Mein digitales Ich
modisch designten Armbänder von Firmen wie Jawbone oder Nike, wie weit Sie gehen, wie schnell Sie laufen oder wie viele Stockwerke Sie an einem Tag bewältigt haben. Die Bewegung Ihres Körpers wird von den tragbaren Sensoren erfasst und in digitale Signale verwandelt. So werden Ihre Schritte, Sprung- oder Laufbewegungen von der Technik erkannt, gespeichert, gezählt und analysiert. Die rohen Bewegungs- und Aktivitätsdaten übertragen die unscheinbaren Geräte ganz automatisch an ein persönlich verwaltetes Onlineprofil, sobald sie eine Verbindung zum Internet erlangen. Anschließend können Sie Ihre körperliche Aktivität auf dem Smartphone oder per Webbrowser im Internet betrachten, dazu erhalten Sie Infografiken und Diagramme sowie Tipps zur Steigerung der eigenen Fitness und Mobilität. So wird die unsichtbare Technik in der Hosentasche möglicherweise zu einem ganz persönlichen Fitnesstrainer in Fortschrittsbalken-Optik inklusive Schritt-für-Schritt-Motivation und Freunde-Vergleich. Denn wer will, kann im Fernduell auch mit verbundenen Online-Bekannten um die Wette joggen, mit seinen 150 zu Fuß bewältigten Stockwerken prahlen oder einfach nur für sich selbst erkunden, wie viel oder wenig man sich am Tag bewegt hat.
Besonders interessant ist diese Form der digitalen Selbstvermessung für Sportler oder diejenigen, die es werden wollen. Vor allem für Anfänger sorgt das Messen der eigenen Schrittanzahl, Laufgeschwindigkeit oder zurückgelegten Distanz füreinen Einblick in das eigene Leistungsvermögen, das sich anschließend schrittweise steigern lässt. Dank der Formulierung simpler Trainingsziele nimmt die Motivation zu, sich mehr zu bewegen. Wer weiß, dass er bereits 85 Prozent seines Tagespensums geschafft bzw. erlaufen hat, dem fallen auch die restlichen zwei Jogging-Kilometer leichter. Die digitalen Fitness-Armbänder und Ansteck-Clips geben zudem ein hilfreiches Echtzeitfeedback, inklusive Trainingszwischenstand und aktueller Aktivitätsanzeige. Und ein Blick auf die persönliche Wochen- oder Monatsübersicht, die sich per Smartphone-App oder direkt im Browser betrachten lässt, kann je nach Ergebnis zusätzlich motivieren. Steigt die Aktivitätskurve in der Onlinegrafik und wurden alle Trainingsziele erreicht oder gar übertroffen, macht das Bewegen umso mehr Spaß.
Die Technik allein macht aber noch keinen fitten, beweglichen und gesünderen Körper. Denn wer auf Dauer zu wenige oder keines der selbst gesteckten Ziele erreicht und deshalb ständig auf sinkende Aktivitätskurven blicken muss, wird höchstwahrscheinlich eine ähnliche Entwicklung in der eigenen Motivation verspüren. Das digitale, in gewisser Weise also »schonungslose« Feedback kann je nach erfolgter Leistung und Persönlichkeitstyp eine Abwärts- oder Aufwärtsspirale in Gang setzen.
Essenmesser
Auch Lebensmittel lassen sich quantifizieren, also in Zahlen abbilden. In Gramm oder Kalorien zum Beispiel. Etwas abstrakterrechnen die Weight Watchers bereits seit knapp 50 Jahren am Essen herum. Jedem Lebensmittel wird dabei ein Punktwert zugewiesen, der sich aus unterschiedlichen Faktoren zusammensetzt. Diese und ähnliche Messmethoden zur Nahrungsaufnahme eignen sich perfekt für eine digitale Erfassung. Per »Food-App« auf dem Smartphone können Sie mit wenigen Klicks festhalten, wie viel Energie Sie Ihrem Körper zuführen. Wie bei einer Gemüsewaage im Supermarkt reicht ein Klick auf ein digital abgebildetes Lebensmittel. Zwei Scheiben Brot, fünf Kartoffeln, ein Cheeseburger. Im Hintergrund durchforsten die Programme riesige Ernährungsdatenbanken und errechnen beispielsweise Ihre tägliche Kalorien-, Fett- oder Vitaminaufnahme. Die Digitalisierung des Essens hat allerdings oft einen faden Beigeschmack, denn für die virtuelle Nachbereitung brauchen Sie Ausdauer. Wer die nicht mitbringt, wird schnell aufgeben. Die meisten digitalen Ernährungstabellen beherrschen leider nur die englische Sprache und können mit lokalen oder leicht abweichenden Gerichten nur wenig anfangen. Wer zudem keine Lebensmittelwaage im Haus hat, dem wird es oft sehr schwerfallen, Kalorien und andere Werte zu sammeln. Die Auflistung aller Bestandteile eines 3-Gänge-Menus ist so gut wie unmöglich und führt bei Ungeduldigen wohl eher zu einer digitalen Nulldiät. Denn die Lust am Messen vergeht umso schneller, je mehr Zeit und Nerven sie kostet.
Abhilfe schaffen sollen hier »intelligente« Kamerafunktionen, die mit moderner Bilderkennung ein Gericht
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