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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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sich einen Schwarm Stare: Sie stoben auseinander wie Feuerwerk, in hunderte Richtungen, dann kamen sie auf wundersame Weise wieder zusammen und flogen dicht über die Häuserdächer, nach Norden in Richtung des Regent’s Park.
    Es war ein warmer Abend, die Luft war abgestanden und schwül.
    Er wischte sich den Schweiß mit dem Taschentuch vom Gesicht, rückte seine Krawatte zurecht, hakte sein Mobiltelefon an den Gürtel und verschloss den Wagen. Dann schnitt er dem Gebäude eine Grimasse, ging die Stufen zur holzverkleideten Tür unter einem Vordach mit Schnörkelverzierung hinauf, drehte den Messingknauf und wollte die Tür öffnen – doch sie war verschlossen. Links befand sich eine Sprechanlage mit einer Überwachungskameralinse darüber, er drückte den Knopf.
    Eine knisternde Stimme: »Ja, wer ist da, bitte?«
    »Dr. Cabot – meine Sekretärin hat mich bei Ihnen angemeldet.«
    Kurze Stille, dann klickte das Schloss. Er schob die Tür auf, und diesmal ging sie auf. In krassem Gegensatz zum Äußeren war das Innere von gesichtsloser Tristesse. Er betrat eine schmale, charakterlose Halle, beherrscht von einem hohen Tresen aus Mahagoni, hinter dem eine betagte Empfangsdame mit strenger Frisur und besorgter Miene saß.
    Die Beleuchtung war schwach, die Atmosphäre karg, wie in einer Behörde: nackte cremefarbene Wände, daran nichts als Lizenzen, Zertifikate, ein Plakat mit Anweisungen zur Ersten Hilfe und Pfeilen, die auf die Notausgänge hinwiesen. Der Boden war mit einem karmesinroten Teppich ausgelegt, und es roch stark nach Farbe, so, als wäre das Haus kürzlich renoviert worden. Durch eine offene Tür zur Linken sah er ein Wartezimmer mit einigen Stühlen. Auf einem großen Holztisch in der Mitte lagen mehrere Zeitschriften. Auf einem der Stühle saß ein gebrechlicher Mann im Anzug, offenbar aus dem Nahen Osten, einen Gehstock in den Händen. Neben ihm auf einem Sofa saßen zwei Frauen in traditioneller Kleidung, verschleiert. Alle starrten in Grabesstille vor sich hin.
    »Dr. Cabot?«, sagte die Frau, als wolle sie den Namen noch einmal überprüfen.
    »Ja, ich möchte meine Patientin besuchen, Mrs. Faith Ransome.«
    Sie reichte ihm ein Klemmbrett mit einem Besucherprotokoll und bat ihn, zu unterzeichnen, dann griff sie mit mehr Bestimmtheit, als ihr zunehmend besorgteres Benehmen verriet, zum Hörer. »Sheila, ich habe hier einen Dr. Cabot am Empfang.«
    Oliver überflog die Besucherliste. Der erste Besucher des Tages war Ross Ransome gewesen, er war um 7.15 gekommen, um 7.35 gegangen. Dann, weiter unten, sah er den Namen noch einmal. Gekommen um 12.32. Gegangen um 13.05. Er kritzelte seinen eigenen Namen absichtlich unleserlich auf die Liste und setzte die Uhrzeit dahinter: 18.15. Dann blickte er auf einen Grundriss des Krankenhauses, der über dem Tresen an der Wand hing. Er zeigte, dass sich das Gebäude weiter nach hinten erstreckte, als von außen zu erkennen war, in einen Anbau.
    Die Frau legte den Hörer auf. »Fahren Sie mit dem Aufzug in den dritten Stock, dann nach rechts, wenn sie heraustreten, den Flur entlang, durch die Feuertüren. Die Neurologie liegt direkt vor Ihnen, links weist ein Schild zur Park-Station. Folgen Sie den Schildern, dort finden Sie das Schwesternzimmer.«
    Der Lift war tief und breit genug für eine Krankenliege und enervierend langsam. Oliver trat hinaus in einen fensterlosen Flur und folgte den Richtungsangaben. Als er durch die Feuerschutztür trat und sich dem Schwesternzimmer näherte, hörte er in der Ferne einen Mann schreien, die Abfolge von Schreien eines Geistesgestörten. Eine hübsche rothaarige Krankenschwester in karierter blauer Tracht sprach mit einem ernst wirkenden Mann im weißen Arztkittel, der sich über eine Krankenakte beugte. Als Oliver näher kam, wurden die Schreie verzweifelter. Die Schwester blickte auf und hob die Brauen mit dem Hauch eines Lächelns, als erkenne sie ein Problem, das sich ihrer Kontrolle entzog. Am Revers trug sie ein Namensschild, das sie als Stationsschwester Sheila Durrant auswies.
    »Guten Abend, ich bin Dr. Cabot.«
    Der Mann studierte weiter die Akte, ohne aufzublicken.
    »Ja«, sagte sie. »Hallo. Wir sind etwas verwirrt. In unseren Unterlagen steht, dass Dr. Ritterman Mrs. Ransomes Hausarzt ist.«
    »Ich glaube, Dr. Ritterman war einige Zeit der Hausarzt, aber Mrs. Ransome ist seit kurzem bei mir in Behandlung.«
    Sie hielt ein Fax hoch. »Nun gut, Ihre Sekretärin hat uns dies hier gerade zugefaxt. Es ist

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