Mein bestes Stuck
behauptet hast, dass ihr Geschenk dich ein halbes Vermögen gekostet hat, oder?«
Schon wieder spürte Julia, wie ihre Wangen glühend rot anliefen. Lorenzo hatte ihr tatsächlich zu verstehen gegeben, dass die Tasche sehr teuer gewesen, seine Verlobte ihm aber jeden einzelnen Euro wert sei. Doch dies spielte jetzt eigentlich keine Rolle mehr. Zumindest versuchte sie sich das nun einzureden. War es nicht der Gedanke, der zählte? Und egal, wie viel er für die Tasche bezahlt hatte,
oder auch nicht, es war und blieb eine echte Bottega, und Julia liebte sie.
»Was soll ich sagen?« Lorenzo hatte sich wieder gefangen und ein leicht überheblicher Unterton war in seine Rede zurückgekehrt. »Ja, Julia, die Bottega war ein Gratisexemplar. Schuldig im Sinne der Anklage. Aber all meine anderen Geschenke für dich habe ich bezahlt. Und die Ringe – die habe ebenfalls ich bezahlt! Unser Urlaub in Italien war auch nicht gerade …«
»Renzo«, unterbrach ihn Julia und legte ihm die Hand auf den Arm. »Glaub bitte nicht, dass ich irgendetwas aufrechne. Das tue ich nicht.«
Zumindest versuche ich es.
Endlich setzte Luc zu sprechen an. Und als er den Mund öffnete, erklang eine Stimme, die Lorenzo gegenüber so hasserfüllt war, dass Julia sie kaum wiedererkannte.
»Ich dachte mir gleich, dass du es bist«, zischte er. »Aber ich war nicht sicher. Es wäre einfach ein zu großer Zufall gewesen. Lorenzo Landini. Ich habe Bilder von dir gesehen, doch wir sind uns nie persönlich begegnet, nicht wahr?«
Julia war wie vom Donner gerührt. Lucs Augen funkelten so zornig, als hätte er Mordabsichten. Lorenzo schaute Luc geradewegs in die Augen, doch Julia konnte sehen, dass es ihren Verlobten einige Mühe kostete, Lucs Blick standzuhalten. Ihr Herz schlug ihr fast bis zum Hals, als sie von einem Mann zum anderen blickte. In ihrem Kopf schien sich alles zu drehen.
Luc wandte sich an seine Schwester: »Das ist er doch, oder?«
Eleonore nickte. »Oh ja, das ist er. Aber vergiss es einfach, Luc. Es ist schon so lange her.«
»Von wegen«, er sprang von seinem Stuhl auf und ging langsam auf Lorenzo zu, der nervös mit seinen Fingern zu spielen begann.
»Ach, komm schon«, versuchte Lorenzo ihn zu beruhigen. »Wir wollen uns doch nicht unnötig aufregen, oder? Was … was soll ich denn getan haben?«
Schon wieder kam es Julia so vor, als ob ihr Verlobter Eleonore einen warnenden Blick zuwarf.
»Was du getan hast?« Luc war nun völlig außer sich. »Wo soll ich denn anfangen?«
»Luc!«, schritt Eleonore nun ein. »Bitte beruhige dich!« Und dann setzte sie mit leiser Stimme hinzu: »Er ist es nicht wert.«
»Kann mir bitte mal jemand erklären, was hier eigentlich los ist?«, mischte sich wieder Julia ein und schaute Luc herausfordernd an. »Deinen Ton finde ich sehr unangebracht, Luc. Mir ist nicht sehr wohl dabei.«
»Genau«, stimmte Eleonore zu. »Luc, benimm dich gefälligst!«
Luc seufzte und ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen. Dann sagte er zu Julia: »Ich habe immer wieder von den wilden Zeiten gehört, die meine Schwester in Paris verlebte.« Er schüttelte den Kopf. »Es waren gefährliche Zeiten. Zunächst schien alles ganz harmlos, doch dann hörte ich ein und denselben Namen immer und immer wieder. Deinen! « Er schoss mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Lorenzo zu.
»Und?«, warf Lorenzo ein. »Ich gebe ja zu, Eleonore und
ich hatten viel Spaß miteinander. Aber was soll daran gefährlich gewesen sein? Nun ja, ich denke, das ist alles eine Frage der Sichtweise. Also wirklich, Luc, wir waren jung und frei, und wir waren zusammen in Paris. Nicht wahr, Eleonore?«
»Ja, und wir waren unendlich dumm.«
»Und was ist passiert, als unsere Mutter krank wurde?«, fragte Luc scharf. »Als Eleonore wirklich Unterstützung gebraucht hätte?«
»Das war eine Familienangelegenheit«, murmelte Lorenzo.
»Das war eine Frage der Menschlichkeit und des Einfühlungsvermögens«, gab Luc zurück. »Und du hast meine Schwester fallen lassen. Wann noch mal genau? Zwei Tage, nachdem unsere Mutter gestorben war? Oder war es sogar noch am selben Tag?«
»Wie bitte?«, entfuhr es Julia, die nicht glauben konnte, was sie da gerade gehört hatte.
Verteidigend hob Lorenzo seine Hände in die Höhe. »Es war eine schreckliche Zeit …«
»Und woher zum Teufel willst du das wissen? Du warst ja nicht da!«, polterte Luc weiter.
»Luc, bitte! Lass es einfach!«, rief Eleonore.
Der lehnte sich zurück und seufzte schwer.
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