Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
Parker kaum mit mir, aber als am Freitag mein Dad kam, erklärte sie, ich müsste ihm meine Flucht gestehen. Ich versprach es, obwohl mir davor graute – ich hatte solche Angst, er würde sich für mich schämen. Als Dad kam, gingen wir zum Spielplatz, der normalerweise nur in den Pausen genutzt wurde, um Mr. Parker zu treffen. Sie begrüßte ihn mit »Hi, Sir«.
Da mein Vater eine wichtige Führungskraft der Church war, wurde er mit ›Sir‹ angesprochen, genau wie meine Mutter. Ich fand es immer komisch, wenn ich das hörte, denn es wirkte, als wären die beiden der Boss von allen anderen.
»Hat Jenna Ihnen erzählt, was diese Woche passiert ist?«, fragte Mr. Parker.
Mein Vater war sichtlich verwirrt. »Was meint sie denn, Schatz?«
Daraufhin brach ich in Tränen aus. »Ich wollte dir sagen, wie gemein hier alle sind«, stieß ich hervor. Ich hatte mich durchgerungen, es ihm zu sagen, wollte aber auf keinen Fall eingestehen, dass ich etwas falsch gemacht hatte.
Mr. Parkers Miene wurde hart – sie war eindeutig verärgert. Also erzählte sie ihm rasch, was passiert war, während ich vor mich hin schluchzte. Mein Dad dankte ihr und sagte, er würde sich darum kümmern, dann bat er sie zu gehen. Trotz meines Elends fiel mir auf, wie seltsam es war, dass er sie wegschickte. Sonst war sie immer diejenige, die anderen Befehle erteilte und sie wegschickte. Die plötzliche Machtverlagerung war faszinierend.
Danach umarmte mich mein Vater und fragte mich, warum ich hatte weglaufen wollen. Ich sah ihn an und dachte an alles, was ich auf der Ranch durchgemacht hatte. Ich wollte ihm sagen, wie schwer es für mich war, brachte es aber nicht heraus. Ich hatte solche Angst, ihn zu enttäuschen. Dennoch hielt mich auch noch etwas anderes davon ab, ihm die Wahrheit zu sagen: Vielleicht wusste er schon, wie schlimm es hier war, glaubte aber, wir müssten alles tun, was von uns verlangt wurde, um das Ziel von Scientology zu erreichen, die Welt zu retten.
Die Vorstellung war unerträglich für mich, daher sagte ich ihm nur, ich wäre traurig gewesen und hätte sehen wollen, wie es in der Wog-Welt zuginge. Er lächelte, als wäre das ein lustiger kleiner Einfall von mir, was ich frustrierend fand. Es war mein voller Ernst gewesen, all das hinter mir zu lassen. Aber er fragte nicht weiter nach, und ich erzählte auch nicht mehr. Und nach diesem Tag wurde es einfach nicht mehr erwähnt.
Nachdem Dad wieder gefahren war, warf mir Mr. Parker zwar einen drohenden Blick zu, aber das war es auch schon. Der Ärger war vorbei. Ich wusste nicht, ob ich schon genug Wiedergutmachung geleistet oder ob mein Dad alles geregelt hatte. Ich jedenfalls tat das, was von jedem guten Scientologen erwartet wurde: Ich fragte nicht nach.
KAPITEL 8
»Liebe Jenna …«
Auf der Ranch verging die Zeit langsam. Aber allmählich verlor sie mit Hilfe unserer Decks-Projekte alle Ähnlichkeit mit dem Ort, der mich damals bei meiner Ankunft erwartet hatte. Das Big House bot nun Platz für die Mess Hall, die Kantine, die Büros der Erwachsenen, außerdem für kleine Büros für die Division Heads und für das Kommunikationszentrum, wo wir Briefe, Belobigungen und Kopien der Berichte bekamen, die über uns verfasst worden waren.
Die Fortschritte auf der Ranch entsprachen meinen eigenen, denn ich schloss einen Kurs nach dem nächsten ab. Nach meiner missglückten Flucht engagierte ich mich mehr. Die Arbeit wurde dadurch nicht leichter, doch da ich erkannt hatte, dass ich im Grunde keine andere Wahl hatte, konzentrierte ich mich darauf, meine Kurse zu absolvieren und meine Ethik-Akte so sauber wie möglich zu halten, damit ich eines Tages meinen Abschluss machen und für immer die Ranch verlassen konnte.
Meine Mom sah ich immer seltener. Wir kommunizierten fast nur noch über wöchentliche Telefonate oder über Briefe, die sie immer häufiger schrieb. Vor allem ihre Briefe waren immer voller Neuigkeiten und Gefühlsbekundungen, und ich hütete jeden Brief von ihr wie einen Schatz in einer Schachtel in meiner untersten Kommodenschublade. Wenn ich mich einsam fühlte, holte ich sie heraus und las sie immer wieder. Ihre Briefe, ganz gleich, wie kurz sie waren, gaben mir das Gefühl, dass es doch irgendwo außerhalb der Ranch jemanden gab, zu dem ich gehörte und der mich liebte.
Liebster Jenna-Schatz,
also, es ist Samstagmorgen, und ich sitze auf meiner hinteren Veranda. Ich habe schon hundertmal an dich gedacht, daher will ich dir schreiben. Telefonisch bist
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