Mein Geheimnis bist du
davon, dass ich Frauen bevorzuge – und weshalb ich allein lebe, bin ich dazu übergegangen, mir für spezielle Anlässe Begleiterinnen zu engagieren.«
»Eine ziemlich teure Lösung«, warf Andrea ein.
»Und dazu nicht immer die sicherste. Letztes Mal fiel die gebuchte Dame kurzfristig aus, und man hatte auch keinen Ersatz. Da habe ich Renate mitgenommen. Sie verlangte dafür natürlich auch einen Gefallen. Und nicht gerade einen kleinen. Du erinnerst dich.«
»Doch nicht etwa der Kreditantrag?«
Mareike nickte. »Ja, das war ein heikles Geschäft. Aber ich gebe zu, der Abend mit Renate bei meinen Eltern hat besonders viel Spaß gemacht. Es war der Geburtstag meiner Mutter. Natürlich waren alle ihre Bridgefreundinnen geladen.«
»Ich nehme an, Renate hat sich nicht sehr schicklich benommen und deiner Mutter und den Damen einige Male die Röte in den Kopf getrieben.«
»Du nimmst richtig an.«
Sie lachten beide.
»Wie wäre es jetzt mit dem Nachtisch?«, fragte Mareike.
Andrea stöhnte. »Eigentlich bin ich schon satt.«
»Dann warten wir noch etwas.« Mareike schenkte Wein nach. »So, nun habe ich dir meine Familie vorgestellt«, sagte sie dabei. »Ich sprach immer von meiner Mutter, aber mein Vater steht ihr nicht viel nach.«
Andrea brauchte keine besonderen hellseherischen Fähigkeiten, um zu erraten: »Du besuchst sie nicht oft, oder?«
»Nur zu Geburtstagen, Weihnachten und Hochzeiten. Am liebsten nicht mal dann.«
»Und dein Bruder?«
»Der erhielt von meinem Vater die Tugenden der Männer gelehrt. Hat ganz gut angeschlagen.«
»Und er hat trotzdem eine Frau gefunden.«
»Ich bitte dich. Natürlich. Frauen fliegen auf den Versorgertyp. Meine zukünftige Schwägerin liebt ihre Schwiegereltern. Zumal sie die Hochzeit bezahlen.«
»Und es ist nicht der Neid der zurückgesetzten Außenseiterin, der aus dir spricht?«, witzelte Andrea.
»Wenn du mir nicht glaubst, kannst du gern mitkommen und dich überzeugen. Du würdest mir sogar einen Gefallen tun, denn für mich wäre deine Gesellschaft mit Sicherheit viel netter als die einer fremden Begleiterin. Und für dich ist es praktisch die beste Gelegenheit, dir mich abzugewöhnen. Bei der Familie! Die kuriert dich von mir. Hundertprozentig.«
»Ich brauche nicht mehr kuriert zu werden«, behauptete Andrea. Dass dies nicht ganz der Wahrheit entsprach, merkte sie sofort nach Mareikes Antwort.
»Umso besser«, sagte diese nämlich. »Dann könntest du mir den Gefallen ja ganz leicht tun.«
Das Kribbeln, das sich in Andreas Bauch bei der Vorstellung regte, mit Mareike zur Hochzeit ihres Bruders zu fahren, warnte sie. Es war ein warmes, ein freudiges Ich-könnte-mit-ihr-zusammensein-Kribbeln. Ein Kribbeln, welches es nicht geben dürfte, wenn sie, wie eben behauptet, kuriert war. Wider besseren Wissens erwiderte Andrea: »Ja, klar. Das wäre kein Problem.«
»Bist du sicher?« Mareike beäugte sie skeptisch.
Andrea begriff, dass Mareike es gar nicht ernst gemeint hatte. Erst durch ihre Antwort zog Mareike die Möglichkeit tatsächlich in Betracht. »Und du wirst keinen Rückzieher machen?«
Am liebsten würde ich , dachte Andrea. Aber das konnte sie Mareike wohl schlecht sagen. Also lautete ihre Entgegnung: »Warum sollte ich?«
»Weil du, wenn die Wirkung des Weins nachlässt, wieder zur Besinnung kommst?«
Andrea lachte trotz des mulmigen Gefühls in ihrem Bauch. »Ich bin erst beim zweiten Glas.«
Das überzeugte Mareike nicht. »Bei manch einem reicht das völlig aus, um unüberlegte Versprechen zu machen.«
»Bei mir nicht.«
Mareike schaute Andrea eindringlich an. »Du bist dir wirklich sicher?«
»Was ist schon groß dabei?«, meinte Andrea. »Ich habe keine Probleme mit deiner Familie. Du sagst, sie sei anstrengend, aber ich muss sie auch nur einen Tag aushalten. Dafür bekomme ich ein Essen, welches das vom heutigen Abend, ohne dich kritisieren zu wollen, sicher noch in den Schatten stellt. Und wenn doch alles viel schlimmer kommt als erwartet, täusche ich eine Migräne vor und gehe.« Die Idee mit der Migräne kam Andrea ganz plötzlich und diente mehr zu ihrer eigenen Beruhigung als der Mareikes. Die schien diese Idee aber auch für einen brauchbaren Plan B zu halten, denn ihre Erwiderung zeigte, dass ihre Bedenken zerstreut waren. »Gut, so machen wir es.« Mareike lächelte befreit. »Danke. Damit hast du was gut bei mir.«
»Wie wäre es zum Anfang mit dem Nachtisch?«
Mareike stand auf. »Ist in drei Minuten fertig. Ich
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