Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry
und wandte sich dem Billardzimmer zu. Der Raum stank vor Rauch und Schweißgeruch. Auf den Tischen standen Bierlachen und überfüllte Aschenbecher. In einer Ecke kauerte Steff Elm und starrte dem Kommissar mit käsigem Gesicht entgegen.
„Wollen Sie hier übernachten?“ fragte Morry ironisch. „Wo sind denn Ihre Freunde?“
„Alle weggegangen, Sir“, stotterte Steff Elm aufgeregt. „Ich bin gern allein. Man kann heute niemand mehr vertrauen.“
„Da haben Sie recht“, lächelte Morry spöttisch. „Auch ich traue Ihren Freunden nicht über den Weg. Sie sind dringend verdächtig, mit den Chinesen im Hafen verbotenen Rauschgifthandel zu treiben. Hoffentlich erwische ich die Burschen bald auf frischer Tat. Dann wird das schmutzige Geschäft über Nacht ein Ende finden. Und auch die Morde dürften dann rasch aufhören.“
Steff Elm machte entsetzte Augen. „Von welchen Morden sprechen Sie, Sir?“ würgte er hervor.
„Nun“, meinte der Kommissar gedehnt. „Es sieht fast so aus, als wäre John Dallas eines gewaltsamen Todes gestorben. Wollen wir das ruhig einmal annehmen. Bei Rex Coombe ist die Sache sowieso glatt. Er wurde nachweislich durch einen Pistolenschuß getötet. Er starb vor einer knappen Stunde am Millwall Dock im Hafen.“
Steff Elm glich in dieser Sekunde einer erschreckten Ratte. Seine kleinen Augen liefen unstet hin und her. Das Entsetzen hielt ihn derart in den Klauen, daß er kaum den Mund aufbrachte.
„Ich habe es geahnt“, murmelte er schließlich. „Ich habe es seit langem geahnt. Es mußte ja so kommen.“
Der Kommissar hakte rasch ein. „Wieso mußte es so kommen? Was wollen Sie damit sagen? Heraus mit der Sprache!“
Steff Elm wurde klein wie eine Spitzmaus. Er druckste hin und druckste her. Kein vernünftiges Wort wollte über seine Lippen.
„Wer hat nach Ihrer Meinung John Dallas ermordet?“ fragte Morry scharf.
„Ich weiß nicht, Kommissar“, hüstelte Steff Elm ängstlich. „Vielleicht war es Ray Mortimer. Dieser Zinker ist mir der unheimlichste von allen. Kann aber auch sein, daß es einer der Gelben war. Die Chinesen im Hafenviertel waren seit langem mit John Dallas unzufrieden. Sie konnten nicht recht mit ihm ins Geschäft kommen. Mehr kann ich nicht sagen, Sir, Sie verstehen?“
„Und wer hat Ihrer Ansicht nach Rex Coombe auf dem Gewissen?“
Steff Elm zuckte mit den Achseln. „Es wird der gleiche Mörder sein, Sir! Ich tippe auch diesmal zuerst auf Ray Mortimer. Dieser Teufel wird sich an uns rächen wollen. Ich glaube auch gar nicht, daß er sein Gedächtnis verloren hat. Er spielt uns allen nur ein Theater vor.“
Der Kommissar musterte den kleinen Mann mit überlegener Ironie. Es schien ihm Spaß zu machen, die Angst des gehetzten Gauners zu genießen. „Haben Sie nicht auch das Gefühl, daß es mit Ihrem Verein steil bergab geht?“ fragte er lauernd. „Ich gebe Ihnen höchstens noch acht Tage Zeit. Dann wird der große Gefängniswagen vor der Sodom Bar halten.“
„Hoffentlich nicht, Sir“, ächzte Steff Elm mit hervorquellenden Augen. „Ich bin ja eigentlich auch erleichtert, daß John Dallas tot ist. Er hätte sicher nie Ruhe gegeben. Er wäre immer wieder den Chinks nachgeschlichen. Wir dagegen wollen unsere Hände sauber halten. Ich persönlich bin...“
„Ich weiß“, nickte Morry sanft. „Kein Engel ist so rein.“
Er tippte flüchtig an den Hut, verließ das Billardzimmer und ging nach vorn in die Barstube. Cilly Saddler, die Bedienung, stand untätig am Büfett. Sie erschrak, als sie ihn sah. Ein Schatten von Angst und Unruhe wanderte über ihr Gesicht.
„Wollen Sie zu mir, Sir?“ fragte sie stockend.
„Hm!‘ brummte der Kommissar. „Ich wollte tatsächlich zu Ihnen. Habe eine kurze Frage an Sie, Miß Saddler. Hören Sie gut zu: Was wissen Sie von Ray Mortimer?“
Aus dem hübschen Mädchengesicht wich die letzte Farbe. „Nichts, Sir“, stotterte sie. „Bestimmt nichts.“
„Ich lasse Sie sofort festnehmen“, zischte Morry in gefährlich leisem Ton. „Ich werde Sie vom Fleck weg verhaften, wenn Sie mich noch einmal belügen. Was wissen Sie von Ray Mortimer?“
„Er kam eines Tages in die Bar und wollte etwas zu trinken haben. Er war müde und durstig von der Reise.“
„Wann war das?“
„Vor einem Jahr etwa.“
„Woher kam er?“
„Aus Asien, Sir! Ich glaube, aus Singapore. Er fragte mich, ob ich eine bescheidene Wohnung für ihn wüßte. Er wollte gern im Hafenviertel logieren. Möglichst in der Nähe
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