Mein Ex, seine Familie, die Wildnis und ich (German Edition)
Papier fein säuberlich auseinandergefaltet und den Deckel geöffnet. Keri stellte sich auf die Zehenspitzen und verdrehte den Hals. So konnte sie erkennen, dass sich im Innern eine weitere, ebenso bunt eingepackte Schachtel verbarg.
Drei Schachteln später hielt Bobby einen neuen Marshmallow viel zu weit vom Feuer weg, Kevin schien in seinem Sessel fast einzunicken, und Lisa lächelte wesentlich weniger breit.
„Ich hatte mir das viel lustiger vorgestellt“, murmelte Mike.
Es waren noch zwei Kartons zu bewältigen, ehe Lisa zu Keris Erleichterung die Schleifen einfach aufschnitt und das Papier abriss. Als sie sich endlich bis zu einem Paket vorangearbeitet hatte, das nur noch die Größe eines Oberhemds hatte, brauchte Lisa erst einmal etwas zu trinken.
In diesem Päckchen befand sich eine dunkelblaue Mappe mit goldener Schrift auf dem Deckel. Keri schob sich näher heran und versuchte, im Dämmerlicht die Buchstaben zu entziffern.
„Ein Reisebüro?“ Lisa öffnete die Mappe und schlug eine Hand vor den Mund.
„Eine zweiwöchige Karibik-Kreuzfahrt“, erklärte Mike allen, die das Schauspiel beim Auspacken bis zum Ende verfolgt hatten. Lisa war noch immer sprachlos, langsam blätterte sie die Seiten um. „Unsere Hochzeitsreise“, fügte Mike hinzu. „Endlich.“
Lisa zog einen cremefarbenen Bogen zwischen den Seiten hervor. „Was hat das zu bedeuten?“
„Das ist eine Reservierung für eine Trauungszeremonie bei Sonnenuntergang an Bord des Schiffes. Ich dachte, wir sollten noch einmal heiraten – so ganz unter uns, ohne die Kinder. Ich habe drei Jahre lang gespart und darauf gewartet, dass Bobby in die Schule kommt, damit Terry und Ma nicht ganz so viel Arbeit haben, wenn sie die Kinder für zwei Wochen nehmen. Deshalb … Nur deshalb bin ich so durchgedreht, als du gesagt hast, dass du jetzt sofort noch ein Baby haben möchtest.“
„Wir sollen noch einmal heiraten? Aber warum denn?“
„Weil ich es möchte. Nicht, weil wir heiraten müssen oder weil es von mir erwartet wird. Nur weil ich es will.“
Da niemand mehr auf sie achtgab, hatten die Kinder angefangen, immer größere Marshmallow-Keks-Sandwiches zu fabrizieren. Mittlerweile war alles im Umkreis von fünf Metern mit verkrusteten Marshmallows bedeckt, doch das kümmerte Keri im Moment nicht. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ein Papiertaschentuch zu suchen. Anscheinend hatten Terry und Mary die bei sich gehortet.
„Ich hatte eigentlich vor, das Ganze ein bisschen privater zu gestalten“, fuhr Mike fort. „Für den Fall, dass du nicht willst. Aber jetzt schien mir dann doch der richtige Zeitpunkt dafür gekommen zu sein.“
Lisa wischte sich wie eine Wilde mit der Hand über die Augen, damit die Tränen die Papiere auf ihrem Schoß nicht aufweichten. Dann hielt sie inne. „Warum sollte ich nicht wollen? Was redest du da?“
„Hast du dir schon mal überlegt, dass ich mich gefragt haben könnte, ob du mich vielleicht nur geheiratet hast, weil wir es mussten? Oder ob du vielleicht nur bei mir bleibst, weil du keine alleinerziehende Mutter von vier Kindern sein willst?“
„Ich … Nein. Ich habe dich immer geliebt, ich dachte, das wüsstest du.“
„Und ich dachte, du wüsstest, dass ich dich immer geliebt habe.“
„Oh.“ Lisa drückte die Mappe an ihre Brust und lächelte unter Tränen. „Ich brauche ein neues Kleid.“
Mike verdrehte die Augen, und die Männer um ihn herum lachten. „Als ob ich mir das jetzt noch leisten könnte.“
Lisa warf sich in die Arme ihres Mannes, während einer der Jungs Kotzgeräusche machte. Dann beschäftigten sich alle schnell wieder mit den süßen Sandwiches.
Alle außer Keri. Der Rest der Familie amüsierte sich gerade über die Marshmallowflecken auf Kevins Hintern und die Schokolade in Bobbys Haaren, sodass zum Glück niemand bemerkte, wie sie in die Hütte zurückschlich. Wenn es von Joe dafür eine Frage Abzug gab – bitte sehr!
Drinnen machte sie kein Licht, sondern kroch sofort in eine Koje und zog sich die Decke über den Kopf.
Der Neid nagte an ihr. Wie verrückt war das denn? Nicht im Traum hätte Keri geglaubt, dass sie je auf eine Frau neidisch sein könnte, die von so vielen Selbstzweifeln geplagt wurde – deren Karriere aus Schmutzwäsche und Fahrgemeinschaften bestand und die vier laufenden und sprechenden Massenzerstörungswaffen das Leben geschenkt hatte.
Verdammt, im Moment war sie sogar neidisch auf Terry. Sicher, ihr Mann hatte sie verlassen. Doch
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