Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
Vom Netzwerk:
Briefträger keine Tasche mit Briefen trug, sondern lediglich ein Notizbuch und einen Bleistift.
    Daraufhin hatte der pfiffige Kleine sofort die Nationalhymne angestimmt und uns gewarnt.
    Das ermöglichte es mir, den elektrischen Stecker herauszuziehen, während der Feind den Hausflur durchquerte. Jetzt erklomm er die Stiegen.
    In diesem Augenblick überkam mich eine meiner genialen Inspirationen. Ich stürzte zum Gasherd, zündete ihn an, nahm die elektrische Kochplatte, stellte sie auf die Gasflamme und stellte die Pfanne auf die Platte. Erst als das geschehen war, gab ich der besten Ehefrau von allen das Zeichen, die Wohnungstür zu öffnen.
    Der Regierungsvertreter kam hereingestürzt, stand im nächsten Augenblick auch schon in der Küche und griff nach der elektrischen Platte. »Aha! Sie ist heiß!« »Was haben Sie erwartet?« sagte ich. »Sie steht ja auch auf einer Flamme, oder nicht?«
    Der Mann schien ein wenig verwirrt, was ihn zu lautem Brüllen veranlasste.
    »Eine elektrische Platte auf einer Gasflamme? Sind Sie verrückt?«
    »Und wenn ich es wäre?« replizierte ich schlagfertig. »Ist das vielleicht verboten?«
    Ein paar Sekunden lang glotzte mich der Spion mit aufgerissenem Mund an, dann machte er kehrt und entfloh.
    Einige Tage später wurde er auf eigenes Ersuchen in eine andere Abteilung versetzt. Er konnte es nicht verwinden, dass ein gewöhnlicher Bürger im elektrischen Kleinkrieg die Oberhand über die Behörde behalten hatte.
    Ein Denkmal für den Spinat
    An dieser Stelle des Buches wurde ich plötzlich von Nostalgie für die Nostalgie erfasst. Wie angenehm ist es doch, so redete ich mir ein, mit innigem Sehnen jener fernen Tage zu gedenken, in denen alles so viel besser und schöner war, mit der Ausnahme der zahlreichen Dinge, die so widerlich waren wie Spinat.
    Vor ein paar Wochen - ich weiß nicht warum, vielleicht unter dem Eindruck der amerikanischen Präsidentenwahl - musste ich plötzlich an meine Kinderzeit denken. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt - und warum sollte sie das, nach allem, was ich für sie getan habe -, war es eine glückliche, sorgenfreie Zeit; mit Ausnahme eines einzigen Umstandes: Ich war ein ungewöhnlich mageres Kind.
    Ich war so dünn, dass mein Großvater scherzhaft zu sagen pflegte, ich müsste zweimal ins Zimmer kommen, um drin zu sein.
    Die medizinische Wissenschaft befand sich damals in einem Stadium, in dem schwarzgekleidete Hausärzte Eltern einbläuten, dass nur beleibte Menschen wirklich gesund wären, weil sie die zur Bekämpfung von Krankheiten erforderlichen Mengen von Fett und Cholesterin mit sich herumtrügen.
    Folgerichtig bekam ich von meiner Familie ununterbrochen zu hören, ich müsse enorm viel Butterbrote essen, sonst würde mir niemals ein Schnurrbart wachsen und die glorreiche ungarische Armee würde auf meine Dienste verzichten. Ich bedaure, sagen zu müssen, dass beide Drohungen mich kaltließen.
    Im Mittelpunkt der damaligen Ernährungswissenschaft stand jedoch nicht das Butterbrot, sondern der Spinat. Eine alte jüdische Tradition (und vielleicht nicht nur eine jüdische) besagte, dass kleine Kinder keinen Spinat essen wollen. In der Praxis äußerte sich das in einer Art stiller Übereinkunft: Für Kinder war Spinat ein Anlass für ewigen Hass, und für Eltern war er ein Testfall ihrer Autorität.

    Ich selbst zeigte mich leider völlig ungeeignet für dieses Kräftespiel zwischen den Generationen, und zwar aus einem sehr einfachen Grund: Ich aß Spinat für mein Leben gern. Vielleicht wollten mir die Spielregeln nicht einleuchten. Vielleicht war der Spinat selbst daran schuld, weil er so gut schmeckte. Wie dem auch sei - meine Eltern waren verzweifelt: Jedes normale Kind hasste Spinat.
    Und ihr eigen Fleisch und Blut liebte ihn. Es war eine Schande.
    Immer wenn bei uns daheim Spinat auf den Tisch kam und wenn ich meine gute Mutter um eine zweite Portion der grünen Delikatesse bat, wurde ich scharf zurechtgewiesen:
    »Da, nimm! Aber du musst es bis zum letzten Löffel aufessen! Oder du bekommst von Mami auf deinen Du-weißt-schon-wohin du-weißt-schon-was!« »Natürlich esse ich ihn bis zum letzten Löffel auf«, antwortete ich. »Er schmeckt mir ja.«
    »Nur schlimme Kinder essen keinen Spinat«, redete meine Mutter unbeirrt weiter. »Spinat ist sehr gut für dich. Und sehr gesund! Lass dir ja nicht einfallen, zum Spinat >pfui< zu sagen.«
    »Aber Mami, ich ess' ihn doch so gern!«
    »Du wirst ihn aufessen, ob du ihn gern isst

Weitere Kostenlose Bücher