Mein feuriges Herz
keine Gefahr für ihn dar?
Gray war neugieriger denn je und gleichzeitig sehr erleichtert. Er vertraute Dolph Petersen. Wenn er sagte, er müsse sich keine Sorgen wegen Mrs. Moss machen, konnte er getrost seine Verführung weiterverfolgen.
Er schob den Brief in die Tasche seines Gehrocks und kehrte zur Tischgesellschaft zurück, in der Hoffnung, dass Rebecca und Bethany in seiner Abwesenheit ihre Krallen nicht allzu tief in Letty Moss’ zartes Fleisch geschlagen hatten.
Sie wollte fliehen. Der Lunch hatte sich unerträglich in die Länge gezogen. Sie saß dem Earl und der Countess gegenüber, und jedes Mal, wenn die Dame ihm ihre verlockenden Blicke zuwarf, ihre kirschroten Lippen befeuchtete und ihn anlächelte, hatte es Corrie in den Fingern gejuckt, der schamlosen Person das Gesicht zu zerkratzen.
Diese Frau war eine Schlange und letztlich genau die Richtige für den teuflischen Earl.
Sobald die Tafel aufgehoben wurde, entschuldigte Corrie sich, eilte in ihr Zimmer und zog ihr Reitkostüm an. Bei dem gestrigen Ausflug mit Gray hatte sie ihre Leidenschaft fürs Reiten entdeckt, und sie hatte Vertrauen zu Tulip. Es drängte sie, durch die Landschaft zu galoppieren und sein Bild zu verdrängen, das sie ständig verfolgte.
Vor dem Stall wartete sie, bis Dickey Michaels ihr das gesattelte Pferd brachte.
Er warf einen bedenklichen Blick zum Himmel. „Ich weiß nicht recht, sieht fast so aus, als komme ein Gewitter auf. Vielleicht sollten Sie lieber nicht ausreiten.“
„Ach was, Dickey, ich bin ja bald wieder zurück.“
Er nickte. „Wie Sie meinen. Ich sattle mir ein Pferd, und dann können wir gleich losreiten.“
„Moment, Dickey – es ist zwar freundlich, dass du mich begleiten willst, aber ich kenne mich in der Gegend schon ein wenig aus und reite lieber allein.“
Die sandfarbenen Brauen des Burschen zogen sich in der Stirnmitte zusammen. „Seine Lordschaft zieht mir das Fell über die Ohren, wenn ich Sie alleine reiten lasse.“
„Ich lege ein gutes Wort für dich ein. Sag ihm, ich habe darauf bestanden, allein zu reiten. In ein paar Stunden bin ich wieder zurück.“
Homer kam schweifwedelnd angerannt und wollte sie ebenfalls begleiten. „Nein, diesmal nicht, mein Freund.“ Und an den Stallburschen gewandt, fügte sie hinzu: „Halt ihn fest, bis ich außer Sicht bin.“
Corrie wollte allein sein. Nicht einmal auf Homers Gesellschaft legte sie Wert.
Sie lenkte Tulip in die Richtung, die sie gestern mit Gray eingeschlagen hatte, und brachte die Stute in einen leichten Trab. Der Wind hatte aufgefrischt, der Himmel hatte sich bewölkt, aber das Gewitter schien noch weit weg zu sein.
Sie wollte nicht lange fortbleiben, nur so lange, bis sie wieder einen klaren Kopf und ihren inneren Aufruhr beruhigt hatte.
Nicht zum ersten Mal seit ihrem Aufenthalt im Schloss verspürte sie Heimweh. In London wäre es ihr möglich, sich von Gray und den befremdlichen Empfindungen, die er in ihr aufwühlte, zu befreien. London und ihre Arbeit für Heart to Heart waren ihr nie verlockender erschienen. Aber sie war noch nicht bereit, die Flinte ins Korn zu werfen. Sie hatte sich an Laurels Grab geschworen, die Wahrheit herauszufinden. Zwar hatte sie schon einige Fortschritte gemacht, war aber noch längst nicht zufrieden. Sie brauchte etwas Zeit für sich, um ihre Gedanken zu sammeln, um Rebeccas spitzen Bemerkungen und dem blasierten Gehabe der Countess zu entrinnen, und nicht zuletzt, um vor Gray zu fliehen und den unerwünschten Gefühlen, die er in ihr weckte.
Als der Wind noch mehr auffrischte, zuckte sie lediglich mit den Achseln. Auch als Tulip vor einem aufgeschreckten Hasen scheute und die Reiterin beinahe abwarf, kümmerte sie sich nicht darum. Im Gegenteil, sie spornte die Stute zum Galopp an und fühlte sich zum ersten Mal seit Tagen frei und unbeschwert.
15. KAPITEL
Gray suchte Letty im Schloss, dann im Garten. Und als er endlich auf die Idee kam, sie könne in den Stall gegangen sein, um Homer zu besuchen, war fast eine Stunde verstrichen.
„Hast du Mrs. Moss gesehen?“, fragte er Dickey Michaels, der eine Pferdebox ausmistete.
„Ja, M’lord. Sie ist vor einer Weile mit Tulip ausgeritten.“
„Allein?“
Er nickte. „Ich wollte sie begleiten, aber das wollte sie nicht. Nicht einmal Homer wollte sie mitnehmen.“
Gray unterdrückte einen Fluch. Es war nicht Dickeys Schuld, sondern ganz allein seine. Er hätte sich denken können, dass sie wegen dieses grässlichen Mittagessens mit
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