Mein bestes Stuck
so ehrlich, bot ihr Mitgefühl und Trost, was Eleonore nun wirklich nicht verdiente, und sich dennoch so sehnlichst wünschte. Verzweifelt wünschte.
Sie sollte nun wirklich gehen. Julia wollte ganz offensichtlich ins Bett, und trotzdem hatte sie das Gefühl, noch etwas bleiben und sich erklären zu müssen.
»Eigentlich hasse ich es zu spielen«, murmelte sie. »Liebe es, hasse es, liebe es, hasse es! Ich liebe das Gefühl, das ich beim Spielen habe, und dann hasse ich, was es aus mir macht. Aber ich tue es trotzdem. Sogar ziemlich häufig in letzter Zeit.« Wo kam das denn jetzt her? So klar hatte sie ihre Gedanken zu dem Thema noch nie formuliert, so viel war sicher.
»Sprich einfach weiter«, ermunterte Julia sie.
Eleonore konnte sehen, dass Julia ihr wirklich zuhörte, und sie ließ zu, dass sich ihr Herz ein wenig öffnete. Nur ein wenig.
»Nun ja, es geht jetzt schon eine ganze Weile so. Es ist nicht einfach. Ich denke nicht gern zurück, um nachzuforschen, wann alles anfing. Ich bin dreißig Jahre alt – fünfzehn Monate älter als Luc -, und ich vermute … nun, ich glaube vielmehr, das könnte ein Teil des Problems sein.«
»Luc?« Julia klang ehrlich überrascht. »Was hat Luc denn damit zu tun?«
»Oh, nein, so meine ich das nicht. Es ist nur so, Luc war immer Papas Liebling. Ich war eher ein Mama-Kind. Meine Mutter und ich fühlten einander sehr nah, und als sie starb … Oh, je …« Ihre Stimme brach erneut, und ein lauter, jämmerlicher Schluchzer entfuhr ihr. Ihr ganzer Körper fühlte sich wund und unendlich erschöpft an.
Julia blieb regungslos. »Lass dir Zeit«, sagte sie dann.
Eleonore atmete tief durch und reiste in Gedanken zurück in die Vergangenheit.
»Ich war nie auch nur in der Nähe eines Casinos gewesen, bis … nun ja, bis einige Monate vor Mutters Tod. Damals war ich mit einem Mann zusammen, der einen extravaganten Lebensstil pflegte, wenn du verstehst, was ich meine.«
Julia nickte.
»Er fand es fantastisch, mir die Casinos von Paris zu zeigen, mir all die Spiele beizubringen … Und das war es auch! Ich habe es geliebt! All der Glamour, ich dachte, ich wäre geradezu für diese Welt geboren. Aber ich bin nicht sicher, ob mein Charakter sich mit der Spielerei verträgt. Ich habe immer ein bisschen zu viel Engagement an gewisse Dinge gelegt.«
»Manchmal passiert es schnell, dass man sich mitreißen lässt«, meinte Julia.
Eleonore lächelte sie dankbar an. »Genau! Aber das Problem ist, ich lasse mich jeden Abend mitreißen. Es ist einfach kein guter Abend, wenn ich es nicht völlig auf die Spitze treibe, Julia.«
Sie wusste, dass sie zu viel von sich preisgab. Doch es tat so gut, einmal nicht gleich verurteilt zu werden. Es war so befreiend.
»Als Mutter vor zwei Jahren starb, habe ich irgendwie die Kontrolle verloren. Allein die Vorstellung, dass sie nicht länger da war, schien mir unerträglich. Ich denke, ich habe die Casinos gebraucht, um nicht an andere Dinge zu denken. Dort hatte ich mein Glück selbst in der Hand, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Es ist ein gefährliches Spiel«, sagte Julia. »Hat dein Freund dir damals geholfen?«
Eleonore erstarrte. Wie war es möglich, dass Julia den Nagel derart auf den Kopf getroffen hatte?
»Nun ja, er hat mir eine Handtasche geschenkt«, murmelte Eleonore. Dann sah sie Julia an, und die beiden Frauen mussten plötzlich herzlich lachen.
»Eine Gucci Tote Bag. Sie war wunderschön. Weißes, gestepptes Leder …«
»Die mit der Doppelschnalle und den Fransen?«
»Genau die!« Sie blinzelte Julia an. »Woher weißt du das?«
Julia setzte ein breites Lächeln auf. »Taschen sind mein Spezialgebiet. Ich bin Taschendesignerin. Gestepptes Leder hört sich genau nach der Zeit damals an. Ich bin ein echter Taschenfreak.«
»Wer auf Taschen steht, ist niemals ein Freak!« Eleonore lachte laut, hielt dann aber ganz plötzlich inne und biss sich auf die Unterlippe. Ihr war da eine Idee gekommen. »Du liebst also Taschen?«
»Oh ja! Und wie!«
»Dann komm mal mit.« Eleonore stand auf und ging in Richtung Tür. Ihr Herz begann zu rasen. Sie fühlte einen unwiderstehlichen Drang, eines der bestgehüteten Geheimnisse der Deschanels mit dieser unkonventionellen Frau zu teilen. Während sie den Korridor entlang zur Treppe ging, hörte sie, wie Julia hinter ihr hermarschierte.
»Wo gehen wir hin? Brauche ich einen Pullover?«
»Nein. Wir gehen nicht nach draußen.«
Julia schloss zu Eleonore auf und zusammen
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