Mein Ex, seine Familie, die Wildnis und ich (German Edition)
schaute sie sofort panisch die Reihe der Camper und Zelte entlang. „Wo schlafe ich überhaupt?“
Joe lächelte immer noch, obwohl Terry inzwischen gegangen war und mit dem Mädchen, das wohl ihre Tochter war, ihren Campingwagen bewohnbar machte. „In der Hütte, gleich um die Ecke“, antwortete er.
„In der Hütte?“ Das klang nicht allzu schlecht. „Du meinst, so richtig mit Wänden und einer Tür und einem Bett?“
„Sogar mit Elektroanschlüssen.“
Keri schnaubte. „Nachdem ich ja alle elektrischen Geräte zu Hause lassen musste, werden sich die als besonders nützlich erweisen.“
„Fahr dein Auto hier ran. Vielleicht können wir so deine Sachen ausladen, bevor die ganze Familie rauskriegt, dass du da bist. Sie sind alle zum Laden gegangen, um den Campingplatzbesitzern Hallo zu sagen und Feuerholz zu kaufen.“
Keri fuhr ihren gemieteten Kleinwagen den engen Schotterweg hoch und parkte vor der ersten Hütte neben Joes riesigem Geländewagen. Das Häuschen war zwar klein, wirkte aber solide und hatte sogar eine schöne, kleine Veranda.
Auf Joes Zeichen hin öffnete sie die Tür und ging hinein. Von innen sah die Hütte noch kleiner aus. Doch es gab Deckenventilatoren, einen Gaskamin und eine kleine Sitzecke. Im hinteren Teil standen ein Doppelbett und ein Etagenbett. Ein farbenfroher Webteppich bedeckte den Dielenboden.
Und Joes Sachen waren über jeden Quadratzentimeter verteilt. Nur der untere Teil des Etagenbetts war frei. „Was ist das?“, fragte Keri.
„Unsere Hütte. Du musst im Etagenbett schlafen, weil ich der berühmte Schriftsteller bin.“
„Du bist ein ganz schön
bekloppter
berühmter Schriftsteller, wenn du meinst, dass ich mit dir unter einem Dach schlafe.“
„Die anderen Hütten sind für die nächsten Wochen ausgebucht. Du kannst aber natürlich gerne nach Hause fahren. Ich bin sicher, deine Chefin würde das verstehen.“
„Oder du schläfst in meinem Zelt.“
Keri wirbelte beim Klang der zweiten männlichen Stimme herum. Der Mann war unglaublich groß, unglaublich muskulös und … „Oh Gott. Kevin? Mit was zum Teufel haben sie dich denn gefüttert?“
„Bier und Steak, dreimal täglich. Du siehst super aus, Keri. Wir haben uns echt lange nicht gesehen.“
Sie überlegte, wie viel jünger er als sie, Joe und Terry war. Sechs Jahre? So ungefähr. Als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, war er schlaksig gewesen und hatte Pickel gehabt. Das war jetzt nicht mehr der Fall.
„Du passt doch kaum alleine in dein Zelt rein“, sagte Joe zu ihm, bevor Keri sich eine passende Antwort ausdenken konnte. „Wo soll denn da noch eine Frau Platz haben?“
„Sie könnte auf mir liegen.“
„Hau ab“, meinte Joe, und Keri lachte. „Aber hol Keris Sachen aus dem Auto, bevor du gehst.“
Kevin seufzte und warf Keri einen bedauernden Blick zu. „Es ist ein hartes Schicksal, der einzige Kowalski mit Muskeln zu sein.“
Damit verschwand er. Keri nahm sich einen Augenblick Zeit, um sich zu beruhigen. Ohne Erfolg. Sogar nach fast zwanzig Jahren in Kalifornien war es ihr nicht gelungen, ihr Zentrum, ihr Chi, ihr Zen oder was auch immer zu finden.
Entweder zog sie für vierzehn Tage mit Joe Kowalski in diese Hütte. Oder ihre Karriere war im Eimer, und sie würde sich eine heruntergekommene Wohnung mit einem Fremden teilen müssen.
Und dann fragte sie sich, ob Pyjamas für Joe wohl auch optional waren. Plötzlich musste sie ganz schnell den Deckenventilator einschalten. Es war auf einmal so heiß in der Hütte. Sie war sich nicht ganz sicher, ob ein Joe ohne Pyjama ein Vor- oder ein Nachteil war. Und
das
war erst recht schlecht für ihr Zen!
Kevin kam zurück und stellte ihre Sachen neben der Tür ab. „Ich hab die Meute abgefangen und zurückgedrängt. Ich würde sagen, du hast maximal fünfzehn Minuten, bis sie zurückkommen.“
Und damit war er weg. Keri atmete noch einmal tief durch und versuchte, sich für die kommenden Stunden, Tage und Wochen zu wappnen. Auch diesmal ohne Erfolg.
„Das ist so was von unprofessionell von dir“, warf sie Joe vor, der mit riesigem Tamtam sein Kissen aufschüttelte und seine sehr bequem aussehende Matratze austestete.
„Genau. Dass ich für dich mein Privatleben den Massen preisgeben soll, nur weil wir beide vor zwanzig Jahren mal Sex hatten, ist dagegen natürlich der Inbegriff der Professionalität.“
Keri ging zu ihrem Bett hinüber, um ihre eigene Matratze auszuprobieren. Es war genau das, wonach es aussah: ein unbequemes
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