandte. »Ich hatte vorher noch nie von einer Cabrette gehört, aber in Irland wird der Dudelsack
genauso gespielt, nicht wahr? Der Klang ist sehr schön. Er ist schlichter.«
    »Genau«, stimmte Luc ihr zu.
    »Und jagt nicht direkt nach zehn Minuten sämtliche Zuhörer aus dem Raum …«, murmelte Quinn.
    »Es reicht, Onkel Quinn!«, herrschte Julia ihn an.
    »Tut mir leid.«
    »Wirklich?«
    »Na gut, stimmt, tut es nicht.«
    »Ich setze dich am Samstag bei der Feier zur Strafe direkt neben den Dudelsackbläser!«
    »Hm, dann werde ich ihn womöglich umbringen müssen.«
    »Es ist eine Sie, um genau zu sein.«
    »Wiegt sie über zweihundert …« Endlich parierte er ihrem warnenden Blick. »Nein, natürlich nicht. Wie reizend, ich kann es kaum erwarten.«
    Julia wandte sich nun erneut Luc zu. »Ich nehme nicht an, dass Sie Ihr Instrument noch haben. Ich würde es so gerne einmal hören.« Sie war nicht sicher, ob dies eine angemessene Bitte war, angesichts seines familiären Verlusts und seiner auf Eis gelegten Musikerkarriere und all dem, aber sie war einfach furchtbar neugierig auf diese französische Variante – warum hätte sie also nicht fragen sollen?
    Doch Luc schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, aber ich habe die Cabrette weggegeben, als meine Mutter vor zwei Jahren verstorben ist. Wahrscheinlich würde ich ohnehin keinen Ton mehr rauskriegen. Seit ich ein Teenager war, habe ich mich fast ausschließlich auf das Gitarrespielen und das Schreiben von Songs konzentriert.«

    »Sie haben also all Ihre Lieder selbst geschrieben?« Julia hatte diesem Umstand nie recht Tribut gezollt.
    Er nickte. »So ziemlich. Aber es gibt so viele Einflüsse, von denen ich zehre. Die Folkmusik aus der Auvergne hat mich sehr stark geprägt. Meine Mutter kam von dort, und sie hat immer viel gesungen …« Seine Stimme war bei diesem Gedanken leiser geworden. »Und dann natürlich die übliche Rockmusik als Teenager. Ich höre mir viele Bands an und versuche dann, ihre Musik auf das Wesentliche herunterzubrechen, um diese Elemente dann in den traditionellen Folk einzuweben. Ich hatte sehr viel Glück, dass ich diese beiden Musikrichtungen miteinander verbinden konnte. Es gibt so viele Stimmungen, so viele Kontraste, man braucht doch Musik, um dazu zu tanzen, und eine andere, um zu weinen; um seine Stimmung aufzuheitern oder einfach nur darin zu schwelgen und sich verstanden zu fühlen – wissen Sie, was ich meine?«
    Julia wusste es genau. »Musik hat so viel Kraft.« Ihre Stimme war nun beinahe nur noch ein Flüstern. » Home Hill ist mein absoluter Lieblingssong von Ihnen, Luc.« Ihre Schüchternheit war wie weggewischt, als sie sich erinnerte, wie sie in ihrem Zimmer in Frean Hall gesessen und sich ganz in Luc Deschs Musik verloren hatte.
    Plötzlich sprang er von seinem Sessel auf. »Kommen Sie, spielen wir es zusammen.«
    Julia sah zu ihm auf. »Ist das Ihr Ernst?«
    Doch Luc hatte bereits zu seiner Gitarre gegriffen, die auf einem Ständer in der hinteren Ecke des Raumes direkt neben dem Flügel stand.
    »Die Musik ist zu Ihren Diensten.«

    »Okay, warum nicht.«
    Julia erhob sich und ging zu dem Flügel. Ihre ehemalige Klavierlehrerin, Miss Carruthers, hatte ihr schon in frühester Kindheit beigebracht, dass Musik dazu da war, sie zu teilen, nicht, sich mit ihr einzusperren. Im Geiste hörte Julia die schrille Stimme der alten Dame: »Wenn jemand dich bittet, für ihn zu spielen, spiel!«
    »Onkel Quinn«, rief sie durch den Salon, als sie auf dem Klavierhocker Platz nahm, »komm doch zu uns!«
    Quinn machte eine abwehrende Handbewegung. »Schätzchen, wenn Luc mir nicht ein Kazoo in die Hand drückt und mich zwingt, ein Solo darauf zu spielen, bin ich doch mehr als zufrieden mit meinem Platz hier am Feuer.«
    Luc setzte sich auf einen kleinen Schemel neben dem Klavier und legte sich den Ledergurt seiner Gitarre um den Hals. Julia erkannte das Instrument von dem Videomitschnitt des Verona-Konzerts, und ein Schauer nervöser Erregung lief ihr den Rücken hinunter. »Zwei … drei … vier.«
    Zunächst zögerlich, dann mit immer größerer Selbstsicherheit, ließ Julia ihre Finger über die Klaviatur des wunderschönen Steinway-Flügels gleiten, während Luc die Melodie von Home Hill auf den Saiten seiner

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