Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Titel: Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
merkwürdig scharf und wachsam.
    „Wollen wir gehen?“ fragte Ruth Levan bittend.
    Ray Mortimer zahlte und schloß sich ihr an. Draußen auf der Straße wirbelten die ersten Flocken des Spätherbstes nieder. Es war ein dünner, wäßriger Schnee. Der Wind trieb ihn stürmisch über die Straße. Ruth Levan steuerte ihren Wagen auf geradem Wege nach Belgravia. Am Wilton Creszent hielt sie an.
    „Wir sind da", meinte sie lächelnd. „Steigen Sie bitte aus!“
    Ray Mortimer starrte forschend auf die altertümliche Villa, die grau und düster hinter den verwilderten Sträuchern lag. Die Fenster waren dunkel. Kein Lichtschein fiel in den Garten.
    „Vater schläft schon“, sagte Ruth Levan flüchtig. „Wir werden ganz allein sein. Es ist mir auch am liebsten so.“
    Sie führte ihren Gast die Treppe hinauf in ihr eigenes Zimmer. Es war sicher der schönste Raum im ganzen Hause. Weiche Felle und Teppiche bedeckten den Boden. Aus dem Kamin leuchtete rote Glut. Die Möbel waren kostbar und sehr elegant. Ruth Levan machte nicht viel Umstände. Sie bereitete den Tee und kam dann mit einer dampfenden Kanne in das Zimmer. Sie war eine aufmerksame Gastgeberin. Sie füllte die Tassen und stellte Gebäck bereit. Alle ihre Bewegungen waren von seltener Anmut.
    „Was haben Sie denn?“ fragte sie plötzlich. „Sie hören mir ja gar nicht zu.“
    Ray Mortimer hörte wirklich nicht auf ihre zärtlichen Worte. Er lauschte in die stillen Flure hinaus. Irgendein Geräusch machte ihn stutzig. „Wir sind doch hier nicht allein“, meinte er argwöhnisch. „Da ist doch jemand. Wer geistert denn hier herum?“
    Ruth Levan wurde um einen Schein blasser. „Sie täuschen sich“, erwiderte sie hastig. „In einem alten Haus gibt es viele Geräusche. Lassen Sie sich dadurch nicht stören.“
    Sie griff nach seiner Hand. „Bitte bleiben Sie, Mr. Mortimer! Bleiben Sie bis zum Morgen, wenn Sie wollen. Ich möchte jetzt nicht allein sein.“
    In diesem Moment erlosch das Licht. Es erlosch so plötzlich, daß Ray Mortimer verstört vom Stuhl aufsprang. „Na also“, knurrte er verächtlich. „Das war der Sinn dieser zärtlichen Stunde. Ich sollte arglos in die Falle gehen, wie? Sie spielten nur den Lockvogel für Ihren werten Bräutigam.“
    „Was reden Sie denn da?“ stieß Ruth Levan empört hervor. „Es ist ein Kurzschluß, weiter nichts. Bleiben Sie doch.“  
    „Nein, danke bestens. Ich weiß, was ich hier zu erwarten hätte.“
    Er tappte rasch auf dieTür zu und riß die Pistole aus der Tasche. Die Flure gähnten ihm finster entgegen. Auch die Treppe lag in tiefster Dunkelheit. Ray Mortimer streckte tastend die Linke aus. Schritt für Schritt bahnte er sich seinen Weg. In jedem Winkel, in jeder Ecke lauerten tödliche Gefahren. Er spürte diese Gefahr in jedem Nerv. Vorsicht, raunte eine Stimme in ihm. Dieses Haus ist eine einzige Falle. Es beherbergt einen Mörder. Du bist auf Schritt und Tritt von Tücke und Verrat umgeben.
    Er fand das Stiegengeländer. Langsam tastete er sich daran hinunter. Die Stufen knarrten leise unter seinen Tritten. Dann stockte er plötzlich. Wieder klang ein leises Geräusch an seine Ohren. Die Haustür war eben ins Schloß gefallen. Dünn und blechern schnappte das Schloß ein. Dann wieder Stille. Ray Mortimer fluchte grimmig in sich hinein. Die Finsternis machte ihn völlig hilflos. Er sah kaum die Hand vor den Augen. Er wußte nicht, wo sich sein Feind verbarg. Er konnte überall auf ihn lauern. Schon auf der nächsten Stufe mochte sein Weg für immer zu Ende sein. Jede Sekunde konnte der gefürchtete Schuß fallen.
    Endlich lag die Halle vor ihm. Jetzt begann die gefährlichste Wegstrecke. Wenn ein Mörder in der Nähe lauerte, so mußte er jetzt zum Angriff übergehen. Sekunde um Sekunde verstrich. Ray Mortimer brachte Meter um Meter hinter sich. Er erreichte die Tür. Ein paar Sekunden noch, dann war die größte Gefahr vorüber. Hastig griff er nach der Klinke, drückte sie ruckartig nieder. Die Tür war nicht verschlossen. Sie gab sofort nach. Kühle Luft trieb ihm entgegen. Irgendwo erblickte er den Schein einer Laterne. Dunkel und stürmisch tat sich die Nacht vor ihm auf. Er schloß rasch die Tür hinter sich und tat ein paar Schritte in den verwilderten Garten hinein.
    In der nächsten Sekunde blieb er wie angewurzelt stehen. Sein Herz tat einen harten, schmerzhaften Schlag. Unmittelbar vor ihm tauchte ein plumper Schatten aus dem Schneetreiben. Es war der gleiche Schatten, den vor ihm

Weitere Kostenlose Bücher