Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Flirt mit der Blutfrau

Mein Flirt mit der Blutfrau

Titel: Mein Flirt mit der Blutfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
nach.
    Irgendwie war mir Lavinia di Luna zwar nicht gerade unheimlich, aber als normal konnte ich sie auch nicht einstufen. Diese Frau gab mir nicht nur Rätsel auf, sie war ein Ratsei. Ich lächelte, als ich daran dachte, daß ich noch einige Tage Zeit hatte, um das Rätsel zu lösen. Beim Ausdrücken der Zigarette fiel mein Blick auf die weiße Tischdecke und auch dorthin, wo Lavinia gesessen hatte.
    Genau an der Stelle fiel mir etwas auf. Es waren dunklere Flecken, die leicht verwaschen aussahen, so als hätte jemand versucht, rote Tinte aus dem Stoff zu entfernen und es nicht ganz geschafft. Waren die Flecken vorhin schon gewesen?
    Ich beugte mich über den Tisch und strich mit der Fingerkuppe darüber. Es fühlte sich feucht an.
    Ich dachte nicht nur an Tinte. Eine andere rote Flüssigkeit kam mir automatisch in den Sinn.
    Blut!
    Konnte es Blut sein? Wenn ja, dann mußte dieses Blut von Lavinia di Luna stammen.
    Juans Schatten fiel über meine Hand. Der Kellner war gekommen, um die Rechnung zu bringen. Ich zahlte den Betrag und legte ein Trinkgeld drauf. Juan bedankte sich und wollte gehen.
    »Moment noch, bitte.«
    Er schaute mich fragend an und sah, wie ich mit dem rechten Zeigefinger auf die Flecken deutete. »Was kann das sein?«
    Er hob die Schultern, bevor er zögernd fragte: »Vielleicht Wein?«
    »Nein, wir haben keinen Rotwein zu uns genommen. Ich denke an etwas anderes. Blut…«
    Juan atmete scharf durch die Nase. »Das glaube ich nicht, Señor. Nein, wer sollte denn…«
    »Lavinia di Luna, zum Beispiel.« Bei dieser Antwort hatte ich ihn angeschaut und merkte auch die Unruhe in seinem Gesicht. Seine Mundwinkel zuckten, er war nervös geworden und schüttelte trotzdem den Kopf.
    »Ich habe keine Erklärung.«
    »Okay, es kann auch Tinte sein. Danke sehr.«
    »Si, Señor…«
    Er ging schnell weg. Ich schaute ihm nach und hob mein frisch gefülltes Weinglas an. Der Weiße gehörte zwar nicht zu den kräftigen Weinen, doch ich hatte einiges von ihm getrunken und merkte seine Wirkung schon. Was sollte es? Ich brauchte nicht mehr zu fahren, nur hochgehen und mich ins Bett legen.
    Allein blieb ich auch weiterhin am Tisch sitzen und dachte über Lavinia di Luna nach. So sehr ich mich auch quälte und gedanklich bewegte, ich kam zu keinem Ergebnis. Diese Frau war und blieb für mich auch weiterhin ein Rätsel.
    Ein Rest schimmere noch in der schlanken Karaffe. Man soll nichts umkommen lassen, dachte ich und füllte mein Glas noch einmal bis zur Hälfte. Es war der berühmte Absacker. Ich rauchte noch eine zweite Zigarette und beschäftigte mich gedanklich weiterhin mit meiner neuen Bekanntschaft.
    Dabei dachte ich auch an meine Freunde in London.
    Wenn mich Bill Conolly so erlebt hätte, der wäre aus dem Lachen nicht mehr herausgekommen. Suko ebenfalls, und Glenda wäre sauer gewesen, Jane Collins natürlich auch. Sie waren weit weg, ich machte Urlaub und nahm den letzten Schluck Wein auf die noch vor mir liegenden Tage.
    Einige Minuten später drückte ich die Zigarette aus und erhob mich. Beim Aufstehen stellte ich fest, daß ich so ganz nüchtern nicht mehr war. Zumindest hätte ich mich nicht mehr ans Steuer gesetzt. Mit sehr langsamen Schritten bewegte ich mich auf die Hotelhalle zu. Die Ober grüßten freundlich, manch schadenfroher Blick begleitete mich, weil viele sich daran ergötzten, daß ich es nicht geschafft hatte, meine neue Bekanntschaft mit auf das Zimmer zu nehmen. Es waren nicht nur Männer, die mir schadenfroh hinterherschauten. Den Zimmerschlüssel bekam ich an der Rezeption.
    »Buenas noches, Senor Sinclair«, wünschte man mir. Ich grüßte zurück und stieg gähnend die Stufen der breiten Treppe hoch. Es war noch nicht sehr spät, eine Stunde vor Mitternacht, dennoch spürte ich eine bleierne Müdigkeit. Das lag nicht allein am genossenen Wein, auch der Reisetag war anstrengend gewesen.
    Mein Zimmer war für die Nacht hergerichtet. Man hatte das Bett aufgeschlagen, eine kleine Lampe brannte, die Tür zum Balkon stand offen. Die frische Luft wehte die Gardinen wie lange Schals in den Raum hinein.
    Ich ging noch einmal auf den Balkon.
    Dort sah ich die Flecken wieder. Dunkle Spritzer auf den ziemlich hellen Steinen.
    Wieder fühlte ich nach und stellte fest, daß feuchte Flecken an der Kuppe zurückblieben.
    »Unsinn«, flüsterte ich, »du spinnst mal wieder.« Ich ging zurück in das Zimmer, schloß die Tür von innen, zog mich aus, legte mich ins Bett und schlief sofort ein.

Weitere Kostenlose Bücher