Mein bestes Stuck
»Oh Lorenzo, komm schon, du wolltest mich genauso sehr wie ich dich. Ich weiß ja, dass du ein guter Schauspieler sein kannst, aber in dieser Nacht hast du dich nicht verstellt.«
»Eleonore, bitte!«
Sie hörte die Verzweiflung in seiner Stimme und triumphierte innerlich. »Lorenzo, meine angebliche Spielsucht hat mich vielleicht meinen Job gekostet, aber mein Verlangen nach dir hat mich gerettet. Komm schon, gib’s zu. Du wolltest mich auch.«
Sie standen einander gegenüber und funkelten sich im trüben Schein der Laube an. Einzig ihr schwerer Atem war zu hören.
Schließlich ergriff Eleonore wieder das Wort. »Ich nehme
an, du hast auch nicht vor, Julia zu erzählen, dass du es warst, der mir die gleiche Bottega-Tasche geschenkt hat, die sie auch bekommen hat.« Als sie die Panik in seinen Augen sah, lächelte sie sanftmütig. »Aha, das dachte ich mir schon. Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie so ein Gespräch wohl ablaufen hätte können … ›Äh, Julia, Liebes, es tut mir so leid, aber zufällig habe ich in der Arbeit gleich zwei Exemplare einer limitierten Bottega Veneta-Tasche bekommen, und eine davon habe ich der Frau geschenkt, mit der ich kürzlich noch im Bett war.‹«
»Das würdest du nicht tun, Eleonore.«
Sie ging einen weiteren Schritt auf ihn zu, so dass ihr Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt war. »Natürlich nicht, Lorenzo.« Sie lächelte ihn an. »Hm, wahrscheinlich sind wir füreinander geschaffen.«
»Hör auf!«
»Also wirklich, Lorenzo! Mich einfach danach wegschicken, mit meiner neuen Tasche unter dem Arm, als hättest du mich damit bezahlen wollen! Und dann sagtest du auch noch, dass es in Anbetracht deiner Hochzeit wohl besser wäre, wenn wir uns voneinander fernhielten. Großartig! Du hast es geschafft, dass ich mich wie eine echte Nutte fühle!«
»Sei nicht albern! Was ist denn mit dir?«, konterte Lorenzo. »Ich bin hier nicht der Einzige, der Leichen im Keller hat, nicht wahr? Ich vermute mal, du hast weder Luc noch deinem Vater gebeichtet, dass du deinen Job verloren hast.«
Das war ein Tiefschlag in die Magengegend. Eleonore schüttelte den Kopf. »Was Luc angeht, so bin ich immer
noch die glamouröse PR-Mieze von PPR, und ich wäre dir sehr dankbar, Lorenzo, wenn du meinen Bruder in diesem Glauben lassen könntest. Und Vater …« Sie hielt inne, den Tränen gefährlich nah. »Wenigstens starb er, ohne zu wissen, dass ich es geschafft habe, den einzigen Job zu verlieren, den ich für eine längere Zeit behalten konnte.«
Lorenzo sah zu Boden und nickte schweigend.
»Hat er … du weißt schon … dich rausgestrichen?«
»Wie bitte?«
»Aus seinem Testament. Ich meine, nicht dass es mich etwas anginge, aber hat er dich tatsächlich enterbt?«
Eleonore war nicht sicher, wie sie die Frage verstehen sollte. Sie schüttelte schließlich den Kopf und lächelte schwach. »Nein, hat er nicht.«
»Aha.«
»Wir gehören zum selben Menschenschlag, nicht wahr, Lorenzo?«, flüsterte sie.
Lorenzo antwortete nicht. Stattdessen drehte er sich um und starrte durch die angeschlagenen Fensterscheiben hinaus zur Zypressenallee. Eleonore beobachtete ihn eindringlich. Er war wirklich ein schöner Mann. Warum hatte sie es zugelassen, dass er ihr durch die Finger glitt? Sie hatte ja auch nicht wirklich ein Mitspracherecht gehabt. Allein er hatte es entschieden. Er hatte gesagt, er würde ihr niemals verzeihen, dass sie die weiße Gucci-Tasche versetzt hatte. Immerhin hatte die ihn fast einen kompletten Monatslohn gekostet.
Und wenn schon? Sie dachte, er hätte sie wirklich geliebt. Es war doch nur eine Tasche! Warum konnte er ihr das nicht verzeihen? Wieso konnte er nicht verstehen, dass
es ihr damals so unsagbar schlechtging? Immerhin hatte Julia ihr verziehen – Julia, eine völlig fremde Frau, konnte ihr verzeihen, dass sie ihre Trauringe versetzt hatte. Und das war doch weitaus schlimmer, oder? Warum also konnte Lorenzo damals nicht dasselbe tun, wo er doch behauptete, verrückt nach Eleonore zu sein?
Simon hatte sie nie so im Stich gelassen, wie Lorenzo es getan hatte. Simon verstand sie wirklich! Warum hat Lorenzo sie nie verstanden? Warum hatte er sie nur benutzt und dann verlassen? Hatte er vielleicht zu viel von sich selbst in ihr gesehen?
»Eleonore?«, flüsterte Lorenzo, und Eleonore machte sich auf eine letzte, definitive Abfuhr gefasst.
»Ich bin so durcheinander.« Und dann drehte er sich zu ihrem großen Erstaunen zu ihr um und warf sich
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