Mein bestes Stuck
Rest werde ich Jean-Paul hier einen neuen Bus kaufen. Das habe ich ihm versprochen.«
Julia konnte im Rückspiegel sehen, wie der Fahrer die Augen verdrehte. Dachte Eleonore genauso über das Glücksspiel? Marschierte sie mit ähnlichem Selbstbewusstsein in die Casinos in dem festen Glauben, sie könnte einfach nicht verlieren? Den Erzählungen der Damen nach zu urteilen, schien so ein Ausflug ins Casino wirklich Spaß zu machen. Das musste auch Julia zugeben. Doch wann kippte dieses Amüsement um und wurde zur Sucht? Denn ein Ausflug mit Freundinnen war wohl kaum zu vergleichen mit dem Gefühl, allein und auf sich gestellt an einem Spieltisch zu sitzen, dachte Julia.
Ehe sie heute Morgen am Château aufgebrochen waren, hatte Julia auf einem kleinen Tischchen in der Eingangshalle ein gerahmtes Foto von Eleonore entdeckt. Es bestand kein Zweifel daran, dass sie es war: eine lebensfrohe, schöne weibliche Version ihres jüngeren Bruders. Sie trug
Jeans und einen Kaschmirpullover, der ihre schlanke Figur gut zur Geltung brachte, ihre rotbraunen Haare umrahmten ungezügelt ihren Kopf und auf ihrem Gesicht zeichnete sich ein breites Lächeln ab.
Inzwischen war Eleonore das Lächeln vermutlich vergangen. Wie sollte es auch anders sein? Sie war irgendwo da draußen in dieser Stadt, von den Vorkommnissen ebenso erschüttert und traurig wie ihr Bruder, nur vollständig auf sich gestellt. Der Gedanke war unerträglich.
Oder, konnte es tatsächlich sein, dass sie beim Spielen gewann?
Der allgemeine Lärm im Bus verebbte langsam zu leisem, fröhlichem Geplapper, und man überließ Julia und Luc wieder sich selbst. Julia starrte aus dem Fenster auf das glitzernde Meer, war aber zu sehr in Gedanken versunken, um die Schönheit der Landschaft zu registrieren.
Plötzlich riss sie das Klingeln eines Handys aus ihren Tagträumen. Es war Lucs Telefon.
Er zuckte vor Schmerz zusammen, als er sich auf dem Sitz wand, um das Handy aus seiner Hosentasche zu fischen.
»Hallo? Simon! Wo bist du?«
Julia hielt den Atem an. Jetzt ging endlich etwas voran!
Während Luc leise mit seinem Freund sprach, fuhr der Bus in einen Vorort von Monte Carlo ein. Julia versuchte verzweifelt, so unauffällig wie möglich zuzuhören und dabei so auszusehen, als würde sie sein Privatgespräch nicht im Mindesten interessieren. Doch seinem Tonfall nach zu schließen, schien Simons Nachricht zunächst gut, dann jedoch wieder ins Schlechte zu kippen. Luc schaute sie todernst an, nachdem er aufgelegt hatte.
»Er war bei ihr«, setzte er an und seufzte dann tief, »und nun ist er es nicht mehr.«
»Oh.« Sie wusste nicht, was sie sonst sagen sollte, außer dass sie ihn gern am Hemd gepackt, geschüttelt und ihn angebrüllt hätte, ihr endlich alles zu sagen, was er wusste.
»Nachdem sie die Galerie verlassen hatten, fuhr er sie zum CoCo -Casino in Monte Carlo, wie uns die Männer in der Galerie ja schon gesagt haben …«
»Warum hat er sich nicht einfach geweigert, sie dorthin zu fahren?« Die Frage war ihr so herausgerutscht. Sie war ihrer Mutter einfach zu ähnlich und musste immer alles ganz genau wissen.
Luc sah sie genervt an. »Warum er sich nicht geweigert hat? Weil er für meine Schwester da sein wollte, natürlich. Und was glaubst du, wie ich das finde? Er hat sich richtig verhalten. Was hätte er auch sonst tun sollen? Eleonore fesseln und knebeln und im Kofferraum zurück zum Château kutschieren?«
Julia hob entschuldigend die Hände. Einen Moment lang wünschte sie, Simon hätte wirklich genau das getan. Das hätte zumindest Julias Leben enorm vereinfacht. »Okay, tut mir leid.« Tief im Inneren wusste sie, dass sie nicht allein der Grund für seine Wut war. Na ja, solange es nötig war, würde sie eben den Sündenbock spielen. In einem gewissen Maß zumindest.
»Sie hat ihn im Casino auf Abstand gehalten, aber Simon glaubt, Eleonore hat heute Abend kein Glück gehabt. Offenbar hatte sie erst eine kleine Summe gewonnen, wurde dann aber wütend, weil Simon nicht mit ihr feiern wollte.
Das ist nie ein gutes Zeichen. Jedenfalls ist er der Überzeugung, Eleonore habe das Geld, das sie für den Matisse bekommen hat, verloren.«
Julia sackte geschockt in ihrem Sitz zusammen.
»Aber das ist es nicht einmal, was mir jetzt Sorgen bereitet.«
»Wo ist sie, Luc?«
»Sie ist Simon entwischt. Er hat noch gesehen, wie sie ins Büro des Managers ging, und auf sie gewartet, aber dann ist sie wohl durch den Hinterausgang des Casinos
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