Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
Vom Netzwerk:
eben. Vielleicht kommen Sie morgen davon los. Dr. Freemantle sagt, dass Ihre Elektrolyte inzwischen fast wieder auf einem normalen Niveau sind. Sie waren stark dehydriert, wegen der Übelkeit, an der Sie litten, wie Ihr Mann sagt – Sie haben nicht genug gegessen und getrunken, nicht wahr?«
    In verwaschenem Tonfall sagte Faith: »Mein Mann wechselt den Beutel. Er kommt bald. Er wechselt ihn.«
    »Ihr Mann?«, sagte Schwester Durrant amüsiert. »Das dürfte wohl kaum die Aufgabe Ihres Mannes sein.«
    »Er wechselt ihn.«
    In ihrer Stimme lag ein Nachdruck, den die Schwester beiseite fegte. »Na, jedenfalls macht er seine Sache nicht sehr gut, denn der Beutel muss sofort gewechselt werden, und Ihr Mann ist nicht hier. Da müssen wir ihn wohl entlassen, was?«
    Von der Tür aus blickte Oliver zu Faith hinüber, tief beunruhigt. Das Zimmer kam ihm vor wie eine Zelle: grellweiße Wandfarbe, das Oberlicht ließ kaum Abendlicht herein, eine nackte, an der Decke befestigte Glühbirne lieferte die einzige Beleuchtung. Das Bett stand in der Mitte, wodurch Faith aussah wie eine Art Ausstellungsstück. Das einzige andere Mobiliar war ein Tisch neben dem Bett, auf dem ein Pappbecher und ein Plastikbecher standen, eine Fernbedienung, befestigt an einer Spiralschnur, vermutlich um zu verhindern, dass man sie warf oder fallen ließ, ein Tropf mit einem Infusionsschlauch bis zu Faiths Handgelenk, ein Waschbecken sowie ein Fernseher, der, hinter verstärktem Glas, in die Wand eingelassen war.
    Aber es war nicht das Zimmer, das ihn beunruhigte, sondern das, was Faith gesagt hatte.
    Sie sah wunderschön aus, selbst in dem dünnen Krankenhaushemd, mit ihren fettigen, verfilzten Haaren und ohne Make-up. Vielleicht ein wenig blass, weil sie keine frische Luft und Bewegung hatte, aber ansonsten okay. Er musste sich zügeln, dass er nicht schnurstracks zu ihr ging, sie in die Arme nahm und küsste. Stattdessen sagte er, von der Tür aus: »Hallo, Faith.«
    Keine Reaktion. Er tauschte einen Blick mit Schwester Durrant. Ihr Blick verriet, dass das normal war.
    Er ging zum Bett hin. »Wie fühlst du dich?«
    Ihm schien, als läge Angst in ihrem Blick. Angst und Verwirrung. Nur der kleinste Hauch des Erkennens, mehr nicht.
    »Ich komme gleich zurück und wechsle den Infusionsbeutel, dann lasse ich Sie beide allein.« Schwester Durrant verließ das Zimmer und ließ die Tür einen Spaltbreit offen stehen.
    Er wartete, bis ihre Schritte nicht mehr zu hören waren, ehe er Faith wieder ansprach.
    »Erkennst du mich?« Als er sich vorbeugte, sah er, dass ihre Pupillen geweitet waren. Verblüffend, wenn man bedachte, welche Medikamente sie bekam. »Ich bin’s, Oliver.«
    Plötzlich sprach sie mit fast roboterhaft monotoner Stimme, während sie weiter geradeaus starrte. Es war unmöglich zu erkennen, ob sie sich freute, ihn zu sehen.
    »Es stimmt, was ich gesagt habe. Ross kommt rein und tauscht den Beutel aus. Zuerst wechselt die Schwester ihn, dann wechselt Ross ihn noch mal. Die Leute hier glauben mir nicht. Ihnen ist nicht klar, dass ich Ross manchmal von der Zimmerdecke aus zusehen kann.«

[home]
    88
    O liver hatte sämtliche Veröffentlichungen über die Lendtsche Krankheit, die er hatte auftreiben können, im Kopf. Die Symptome und der Zeitraum, in dem die Krankheit sich entwickelte, waren offenbar bei allen der bislang 3000 identifizierten Fälle identisch. Beim ersten Symptom handelte es sich um eine anhaltende Übelkeit, unter der der Patient in der Regel zwei oder drei Monate litt; darauf folgten eine zunehmende Orientierungslosigkeit und paranoiaähnliche irrationale Verhaltensweisen, darunter nächtliche Ängste, sowie psychotische Halluzinationen in Phasen, in denen er bei klarem Verstand war. Daran anschließend kam es zu einem allmählichen Verlust der motorischen Funktionen.
    Faith war Ende April aus Thailand zurückgekehrt. Heute war der 9. Juni. Wenn sie sich die Krankheit dort zugezogen hatte, müsste sie sich noch im Stadium der anhaltenden Übelkeit befinden – das Symptom, das sie oft gezeigt hatte, als er sie kennen lernte. Sie durfte genau genommen noch nicht in der psychotischen Phase sein, in der sie sich jetzt anscheinend befand.
    Sie dürfte streng genommen auch keine erweiterten Pupillen haben.
    Es stimmt, was ich gesagt habe.
    Ross kommt rein und tauscht den Infusionsbeutel aus. Zuerst wechselt die Schwester ihn, dann wechselt Ross ihn noch mal. Die Leute hier glauben mir nicht, ihnen ist nicht klar, dass ich ihm

Weitere Kostenlose Bücher