Mein digitales Ich
Medizin die Medizin für unsere (digitale) Gesellschaft ist. Ist das so?
eHealth und mHealth
Unter den Namen »eHealth«, »E-Gesundheit«, »Health 2.0«, »Online Health« oder auch »Cybermedizin« und »(Internet-)Consumer Health Informatics« firmieren seit einiger Zeit alle Anwendungen elektronischer Geräte zur medizinischen Versorgung und anderer Aufgaben im Gesundheitswesen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt eHealth als den »Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) für die Gesundheit«. Dazu zählt sie »die Behandlung von Patienten, die Erforschung von Krankheiten und ihren Ursachen, die Ausbildung von Arbeitskräften im Gesundheitswesen sowie das Tracken und Monitoring der öffentlichen Gesundheit« 16 .
In Deutschland gehört der Bereich eHealth bislang zum sogenannten »zweiten Gesundheitsmarkt«. Anders als der »erste Gesundheitsmarkt«, der als (Noch-)Kernbereich unserer Gesundheitswirtschaft den Bereich der »klassischen« Gesundheitsversorgung durch Krankenversicherung, Arbeitgeber, Staat und andere Sozialversicherungsträger umfasst, beinhaltet der »zweite Gesundheitsmarkt« alle privat finanzierten Produkte und Dienstleistungen rund um die Gesundheit, also zumBeispiel freiverkäufliche Arzneimittel, individuelle Gesundheitsleistungen oder Fitnessprodukte und -programme. 17
Das Journal of Medical Internet Research definiert eHealth als »wachsendes Feld in der Schnittmenge aus Medizinischer Informatik, Gesundheitswesen und Wirtschaft, verbunden mit Gesundheitsdienstleistungen und Informationen, die durchs Internet und daran gekoppelte Technologien verbreitet und gefördert werden. In einem weiteren Sinne bezeichnet der Ausdruck nicht nur eine technische Entwicklung, sondern auch einen Geisteszustand, eine Art zu denken, eine Geisteshaltung und ein Bekenntnis, durch vernetztes, globales Denken und den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien die Gesundheitsversorgung vor Ort, regional und weltweit zu verbessern.« 18
Ein zunehmend wichtiger Teilbereich der eHealth ist der Bereich mobile Health, kurz »mHealth«. Unter mHealth fallen alle Gesundheitsdienstleistungen durch mobile Endgeräte. Manche Experten gehen davon aus, dass bis zu 30 Prozent aller Smartphone-Nutzer bis 2015 Apps aus dem Bereich mHealth benutzen werden. Laut dem Hightech-Verband BITKOM hat sich die Zahl der Gesundheits-Apps seit 2010 fast verdreifacht und lag im Jahr 2011 bei etwa 15 000. 19
Gerade in der Tatsache, dass es sich bei dem rasant wachsenden Phänomen eHealth um weit mehr als nur eine technische Entwicklung handelt, nämlich um eine Denkweise, eine Haltung, ein Bekenntnis, und zwar ein Bekenntnis zu vernetztem und globalem Denken und dem Willen, das Gesundheitswesen durch Informations- und Kommunikationstechnologien zuverbessern, zeigt sich auch hier die enorme Bedeutung der Kulturzugehörigkeit des Konzepts »Gesundheit«.
Wer generell Vorbehalte gegenüber dem Internet hat, selbst möglichst wenig Zeit vor Computern verbringt und den Kauf eines Smartphones aus Überzeugung verweigert, wird sich wohl auch für die Idee eHealth nicht erwärmen können, geschweige denn selbst derartige Gesundheitsservices in Anspruch nehmen. Wer dagegen ohnehin technikaffin ist, sich viel im Internet bewegt und Spaß an neuen digitalen Artefakten hat, wird eHealth als überfälligen Schritt des Gesundheitswesens in die richtige Richtung preisen, nämlich in die Richtung, in die sich sowieso alles längst bewegt: zum digitalen Ich in der digitalen Gesellschaft.
Bedenkt man, dass sowohl der Gesundheitssektor als auch die IT-Branche weltweit zu den größten Wachstumsmärkten zählen, liegt die Vorstellung nahe, dass eHealth und mHealth unser Gesundheitssystem in absehbarer Zukunft ähnlich eindrucksvoll verändern werden wie beispielsweise das Handy die Telekommunikation.
Demokratisierung der Medizin oder Gesundheitsdiktatur?
Birgt das Thema »Quantified Self« insgesamt schon viel gesellschaftlichen Zündstoff, so gilt dies erst recht für die medizinische Anwendung. Selbstvermessung in der Medizin – eine Vorstellung, die bei den einen für Euphorie sorgt und bei den anderen für Horrorvisionen.
Beim Quantified-Self-Treffen im Januar 2013 in der Berliner c-base, dem Hauptquartier der Berliner Hackerszene, treffen wir auf den Biohacker und Mediziner Dr. Ralf Belusa. Als Neuromediziner und Start-up-Unternehmer ist er ein großer Fan des Big-Data-Ansatzes. Seit ungefähr
Weitere Kostenlose Bücher