Mein bestes Stuck
Verhalten wies jedenfalls darauf hin. Nicht dass Julia glaubte, Lorenzo würde sie jemals betrügen.
Aber, wenn sie Luc Glauben schenken wollte, so war es Lorenzo, der Eleonore in die Spielsucht getrieben hatte –
eine Tatsache, die sie schwer zu akzeptieren fand. Glücksspiel! Er hatte ihr nie auch nur den leisesten Hinweis darauf gegeben, dass er früher einmal gespielt hatte. Welche Geheimnisse hatte dieser Mann noch vor ihr?
Außerdem hatte er Eleonore scheinbar zwei Tage nach dem Tod ihrer Mutter verlassen. Zum selben Zeitpunkt hatte er erfahren, dass Eleonore Gefahr lief, ihr Erbe zu verlieren … Das zumindest war Lucs Version der Geschichte.
Aber vielleicht war es ja Lucs Absicht, ihren Verlobten in schlechtes Licht zu setzen? Hatte er nicht vorhin in der Weinkammer einen Annäherungsversuch unternommen? Unwillkürlich erschauderte sie bei der Erinnerung an Lucs Umarmung, und sie versuchte nervös, diese spontane Reaktion mit einem Hustenreiz zu überspielen.
Auf der anderen Seite stand Lorenzos Version der Geschichte … ja, wie war die eigentlich? Julia war nicht sicher, ob sie sie kannte. Aber letztlich hatte er ja auch noch kaum Gelegenheit gehabt, sich zu erklären. Oder doch?
»Luc«, sie sah ihn entschuldigend an und erhob sich so würdevoll wie möglich. »Ich würde gern eine Weile allein mit Lorenzo sein. Wäre das in Ordnung?«
»Aber das ist doch nicht …«, warf Lorenzo ein.
»Ich denke schon, dass das nötig ist.« Julia sah ihn warnend an, zog ihn hoch und hakte sich bei ihm unter.
»Natürlich«, sagte Luc knapp und nickte. »Ich denke, es gibt da so einige Details, über die du Bescheid wissen möchtest.«
Luc verließ den Salon, nicht ohne Lorenzo mit einem letzten verachtenden Blick bedacht zu haben, und schloss sanft die schwere Tür hinter sich.
Erneut breitete sich eine unbehagliche Stille in dem Raum aus. Sie standen nun Arm in Arm da, Lorenzo noch immer den Blick zur Tür gerichtet, Julia versteinert, in einer Art Schockzustand. Ihr ganzer Körper war angespannt und fühlte sich wie elektrisiert an. Ihre Hände waren klamm. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
Schließlich ergriff Lorenzo das Wort. Ohne Vorwarnung drehte er sich ruckartig zu ihr und drückte Julia fest an sich.
»Oh, mein Mädchen«, murmelte er in ihr Haar. »Mein Mädchen.«
Julia schloss die Augen und wartete, dass ihr die Tränen kamen. Doch nichts passierte. Es war, als ob ihr Kopf mit zu viel anderen Dingen beschäftigt war, als dass er auch noch das Kommando zum Weinen hätte geben können.
»Das alles tut mir so leid«, fuhr Lorenzo fort. »So wahnsinnig leid.«
»Was sollte das alles?«, fragte sie und drückte ihr Gesicht an sein Hemd. »Ich habe das Gefühl, als würde ich hier einem komplett fremden Menschen gegenüberstehen.«
»Ich wollte dir all das ersparen. All diese übertriebenen Behauptungen!«
Julia runzelte die Stirn. Luc war ihr nie wie jemand vorgekommen, der zu Übertreibungen neigte. Allerdings kannte sie ihn ja auch erst knappe drei Tage. Was wusste sie überhaupt von ihm?
»Ich kann einfach nicht glauben, dass Eleonore und du …«, sprudelte es schließlich aus ihr heraus. Dann beugte sie den Kopf zurück und sah ihm direkt in die Augen.
»Es tut mir wirklich leid«, sagte er erneut und versuchte,
sie an sich zu drücken. »Was all diese Geschichten angeht …«
Julia löste sich aus seiner Umarmung und suchte seinen Blick.
»Ist es wahr, was Luc gesagt hat?«, fragte sie.
Lorenzo wandte sich ab und ließ den Blick durch den Raum schweifen, als könne er irgendwo in der Ferne die passenden Worte finden. Er seufzte, rieb sich den Nacken und verzog den Mund, während Julia immer noch wie erstarrt vor ihm stand und auf eine Antwort wartete.
»Lass uns nach draußen gehen«, sagte er endlich. »Die frische Luft wird uns guttun.«
Er schritt auf eine der großen Terrassentüren zu, die zum Garten führten, und durch sie und Luc kurze Zeit zuvor triefnass ins Haus gestolpert waren. Der Sturm hatte sich inzwischen komplett gelegt. Lorenzo trat hinaus auf den Weg aus feinen Kieseln, der zwischen dem Rasen und den Rosenbeeten zum Obstgarten und schließlich zu den Weinbergen führte.
Julia eilte ihm nach und hakte sich wieder bei ihm ein. Sie musste einfach von ihm die ganze Geschichte – die ganze Wahrheit – erfahren.
»Bist du deshalb gekommen, Renzo?«, fragte sie. »Um dich verteidigen zu können, wenn alles auffliegt? Denn früher oder später wäre ja doch
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