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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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schmerzliche Ausdruck in seinem Gesicht. »Ja.«
    »Wie alt ist er?«
    Er hörte auf, mit den Beinen zu wippen. Eine lange Pause, dann: »Er wäre jetzt knapp sechzehn.«
    In der folgenden Stille spürte sie eine Enge im Hals, als übertrüge er seinen Schmerz auf sie. »Tut mir leid. Ich hatte keine Ahnung –«
    Er schlug sich leicht auf den Schenkel und stand auf. »Machen Sie sich keine Sorgen, woher sollen Sie das auch wissen? Haben Sie Kinder?«
    »Einen Sohn, Alec. Er ist sechs.«
    Seine Sekretärin kam herein, mit Tee für Faith und einer kleinen Mineralwasserflasche für ihn.
    Faith war neugierig, sie hätte gern mehr über den verstorbenen Sohn erfahren, merkte aber, dass Oliver nicht darüber sprechen wollte. Als die Sekretärin gegangen war, versuchte sie, ihn beim wichtigsten Thema seines Lebens zu halten. »Was macht Ihre Frau beruflich?«
    »Marcy ist Schriftstellerin – sie arbeitet in Los Angeles, schreibt Sitcoms fürs Fernsehen, aber wir …« Er verzog gutmütig das Gesicht. »Sagen wir, wir bewohnen denselben Planeten, aber das ist ungefähr das Einzige, was wir heutzutage gemeinsam haben.« Dann fügte er hinzu: »Wir sind geschieden.«
    »Das tut mir leid.«
    Er schob sich von der Lehne des Sofas und setzte sich richtig darauf. »Soll ich Ihnen einmal etwas verraten, Faith? Menschen, die sich gemeinsam verändern, können sich glücklich schätzen. Den meisten gelingt das nicht. Sie bleiben entweder der Kinder wegen oder aus Angst vor dem Alleinsein zusammen und leben in stiller Verzweiflung, aber nur wenige trennen sich. Das sind die Mutigen.« Er lächelte wehmütig. »Raten Sie mal, was ich denke.« Er überlegte einen Augenblick, dann sagte er: »Ein tragisches Ereignis kann Menschen einander näher bringen, aber mitunter wirkt es auch trennend.« Er schlug die Beine übereinander, dann griff er nach vorn, packte die Spitze seiner Schuhe und hielt sie fest, wie eine gespannte Feder. »Und wie ist das bei Ihnen?«
    »Wahrscheinlich … falle ich in die Kategorie
stille Verzweiflung.
«
    »Ist es zu persönlich, wenn ich frage, warum Sie das glauben?«
    Sie hätte ihm nur allzu gern ihr Herz ausgeschüttet, aber ein Teil von ihr dachte: nicht hier, nicht jetzt, es wäre zu früh. Viel zu früh.
    Seine Sekretärin warf einen Blick ins Zimmer. »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche, Dr. Cabot, Mrs. Martyns ist am Apparat. Sie möchte dringend mit Ihnen über ihre Visualisierungen sprechen.«
    Er sah auf. »Das dritte Mal heute Morgen. Richten Sie ihr aus, dass ich sie zurückrufe.«
    »Und eine Reporterin, eine Sarah Conroy von der
Daily Mail
, hat angerufen. Die bringen einen Artikel über die Kliniken für Alternativmedizin in London. Sie sagt, dass sie Sie schon mal interviewt hat – als sie noch für das Magazin
Focus
arbeitete. Ich habe ihr gesagt, Sie würden zurückrufen – sie muss mit Ihnen vor vier Uhr sprechen.«
    »Ja, in Ordnung – erinnern Sie mich daran.«
    Sie ging hinaus. Oliver schraubte die Mineralwasserflasche auf. Er trank einen Schluck, wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab.
    »Ich bin neugierig«, sagte Faith. »Warum die Shell-Zapfsäule?«
    Er wandte sich um und sah sie an, als hätte er sie völlig vergessen. »Ich habe sie in einem Trödelladen entdeckt. Ihr wahrer Zweck ist vermutlich, dass sie keinen Zweck hat. Wir legen zu viel Wert auf
Sinn
,
Bedeutung
. Ich mag das Spontane, das Unvernünftige. Ich versuche, jeden Tag etwas Unvernünftiges zu tun. Sind Sie unvernünftig, Faith?«
    Früher hatte sie das Unvernünftige und Verrückte geliebt. Sie war total süchtig nach
Monty Python
gewesen, von den ersten Sendungen an. Doch in Ross’ Leben gab es keinerlei Raum für Unvernünftiges. Sie versuchte sich daran zu erinnern, wann sie zum letzten Mal etwas Spontanes getan hatte.
    Zu ihrem Entsetzen stellte sie fest, dass das schon Jahre zurücklag. Es war Jahre her, seit sie Ross die Hose aufgeknöpft hatte, während er auf einer deutschen Autobahn fuhr, Jahre, seit sie eines Nachts direkt unter den Augen des Nachtportiers einen großen Messingaschenbecher aus einem Hotelfoyer entwendet und in ihren Koffer gestopft hatte, Lichtjahre seit den Tagen, als sie – betrunken und mitten in der Nacht – Leute mit albernen Namen wie Stinki angerufen, sich mit »Hallo, sind Sie Stinki?« gemeldet und dann laut kichernd aufgelegt hatte.
    Herrje, wie ernst das Leben geworden war!
    »Ich wollte nie wie eine Erwachsene leben.«
    Er zog die Schultern

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