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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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ältere, erfahrenere Kinder mit dem Zement die Steine der Mauer sichern konnten.
    Da die Gebäude auf der Ranch alle alt waren, musste man bei der Renovierung Berge von Dachpappe mit der Hand oder einer Schaufel in Schubkarren verfrachten und sie von der Baustelle zu einer riesigen, etwa eine Viertelmeile entfernten Grube transportieren, wo sie vergraben wurden. Die Pappe selbst war brüchig, etwa zwei Zentimeter dick und zerbröselte wie Zement, wenn man sie auf einen Fels schlug. Sie hatte einen bräunlich-rötlichen Farbton. Mindestens einmal wurde uns gesagt, dass jemand die Ranch inspizieren würde, woraufhin wir in aller Eile den riesigen Berg an Dachpappe verstecken mussten. Das war zwar etwas seltsam, aber wir taten es.
    Wenn wir nicht Bäume pflanzten, Steinmauern errichteten oder Schutt wegräumten, mussten wir uns häufig um das Unkraut auf der Ranch kümmern, um die Buschfeuer einzudämmen. Das ausgedörrte Wüstenland rund um die Ranch war mit Sträuchern bewachsen, die in den trockenen Sommermonaten leicht Feuer fingen. Also mussten wir sie mehrere Meilen an der Schotterpiste entlang an der Wurzel herausziehen. Ganz gleich, wie heiß es war – und die Temperaturen stiegen häufig fast auf vierzig Grad –, die älteren Mädchen durften weder ärmellose T-Shirts noch Sportbustiers tragen, weil es zu gewagt war – verwirrend, denn die Jungen durften ihre Hemden ausziehen. Uns wurde immer gesagt, wir müssten Handschuhe anziehen, doch wir bekamen keine, zumindest ich nicht, daher hatte ich vom Halten der Hacke wie viele andere dicke, schwielige Haut zwischen Daumen und Zeigefinger.
    Wegen der Hitze gab es normalerweise kaltes Wasser sowie die Salz- und Kaliumtabletten, damit wir nicht dehydrierten. Da keiner wusste, wie viel wir davon nehmen sollten, gab es auch Kinder, die vier bis fünf davon schluckten. Ich jedenfalls wusste nicht, wie viele wir nehmen sollten. Also schluckten wir sie einfach, weil wir gehört hatten, damit würden wir nicht überhitzen. Wir durften auch mal fünf Minuten Pause machen, aber nicht besonders oft.
    Uns wurde gesagt, diese Arbeit sei einfach der Ausgleich dafür, dass wir auf der Ranch wohnen dürften. Es war unsere Gelegenheit, unseren Lebensunterhalt zu verdienen, anstatt alles ohne Gegenleistung in Anspruch zu nehmen. Das war wichtig, denn wie Scientology uns lehrte, schützten uns unsere Supervisoren damit, kriminell zu werden. Nur Kriminelle nahmen etwas ohne Gegenleistung in Anspruch. Außerdem war diese schwere körperliche Arbeit eine Übung dafür, Arbeitsethos zu entwickeln, schwierige Situationen zu meistern und sich der MEST -Dynamik zu stellen. MEST stand für Matter, Energy, Space und Time – Materie, Energie, Raum und Zeit –, für alles Physische also, im Gegensatz zum Nicht-Physischen, Spirituellen wie Thetanen, Gedanken und Absichten. Wenn wir körperliche Arbeit verrichteten, würde uns das eines Tages zu besseren Scientologen machen.
    Während der Decks gingen häufig Erwachsene von Projekt zu Projekt, um zu sehen, wie wir zurechtkamen. Manchmal halfen sie uns auch, aber grundsätzlich wurden die Arbeiten von Kindern durchgeführt und überwacht. Die Erwachsenen trieben uns eher an, härter, schneller und gründlicher zu arbeiten. Wir handhabten und kontrollierten MEST auf unsere Art. Sich dieser Dynamik mit körperlicher Arbeit zu stellen, wurde als therapeutisch angesehen und half dem Clearing unserer Gedanken, obwohl die Projekte und Aufgaben oft unglaublich anstrengend waren.
    Während meiner Zeit auf der Ranch trat nur sehr selten jemand vor und sagte, die Arbeit wäre zu viel oder zu anstrengend. Wahrscheinlich, weil die Erwachsenen das anders sahen. Schließlich hatten sie die Projekte entworfen und entschieden darüber, ob wir unsere Aufgaben zufriedenstellend gelöst hatten. Wenn nicht, mussten wir das manchmal während der Mittagspause nachholen. Ein Projekt war erst beendet, wenn ein Erwachsener oder ein dazu ernanntes Kind es begutachtete und absegnete.
    Am Ende erledigten wir entweder gehorsam unsere Aufgabe oder wurden zu einem Erwachsenen geschickt. Geschah Letzteres häufiger, konnten wir in der HMU enden, der Heavy MEST Work Unit , wo die schwersten Arbeiten verrichtet wurden. Diese Einheit war für diejenigen gedacht, die wiederholt Regeln brachen oder Widerworte gaben. Wirklich schwere Arbeiten wie Gräben ausheben waren für diese Gruppe reserviert. Sie musste auch getrennt von den anderen essen und lernen, und man durfte mit

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