Mein bis in den Tod
dass wir hierher gegangen sind.« Und das meinte sie auch so.
Mit jedem Augenblick, den sie in der Nähe dieses faszinierenden Oliver Cabots verbrachte, fühlte sie sich wohler. Und freier.
Während sie die Folie von ihrem Sandwich entfernte, klingelte erneut ihr Handy. Sie blickte auf die Anzeige – für den Fall, dass es Alecs Schule war –, aber es war wieder Ross. Sie drückte nochmals die Ende-Taste und ließ das Handy zurück in die Tasche fallen.
»Woher kommen Sie aus den Staaten?«
»Los Angeles.«
»Und wie lange leben Sie schon in England?«
»Seit fast acht Jahren.« Auch er wickelte sein Sandwich aus, mit langen, schlanken Fingern. Pianistenfinger, dachte Faith. Alles an ihm kam ihr einnehmend vor, selbst die Art, wie er ein Sandwich auspackte.
»Ich bin nach England gekommen, um die Erinnerungen an meinen Sohn abzuschütteln. Ich musste die Erinnerungen an Kalifornien loswerden, und, wissen Sie, hier lässt es sich gut leben. Wenn man nur eine Möglichkeit fände, seine Gehirnwindungen so zu programmieren, dass einem das Wetter erträglich erscheint.«
Sie lachte. »Sie meinen, dass – wenn ein rauer Wind weht – das Gehirn einem sagt, dass er ganz angenehm ist?«
»Ich arbeite daran.«
Sie nahm ihr Sandwich aus der Verpackung. »Woran ist ihr Sohn gestorben?«
»An Leukämie. Er litt an einer höchst unangenehmen virulenten Form der Krankheit. Ich wusste zwar, dass es in der Schulmedizin nichts gab, das Jake hätte helfen können, aber meine Frau weigerte sich, alternative Heilmethoden auszuprobieren, weil sie fand, dass man dadurch mit der Gesundheit ihres Kindes spiele.« Er lächelte matt. »Nach Jakes Tod habe ich meine Arztpraxis geschlossen – es sind da zu viele Interessen im Spiel, denen es nicht ums Wohl des Patienten geht. Die moderne Medizin steckt in einer Sackgasse, und ich habe beschlossen, mein Leben der Aufgabe zu widmen, sie dort herauszuholen.«
»Was für eine Art Sackgasse?«
Die Stille wurde auf einmal durch das Geknatter eines schnell heranfliegenden Hubschraubers unterbrochen. Im selben Augenblick klingelte Faiths Handy abermals. Sie warf Oliver einen entschuldigenden Blick zu und zog es aus der Tasche. »Ich muss mich nur vergewissern, dass es nicht um meinen Sohn geht.« Auf dem Display war keine Nummer zu sehen.
Sie drückte auf den grünen Knopf, um das Gespräch anzunehmen.
»Wo bist du?«, herrschte Ross sie an.
Direkt über ihnen flog der Helikopter vorbei.
»Ich kann dich nicht verstehen!«, schrie sie.
Seine Stimme wurde einige Dezibel lauter. »Faith, bitte sag mir, wo du bist und was du gerade tust.«
»Ich bin in London.«
»Wo dort?«
Sie zögerte. »In Knightsbridge.«
»Was ist das für ein Geräusch?«
»Ein Hubschrauber.«
»Warum hast du mir nicht gesagt, dass du nach London fährst? Wir hätten uns für heute Abend verabreden können. Im Covent Garden wird
Les Sylphides
gegeben.«
Was führte Ross eigentlich im Schilde? Er hatte noch nie das geringste Interesse an Ballett gezeigt. Das Hubschraubergeräusch verebbte. »Es war ein spontaner Entschluss. Ich musste ein Geburtstagsgeschenk für dich abholen.«
»Du hättest mir Bescheid geben sollen. Ich mag es nicht, wenn du mir etwas verschweigst. Das weißt du. Ich muss immer wissen, wo du bist, weil du mir so viel bedeutest, Liebling.«
»Ich wollte am nächsten Montag in die Stadt fahren, aber an dem Tag geht es nicht, ich muss zur öffentlichen Anhörung in Sachen Golfplatz.«
»Lass sie sausen. Wie soll Alec von der Schule nach Hause kommen?«
»Er hat diese Woche frei. Er ist bei Nico Lawson.«
»Er war gestern auch bei fremden Leuten. Du solltest für ihn da sein, Faith. Es bringt ihn durcheinander, wenn er mit unterschiedlichen Leuten zusammen ist.«
Wütend blickte sie Oliver an, der die Folie zu einer Kugel knüllte. Du verdammter Heuchler, dachte sie. Erst sagst du mir, wir könnten in der Stadt ausgehen, und dann bist du wütend, weil ich nicht zu Hause bei Alec bin. Ich bin immer für Alec da. Deswegen übe ich keinen Beruf aus. Aber sie blieb ruhig.
»Es war seine Entscheidung – er ist eingeladen worden, und zufällig hat Nico Geburtstag. Ich verbringe morgen den ganzen Tag mit ihm. Vielleicht fahren wir nach Thorpe Park.«
»Das kommt in letzter Zeit anscheinend immer öfter vor.«
Wieder blickte sie zu Oliver hin, diesmal verlegen. »Das finde ich nicht. Wie war dein Tag?«
»Gut. Mit wem bist du zusammen?«
»Ich bin allein.«
»Hoffentlich sagst
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