Mein bestes Stuck
haben wir uns noch so gut unterhalten! Und du hast mir kein Wort davon gesagt! Was fällt dir eigentlich ein?«
»Ich wusste nicht …«, sagte sie und warf Lorenzo einen verächtlichen Blick zu, »dass er es ist. Erst später, ich schwöre es, als du schon ins Bett gegangen warst, Julia …«
Julia wusste nicht mehr, was sie sagen sollte. Sie war hinund hergerissen; sollte sie sich auf Eleonore stürzen und ihr die Augen auskratzen oder heulend aus dem Raum rennen? Aber selbst wenn Eleonore wirklich nichts geahnt
hatte, so musste doch zumindest Lorenzo etwas gewusst haben, oder?
Julia sah ihn an. Er schaute mit einer Mischung aus Verwirrung und Belustigung in die Runde, als handle es sich bei der ganzen Sache lediglich um ein dummes Missverständnis.
»Warum ich dir nichts gesagt habe? Es fehlte einfach die Zeit dazu«, sagte er schlicht und wartete keine Reaktion von ihr ab. »Natürlich wusste ich, dass du dich in Eleonores Haus aufhältst, aber, Julia, das Wichtigste war doch herzukommen, um bei dir zu sein! Du hattest dein Handy nicht mehr, und die ganze Situation war so verrückt.«
Luc war die ganze Zeit über bemerkenswert ruhig geblieben. Er sah Lorenzo nur nach wie vor stirnrunzelnd an.
»Lorenzo«, sagte Eleonore und schnurrte dabei wie eine Katze, »seit wann bist du denn so fürsorglich? Als wir zusammen waren, habe ich von dieser Seite nicht sehr viel mitbekommen.«
»Ach, komm schon«, protestierte Lorenzo. »Genau so eine Szene hatte ich befürchtet. Wir wollen doch nicht unfair werden.«
»Ich denke, ich bin mehr als fair«, gab Eleonore zurück. »Und ich muss schon sagen, es birgt doch eine gewisse Ironie in sich, dass wir uns ausgerechnet wiedertreffen, wenn ich erneut eine so schwere Zeit durchmache, oder?«
»Wie bitte?« Lorenzo schien verwirrt, doch dann änderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig. »Oh, natürlich.
Eleonore, mein allerherzlichstes Beileid. Was für ein schlimmer Verlust, dein lieber Vater …«
»Danke, danke«, unterbrach ihn Eleonore. »Ich nehme dein Beileid genauso herzlich entgegen, wie du es sicher gemeint hast.«
Julia zuckte zusammen. Das war ein Schlag unter die Gürtellinie gewesen. Sie konnte sehen, wie sich Lorenzo mühte, seine Selbstbeherrschung zu bewahren, und dennoch wollte sie nicht näher zu ihm aufrücken und ihm dadurch ihre Unterstützung signalisieren. Es war einfach so schwer zu begreifen, dass Eleonore Deschanel, die Frau auf der Flucht, die in den letzten Tagen so viele Probleme verursacht hatte, seine Exfreundin sein sollte. Und dass er aus heiterem Himmel im Château auftauchte und dann auch noch vergaß, seine Verlobte über diese nicht ganz unwesentlichen Details in Kenntnis zu setzen.
»Glaub mir, Eleonore«, setzte Lorenzo wieder an, »wir sind in Gedanken bei dir an diesem Wochenende.«
»Das bezweifle ich. Du hast doch Wichtigeres an diesem Wochenende zu tun, nicht wahr?«
Luc setzte sich wortlos in einen Lehnstuhl neben Eleonore.
»Das alles sind unglaubliche Zufälle«, sagte Julia. »Ein Zufall folgt auf den nächsten, die ganzen letzten Tage … Ich meine, es fing am Flughafen in Paris an, wo zwei seltene, teure Handtaschen verwechselt wurden, und nun kommt es hier zu einer Art Wiedervereinigung einstiger Lover.«
Eleonore schnaubte. » Wiedervereinigung? Wohl kaum, Julia.« Sie wandte sich an Lorenzo. »Du wirst uns heute noch verlassen, nicht wahr?«
Er nickte. »Heute Abend.«
»Gut.«
Lorenzo ignorierte sie und wandte sich stattdessen an Julia: »Das Ganze ist gar kein so großer Zufall, wie es scheint, Julia. Eleonore arbeitet doch auch für PPR, und die Bottega-Taschen …« Er wedelte mit der Hand, als ringe er um Worte.
»… die mit ganz winzigen, quasi unsichtbaren Produktionsfehlern bekommt man als Angestellter im Zehnerpack nachgeworfen«, ergänzte Eleonore und schlug sich dann mit gespielt dramatischer Geste die Hand vor den Mund. »Oh, entschuldige, Lorenzo. Hattest du vor, die Geschichte ein bisschen anders zu erzählen?«
»Eigentlich ja«, er seufzte. »Vielen Dank, Eleonore. Ja, es stimmt, die Mitarbeiter bekommen tatsächlich sehr großzügige Rabatte auf die neuen Kollektionen …«
»Manchmal gibt es sogar ein Kontingent von Gratisstücken!«, verriet Eleonore. »PPR hat zu PR-Zwecken mehrere Exemplare der Bottega-Tasche bekommen. Lorenzo, ich wette, du standest ganz vorne in der Schlange, um dich zu bedienen.« Sie lachte laut. »Ich hoffe ja sehr, dass du Julia gegenüber nicht
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