Mein bestes Stuck
pitschepatschenass bist, was übrigens auch ein Wort ist, von dem ich kaum mehr wusste, das es noch in meinem Wortschatz existiert. Als eine echte Douglas sind dir viele
Gaben zuteilgeworden – daran denkst du immer, Schätzchen, ja?«
Und damit war er entschwunden.
Julia starrte ihm irritiert nach. Was hatte er vor? Er wusste doch ganz genau, wo Luc und sie hingegangen waren. Was für ein unglaublicher Unsinn, den er da von sich gegeben hatte.
Sie ließ sich auf dem Klavierhocker nieder und stützte sich mit dem Ellbogen auf dem Steinway Baby Grand ab. Wäre es gar möglich, dass – und dieser Gedanke verursachte ihr Gänsehaut – Onkel Quinn Lorenzo absichtlich abgelenkt hatte, damit Luc und sie mehr Zeit allein miteinander verbringen konnten?
Nein, auf keinen Fall! Es war ja nicht so, als würden zwischen Luc und ihr die Funken sprühen. Aber was, wenn Onkel Quinn glaubte, etwas gesehen oder gar eine Chemie gespürt zu haben, und nun Unheil stiften wollte? Immerhin hatte er ihr gegenüber sehr deutlich gemacht, dass er sich bei Lorenzo nicht sicher war; seine schmeichlerische Kumpeltour vor einigen Minuten nahm sie ihm kein bisschen ab. Sie erinnerte sich daran, was er ihr vorletzte Nacht vorgeschlagen hatte: Sie solle hinuntergehen und sich mit Luc einen letzten vorehelichen Spaß erlauben … Ach, Onkel Quinn!
Luc stand in der Tür und beauftragte Marie-Louise soeben, ihnen Kaffee zu bringen. Vielleicht bildete Julia es sich ja nur ein, aber Marie-Louise wirkte sehr viel munterer als vorhin noch beim Frühstück. Hatte das etwa mit dem plötzlichen Auftauchen von ihrem Verlobten zu tun und der Tatsache, dass Julia sich nun kaum mehr Luc unter den Nagel reißen konnte? Ach, verdammt, welchen Gedanken
hing sie da nach? Hatte Onkel Quinn das gemeint, als er sie darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sie eine echte Douglas war? Weil sie nicht anders konnte, als die Dinge zu Tode zu analysieren und eine Shortlist mit circa fünfzehn Erklärungen für alles zu erstellen?
»Hübsche Hütte«, flüsterte Lorenzo ihr auf einmal augenzwinkernd zu.
»Ja. Schade nur, dass es eine so traurige Woche für die Familie ist«, erwiderte Julia leise und blickte verstohlen zu Luc hinüber. Der Arme, nun musste er sich um noch einen ungebetenen Gast kümmern.
»Wie wahr, wie wahr«, stimmte Lorenzo zu. »Hör zu, ich konnte noch ein Ticket für die gleiche Maschine, die du und dein eigenartiger Onkel nehmen wollt, ergattern.« Lorenzo lächelte sie breit an. »Das wird ein Spaß, zusammen in Schottland anzureisen, meinst du nicht auch?«
»Ganz bestimmt«, antwortete Julia. »Und Onkel Quinn ist nicht eigenartig, Renzo, sondern einzigartig .«
Ungläubig beobachtete sie Lorenzo, wie er sich auf das Sofa niederließ. Durch die Art, wie er sich platzierte, wirkte er durch und durch wie der Herr des Hauses. Er breitete die Arme weit über die großen Seidenkissen und grinste sie immer noch in heiterer Stimmung an, als befänden sie sich im Urlaub auf ihrem Landhaus.
Luc hingegen schien vollkommen in sich gekehrt. Kein Wunder, bei all dem, was in den letzten zwei Stunden passiert war. Dennoch musterte er Lorenzo unentwegt mit zusammengekniffenen Augen, und dabei schien seine sonst so makellose Höflichkeit verschwunden zu sein. Julia wünschte, einer der beiden würde einfach den Raum verlassen,
so dass sie wieder durchatmen und einen klaren Kopf bekommen konnte.
Irgendetwas musste passieren. Ein bisschen ungeschickt erhob Julia sich von dem Klavierhocker, wo sie zusammengesunken gesessen hatte, durchquerte den Raum und setzte sich neben ihren Verlobten aufs Sofa. Lorenzo legte ihr sofort den Arm um die Schulter und drückte sie gebieterisch an sich.
Julia wagte es nicht, Luc anzusehen. In ihrem Kopf läuteten die Alarmglocken. Aber es musste einfach sein. Alles andere hätte nur noch mehr zweideutige Signale gesendet. Ihr Verlobter war den ganzen Weg nach Nizza geflogen, um sie zu überraschen, und dafür hatte er einfach ihre Solidarität verdient. Was Luc – den bedauernswerten, süßen Luc – und sie anging; da hieß es wohl ein für alle Mal Game over . Es ging einfach nicht anders. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Was hatte sie sich dabei gedacht?
»Hey, entspann dich«, murmelte Lorenzo, lehnte sich zu ihr hinüber und küsste ihr Ohr. »Wohl nervös wegen der Hochzeit, was?«
Sie rang sich ein Kichern ab. »Scheint so.«
»Sieh mal.« Lorenzo zeigte durchs Fenster nach draußen. »Der Regen hat
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