Mein digitales Ich
persönlichen Texten herauslesen. Einige Mood-Tracker durchsuchen auf Wunsch beispielsweise Tagebücher nach Wörtern, Formulierungen und Sätzen, die auf eine Stimmung hindeuten und interpretieren die Texte entsprechend. Eine solche semantische Analyse kann zum Beispiel den Anteil an Wörtern mit emotionaler Bedeutung isolieren und mit früheren persönlichen Texten in Beziehung setzen. So steigt eventuell die Anzahl emotional »negativer« Wörter in den Wintermonaten, oder es stellt sich heraus, dass Sie zu bestimmten Zeiten im Jahr weniger selbstbezogen schreiben. Interessant wäre an dieser Stelle auch ein Vergleich der Analyse-Daten mit den Eindrücken der emotionalen Selbsteinschätzung, um herauszufinden, ob und wenn ja wie stark diebewusste Selbsteinschätzung von der eher »neutralen« Tagebuchanalyse abweicht.
Traumkurven und Schlaflinien
Wer schlecht einschlafen kann, der sollte ein Glas warme Milch mit Honig trinken, so lautet einer von unzähligen, althergebrachten Ratschlägen zur Schlafoptimierung. Helfen diese Tipps tatsächlich? Mithilfe von Schlaftracking-Tools soll das jeder für sich selbst herausfinden können. Wie viele Minuten dauert es durchschnittlich, bis Sie einschlafen, wie oft bewegen Sie sich im Schlaf, und wie wirkt sich Ihre Ernährung oder der Sport auf Ihren Schlafrhythmus aus? Diese und weitere Fragen wollen Anbieter wie Wakemate oder Jawbone Up beantworten und versprechen mit ihren Schlafanalyse-Konzepten eine erholsamere Nacht. Spezielle Stirnbänder, ansteckbare Clips und Applikationen für das Smartphone zeichnen die nächtliche Körperaktivität auf und liefern so Daten für eine Analyse, die den Schlaf verbessern soll. Die Clips oder Armbänder, die man für eine erfolgreiche Messung in der Nacht anlegen muss, sind mit Lage- und Bewegungssensoren ausgestattet, die jedes noch so kleine Drehen oder Wenden des schlafenden Körpers elektronisch erfassen und digital speichern. So entsteht ein nächtliches Aktivitätsprotokoll des Körpers, das Rückschlüsse auf das Schlafmuster zulässt. Auch hier bieten die Dienste eine Diagrammdarstellung, inklusive interessanter Kennwerte wie Einschlafdauer, genaue Einschlaf- und Aufwachzeit, gesamte Schlafdauer, Anzahl der Bewegungen und eine sogenannteSchlafeffizienz, die sich aus den erhobenen Werten zusammensetzt. Demnach wäre ein Schlaf effizient, wenn die Schlafdauer möglichst hoch, die Einschlafzeit möglichst früh und die Körperaktivität möglichst gering ist. Nützliche und praktische Erkenntnisse liefern die Daten vor allem in der Kombination mit weiteren Informationen: Möglicherweise stellt sich beim Betrachten der Schlaf- und Ernährungsprotokolle heraus, dass eine schlechte, zum Beispiel zu fette Ernährung für einen unruhigen Schlaf sorgt, oder dass ein Glas warme Milch Sie tatsächlich früher einschlafen lässt. Sie könnten zudem erfahren, welche Sportart Sie nachts besser schlafen lässt, an welchen Tagen in der Woche Sie den ruhigsten Schlaf haben und wie lange Sie schlafen sollten, um morgens fit zu sein.
Ein weiterer Grund für das Messen des eigenen Schlafs ist die daraus entstehende Weckoption. Die muss nicht auf eine feste Zeit beschränkt bleiben, sondern kann sich nach dem persönlichen Schlafmuster richten, denn das lässt sich in mehrere Stadien sowie Tief- und Leichtschlafphasen einteilen. Einige Wecker-Applikationen auf dem Smartphone klingeln zum Beispiel genau dann, wenn die Schlafphase ein möglichst erholsames Aufwachen erlaubt. Um diese Dienste optimal nutzen zu können, sollte man vor dem Einschlafen ein Zeitfenster von mindestens 30 Minuten wählen, in dem man gerne am nächsten Morgen aufwachen möchte. Wirklich ausgereift sind diese Konzepte allerdings (noch) nicht, denn die meisten Programme »schätzen« die Schlafphasen lediglich. Aufgrund der Datenbasis zur Einschlafzeit und der Körperbewegungen während der Nacht können die Apps die jeweilige Schlafphase, in der man sich zur gewünschten Weckzeit befindet, nur näherungsweise berechnen. Eine genauere Datenbasis und damit einen tiefen Einblick in den eigenen Schlaf ermöglichen mit Elektroden ausgestattete Stirnbänder, die im EEG-Messverfahren die elektrische Aktivität des Gehirns erfassen und so sehr genau feststellen können, ob Sie gerade in einer leichten Schlafphase sind, ob Sie sich im Tiefschlaf befinden oder ob Sie träumen. Jede dieser Schlafphasen erzeugt eine andere Hirnwellenfrequenz, die das Stirnband messen und an das
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