Mein Ex, seine Familie, die Wildnis und ich (German Edition)
„Wie geht es Lisa?“
„Sie glaubt, ihr Mann will sie verlassen.“
„Und die Jungs?“
„Die tun so, als wären sie wahnsinnig beschäftigt, damit die Erwachsenen sich keine Sorgen machen.“
„Glaubst du, dass er zurückkommt?“
„Da er meine Schlüssel mitgenommen und mein Auto geklaut hat, würde ich ihm das dringend raten.“
„Vielleicht sollten wir mit den Kindern in die Pizzeria gehen oder so was.“
„Würdest du das tun?“
Keri lachte. „Ich weiß, dass sie schwerer zu hüten sind als ein Sack Flöhe. Aber ich habe gelesen, dass Kinder Spannungen in der Familie spüren und dass sie das aus dem Gleichgewicht bringt. So robust deine Neffen sind: Ich will mir lieber nicht vorstellen, wie sie drauf sind, wenn sie innerlich aus dem Gleichgewicht kommen.“
Joe lächelte schwach. „Willst du eigentlich Kinder?“
Die Frage traf sie vollkommen unerwartet. „Ich weiß nicht. Ich habe wohl irgendwann aufgehört, darüber nachzudenken. Wenn ich meine Karriereziele erreiche und einen Mann habe, bin ich wahrscheinlich so alt, dass ich höchstens noch im Pflegeheim entbinden kann. Was ist mit dir?“
„Nein, ich glaube nicht.“
„Warum nicht? Deine Familie hat dir immer alles bedeutet, und du wärst sicherlich ein toller Vater.“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich war eine ganze Zeit lang ziemlich mit mir selbst beschäftigt. Trinken und Schreiben haben mein gesamtes Leben bestimmt. Und seit Lauren weg ist … habe ich Steph und die Jungs. Und Onkel Joe zu sein reicht mir eigentlich.“
In seinen Augen erkannte Keri eine Traurigkeit, die sie nie zuvor an ihm bemerkt hatte. Die Probleme seines Bruders waren sicher nicht der einzige Grund dafür.
„Sie werden erwachsen“, fuhr er fort und marschierte vor der Heizung auf und ab. „Joey heute … Ich war so verdammt stolz auf ihn. Gleichzeitig tut es weh, dass es nicht mein Sohn ist, auf den ich stolz sein kann. Ich war in dem Moment fast wütend auf Mike, weil er Joeys Vater ist.“
Keri wusste nicht, was sie sagen sollte. Das Schweigen breitete sich aus.
„Also, was ist jetzt mit der Pizza?“, fragte sie schließlich.
„Ich weiß das Angebot zu schätzen, aber die anderen haben mich hergeschickt, damit ich dich zum Abendessen hole. Außerdem hat Mike ja mein Auto geklaut. In deinen Mietwagen passen wir nicht alle zusammen rein, und zu Fuß ist es ein langer Weg bis zur Pizzeria.“
Keri verstaute ihren Notizblock, zog sich ein Sweatshirt über und folgte Joe nach draußen. Sie hoffte, dass der dickere Stoff auch die zäheren unter den Mücken abhalten würde. Außerdem war es nach Sonnenuntergang nicht mehr so warm.
Mit Ausnahme von Mike saß die gesamte Familie ums Lagerfeuer herum und verteilte gerade die Zutaten für Marshmallow-Keks-Sandwiches untereinander. Die Kowalskis mussten in Windeseile ihr Abendessen verschlungen haben, während Joe und sie sich gegenseitig runtergezogen hatten.
„Ich habe für jeden von euch einen Teller aufgehoben“, rief Mary ihnen zu. „Beeilt euch und esst, ehe die ganze Schokolade weg ist.“
Keri leckte gerade Barbecuesoße von ihren Fingern ab, als ein Wagen auf den Zeltplatz gefahren kam. Die anderen mussten Joes SUV bereits am Motorengeräusch erkannt haben, denn die Anspannung stieg merklich.
Mike stellte das Auto ab und warf Joe die Schlüssel zu. Er öffnete die Heckklappe und nahm einen riesengroßen Geschenkkarton heraus, den er kaum in Richtung Lisa schleppen konnte, weil er so sperrig war. Als Mike fast ins Lagerfeuer gefallen wäre, weil er nichts sehen konnte, kam Kevin ihm zu Hilfe.
„Ich hatte es bei Ma zu Hause versteckt“, sagte Mike nervös und außer Atem zu Lisa. „Es ist dein Geburtstagsgeschenk.“
„Aber ich habe erst in zwei Monaten Geburtstag.“
„Das weiß ich, du bekommst es eben früher.“
Bobby ließ seine Marshmallows in die Kohlen fallen und wäre beinahe hinterhergestürzt, so schnell versuchte er, zu seinem Vater zu kommen. „Kann ich meins auch früher haben? Ist es eine Wii? Kann ich sie jetzt haben?“
„Nein, das verrate ich dir nicht, und nein. Mach es auf, Lisa.“
Keri konnte nicht anders: Sie rückte näher an Lisa heran, die endlos lange an der Schleife herumfummelte. Sie selbst neigte dazu, Geschenkpapier einfach herunterzureißen. Deshalb juckte es sie jetzt in den Fingern, nach dem Papier zu greifen und kräftig daran zu ziehen. Aber sie beherrschte sich.
Kurz bevor Keri es nicht mehr aushalten konnte, hatte Lisa endlich das
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