Mein bestes Stuck
Gläser. Die streckte ihm auch ihre zweite Hand entgegen.
»Und das übernehme ich auch. Mein Begleiter wollte gerade gehen.« Sie griff nach dem Glas und wandte sich über die Schulter ein letztes Mal an ihren Chauffeur: »Mund zu, Simon, es zieht! Bis dann!«
»Einen wunderschönen guten Abend, mein Lieber!«, begrüßte Eleonore den attraktiven Croupier am Roulettetisch. Der junge Mann hieß Eleonore wie eine alte Bekannte willkommen, so stand es zweifellos in seinen Anweisungen. Eleonore kannte die Choreographie, doch heute Abend gefiel ihr der Ablauf sogar. Sie hatte eine Glückssträhne, weshalb die ganze Welt an diesem Tag freundlich zu ihr zu sein schien. Na ja, abgesehen von Simon Crasset, der soeben wieder neben ihr auftauchte.
»Ja, was willst du denn noch?« Ihre Stimme klang fast gefährlich süß.
»Eleonore, bitte, komm mit, ich bringe dich nach Hause.«
»Nach Hause?«, Eleonore blitzte ihn wütend an. »Nach Paris? Wie reizend von dir!«
»Nein, ich meine zum Château. Luc wartet auf uns …«
Der Name ihres Bruders versetzte Eleonore sofort in Panik,
zudem stieg Wut in ihr auf. »Zur Hölle mit Luc. Er hat keine Ahnung, wer ich wirklich bin. Seine Schwester interessiert ihn kein bisschen. Und zur Hölle mit dir, Simon. Geh! Geh einfach!«
»Belästigt Sie dieser Herr?« Der junge Mann sah kaum stark genug aus, um Simon mit seinen weißen Glacéhandschuhen über die Wangen zu streichen, dennoch zog es Simon vor, sich zurückzuziehen. Endlich. Mit erhobenen, abwiegelnden Händen ging er langsam über den dicken, mit Monogrammen versehenen Teppich und entfernte sich von ihr.
Eleonore warf ihm über die Schulter hinweg noch einen letzten Blick nach. »Nein, alles in Ordnung«, sagte sie. »Wollen wir anfangen?«
Roulette. Eleonore liebte Roulette. Nicht so sehr, wie sie Poker liebte, doch das würde später kommen. Poker hob sie sich immer bis zum Schluss auf. Zunächst genoss sie es in vollen Zügen, mit interessanten Menschen, die über ihre Scherze lachten und sie charmant, geheimnisvoll und schön fanden, am Roulettetisch zu sitzen. Und die ganze Zeit über ließ sie das Rad nicht aus den Augen, suchte nach einem System, wie die kleine Kugel wohl fallen würde, spürte jedes noch so sanfte Ruckeln am Tisch oder jeden Tritt auf dem Boden, der den Fall der Kugel in die eine oder andere Richtung beeinflussen würde. Wer auch immer behauptete, Roulette sei ein reines Glücksspiel, hatte sich nie mit Eleonore Deschanel unterhalten.
Sie begann mit kleinen Einsätzen, setzte zunächst nur auf die Farbe. Rot. Rot. Schwarz. Schwarz. Wieder rot. Sie beobachtete, dachte nach, taktierte und schwelgte in dem
berauschenden Herzklopfen, das alles andere um sie herum verblassen ließ.
Schließlich war die Zeit gekommen, das Tempo ein bisschen anzuziehen, auf einzelne Kolonnen zu setzen, was ihre Chancen zwar verringerte, ihren Gewinn aber deutlich erhöhte – sollte sie gewinnen.
»Spielen Sie weiter, Madame?« Der junge Croupier sah sie freundlich an, während die kleine Kugel nun schon zum wiederholten Male ungünstig fiel und Eleonores Glückssträhne beendet schien. Missbilligend sah sie zu, wie ihre Jetons dahinschwanden.
Schließlich hatte sie kaum noch welche. Sie warf einen Blick über ihre Schulter. Da saß Simon an der Bar und trank … Orangensaft? Pah! Falls sie später jemanden brauchte, der sie nach Hause fuhr – und sie würde niemanden brauchen -, würde sie sich ein Taxi rufen. Was bezweckte er nur mit seiner Hartnäckigkeit, dieser Vollidiot!
Das zweite Champagnerglas neben ihr stand noch unberührt da. Eleonore seufzte, betrachtete den niedrigen Stapel Jetons vor sich und überlegte, was sie als Nächstes tun sollte.
Düster entschied sie sich, auf eine einfache Zahlenfolge zu setzen. Dreizehn, vierzehn, fünfzehn. Wenn das nicht funktionierte … Nein, nur nicht daran denken. Es würde funktionieren!
Mit einem nervenaufreibenden Klackern hüpfte die Kugel über die Zahlenfelder, wurde langsamer und fiel schließlich in seine endgültige Position. Vierundzwanzig.
»Kein Einsatz mehr, Madame?« Der Croupier schenkte ihr sein schönstes Lächeln.
Stolz sah Eleonore ihm in die Augen. »Doch. Holen Sie den Manager.«
Keine Minute später war der auch schon da. Eleonore brauchte nur wenige Augenblicke, um herauszufinden, wie viel Kapital ihr von ihrem Matisse-Scheck noch geblieben war.
Es war eine Menge. Nun gut, sie war zurück im Spiel.
»Haben Sie vielen Dank!« Sie
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