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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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solltest dich auf mein Urteil über Faith verlassen.«
    Ritterman erwiderte den Blick. »Faith ist schwer krank. Was versprichst du dir davon, ihr das zu verschweigen?«
    »Was würdest du erreichen, wenn du ihr die Wahrheit sagst? Du würdest sie ängstigen und könntest doch nichts Besseres bieten als eine zwanzigprozentige Chance.«
    »Wenn Patienten die Wahrheit kennen, gibt das ihnen Zeit, sich vorzubereiten …«
    »Auf den Tod?«
    »Ja.«
    »Ist das nicht defätistisch?«
    »Nein, realistisch.«
    »Wie lautet die erste Regel der Medizin?«
    Ritterman hob die Schultern. »Keinen Schaden zuzufügen.«
    »Genau. Wenn du jemandem sagst, vor allem jemandem von Faiths psychischer Labilität, dass er sterben wird, dann stirbt er. Solche Menschen geraten in Panik – es wird eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Faith wird eine viel bessere Überlebenschance haben, wenn sie nicht Bescheid weiß.«
    Ritterman sah seinen Freund an und dachte: Vielleicht kannst
du
ja nicht mit der Realität fertig werden, aber Faith kann es durchaus.
    »Ich bin da anderer Meinung.«
    Dies ist ein böser Traum, wir führen dieses Gespräch gar nicht, das kann doch alles nicht wahr sein.
Ross schloss die Augen und schüttelte den Kopf – als wäre Ritterman, wenn er sie wieder aufschlug, irgendwie verschwunden und als hätte das Gespräch überhaupt nicht stattgefunden.
    Aber Ritterman war noch immer da, und allmählich ärgerte sich Ross über dessen Ruhe. Wie konnte er bloß so verdammt ruhig bleiben? Weil Faith nur eine von hunderten – vielleicht tausenden – Patientinnen war, die Ritterman hatte.
Faith Ransome
. Nur ein Name auf einer Liste.
    Ross registrierte Rittermans etwas missbilligende Miene, steckte sich die Zigarre an und blies dicke Rauchwölkchen zur Zimmerdecke. »Ich bin ihr Ehemann. Sicherlich habe ich das Recht, es ihr beizubringen.«
    »Natürlich, aber ich werde sie nicht anlügen, wenn sie mich direkt fragt.«
    »Du musst nur eines tun: Ihr sagen, dass sie eine Viruserkrankung hat und dass es eine Behandlungsmethode dagegen gibt. Ende der Geschichte.«
    »Also gut«, sagte Ritterman widerstrebend. »Ich mache mit – fürs Erste –, aber es gefällt mir nicht.«
    Jetzt stieg Wut in Ross hoch. Er stand auf und sah den Arzt zornig an. »Es gefällt dir nicht? Mir auch nicht. Und weißt du, was mir ganz und gar nicht gefällt? Die Vorstellung, dass meine Frau die Lendtsche Krankheit hat. Also haben wir beide mit etwas zu tun, das uns nicht gefällt.«

[home]
    17
    A uf dem Fernsehbildschirm brachen junge Leute, überwiegend junge Frauen, in Geschrei aus. Ross, der vor dem Fernseher stand, kam es vor, als hätten sich alle Mädchen dieser Welt dort versammelt. Und nun winkten aus dem Dunkel der Boeing vier Jugendliche, alle mit dunklen Brillen, langen Haaren und breitem Lächeln im Gesicht, in das Blitzlichtgewitter.
    Der Nachrichtensprecher sagte: »Scharen begeisterter Fans haben heute Morgen den Verkehr auf Londons Flughafen Heathrow fast zum Erliegen gebracht, als die Beatles von ihrer letzten USA -Tournee nach Hause zurückkehrten.«
    Jetzt lief sein Vater, Joe Ransome, aus dem ersten Stock nach unten, eilte durch das Zimmer und schaltete den Fernsehapparat aus. In der Schule redeten alle über die Beatles. Einer von Ross’ Freunden, Thomas Norton, hatte ein Exemplar einer Zeitschrift namens
New Musical Express
voll mit Fotos der Beatles und der Rolling Stones mitgebracht. Mehrere seiner Freunde hatten Poster von Gruppen und Sängern an den Wänden ihrer Zimmer hängen. Ross besaß nichts dergleichen in seinem kleinen Zimmer in dem kleinen Reihenhaus in Streatham im Süden Londons. Ihm war gar nichts erlaubt. Im ganzen Haus hingen nur zwei Bilder, ein verblasster, gerahmter Druck von Anne Hathaways Cottage auf halbem Weg die Treppe hinauf und noch ein gerahmter Druck von Constables
Heuwagen
über dem elektrischen Kaminfeuer in diesem Zimmer.
    Jetzt, da der Bildschirm schwarz war, setzte sich sein Vater, bekleidet mit braunem Anzug, Hemd, Krawatte und braunen Lederschuhen – die Ross jeden Morgen putzte – mit der Zeitung, der
Sporting Times
, seinem Kugelschreiber und seinem Zinnkrug mit Bier in den Sessel, hustete und öffnete dann eine neue Packung Kensitas mit Filter. Seine muskulöse Gestalt dominierte das Zimmer, das mit einer dreiteiligen Kunstledergarnitur, einem Klavier und einem Seitentisch, beides mit Darts-Preisen übersät, voll gestellt war.
    Ross stand neben dem Sessel, sah dem

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