Mein bestes Stuck
aus, ehe Julia noch hinzufügte: »Na ja, zumindest nicht miteinander.«
Hettie zog verwundert eine Augenbraue hoch, wechselte dann jedoch das Thema. »Sind Sie aus Schottland?«, fragte sie an Julia gewandt.
Julia nickte. »Ja, meine Familie lebt in der Nähe von Edinburgh.«
»Dachte ich es mir doch. Ihr Akzent ist wirklich bezaubernd.«
»Danke.« Julia wagte es nicht, Luc anzusehen. Es war seltsam, zweimal innerhalb von vierundzwanzig Stunden und in zwei verschiedenen Sprachen zu hören, dass man einen bezaubernden Akzent hatte.
Inzwischen war die volle Aufmerksamkeit sämtlicher Passagiere auf sie beide gerichtet.
»Was haben Sie mit Ihrem Bein angestellt, mein Lieber?«, fragte Marion. Dank Julias provisorischem Verband konnte Luc sein Knie nicht beugen, und er musste das Bein gerade von sich weg in den Gang strecken.
»Sieht übel aus«, fügte die Beleibte neben ihm hinzu.
Luc winkte ab. »Halb so schlimm, wirklich. Aber danke der Nachfrage. Wir hatten einen kleinen Unfall mit dem Motorroller …«
»Nein, wie schrecklich!« Die Damen schienen durch die Bank entsetzt, einige schnappten hörbar nach Luft.
»Soll ich mir das mal anschauen?«, bot Marion an. »Ich bin Physiotherapeutin.«
»Das sagt sie jedem niedlichen Kerl«, stichelte Hettie.
Ein Lächeln war auf Lucs Gesicht zurückgekehrt.
»Nee, war nur ein Scherz. Sie ist wirklich Physiotherapeutin, sogar eine ziemlich gute. Oder zumindest war sie es, bis sie langsam senil wurde. Sie hat den gesamten amerikanischen Baseball-Kader behandelt.«
»Das waren noch Zeiten«, sagte Marion und seufzte. »Und wenn wir schon über senile alte Frauen reden, wer dachte denn, Nizza wäre in Italien, hm? Dora Taylor, dahinten auf den billigen Plätzen, wie war das noch gleich?«
Der Bus brach erneut in schallendes Gelächter aus, und auch Luc und Julia stimmten mit ein, wenn auch etwas halbherzig.
»Wie sieht’s aus, Luc Deschanel? Womöglich ist Ihre Kniescheibe rausgesprungen?«
»Wirklich sehr freundlich von Ihnen, aber ich bin sicher, in ein, zwei Tagen ist wieder alles bestens. Vielen Dank.«
»Haben Sie sich da diese Schrammen auch geholt? Bei dem Unfall?« Die Frau hinter Julia lehnte sich vor und berührte sie sanft an der Schulter.
Julia nickte.
»Sie sollten das saubermachen. Hier.« Die Frau zog aus ihrem riesigen, ausgebeulten Rucksack ein Päckchen antiseptischer Tücher hervor und reichte sie nach vorne.
Das kühle Tuch brannte wie Feuer auf Julias aufgeschürfter Haut, doch nach einigen Sekunden fühlte sich die Wunde sofort besser an, nachdem die letzten Reste Schmutz und Splitt entfernt waren.
»Ich habe Schmerztabletten dabei«, sagte eine kleine Frau mit spitzem Gesicht zu Luc. »Wollen Sie welche?«
»Oh Gott, Gloria dealt wieder!«, rief Marion aus. »Ruft die Polizei!«
»Wir nennen sie ›Gloria mit der Pillendose‹«, erklärte ihnen eine Frau aus der vorderen Reihe.
»Aber immer nur heimlich«, sagte Hettie.
Gloria schüttelte den Kopf und reichte Luc eine kleine Pillenflasche. »Aspirin. Vertrauen Sie mir, das ist gut gegen die Schwellung.«
Luc zögerte einen Moment, nahm die Tabletten dann aber doch an.
Marion reichte ihm eine Flasche Wasser nach hinten. »Hier, nehmen Sie einen Schluck Wodka, ich meine natürlich Wasser, zum Runterspülen. Also, warum haben Sie es so eilig, nach Monte Carlo zu kommen?«
Julia spürte, dass Luc ein bisschen Ruhe brauchte, und lenkte das Thema auf das Fahrtziel der Damen. »Werden Sie dort auch Station machen?«, fragte sie.
Marion nickte aufgeregt. »Auf jeden Fall. Das wird das Highlight unserer Reise. Klingeling!« Sie machte eine Geste, als betätigte sie einen einarmigen Banditen.
»Wir wollen sehen, ob die Casinos dort besser sind als in Vegas«, sagte Gloria.
»Genau!«, erklang es von der Rückbank. »Die haben wir ja bei unserem Ausflug letzten Herbst schon alle leergeräumt.«
»Außerdem«, fügte eine andere hinzu, »ist dies ein komplett neuer Kontinent. Hier kennt uns niemand.«
»Das wird sich bald ändern!«, rief Gloria.
Beim Gedanken an Glücksspiel drehte sich Julia der Magen um. Luc hatte die Augen geschlossen; Julia wollte sich nicht vorstellen, was ihm in diesem Moment alles durch den Kopf gehen musste.
»Wir nennen diese Reise ›unseren letzten Einsatz‹«, sagte Hettie und lachte. »Wir sind schließlich auch nicht mehr die Jüngsten …«
»Du vielleicht!«, rief ihr Marion zu. »Erinnere mich daran, dass ich dir die Nummer von meinem
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