Mein Geheimnis bist du
um. Im Halbdunkel des Parkplatzes konnte sie den Mann nur undeutlich erkennen. Der bückte sich, hob etwas vom Boden auf.
»Ist das Ihr Portemonnaie?«
Andrea schaute auf ihre Sporttasche, griff an das Seitenfach, in dem sie normalerweise ihr Portemonnaie aufbewahrte, und ertastete es.
»Nein, das kann nicht meines sein«, sagte sie, ging aber trotzdem auf den Mann zu. Nur noch drei, vier Meter von ihm entfernt, machte der plötzlich eine schnelle Bewegung in Andreas Richtung, griff nach ihrer Sporttasche und riss sie ihr aus der Hand.
»He, was soll das?«, rief Andrea. Sie erwischte den Mann an der Jacke, krallte sich darin fest, sodass er ins Straucheln kam. Andrea bekam ihre Tasche zu fassen, aber der Mann tat alles, um Andrea abzuschütteln. Er packte sie, stieß sie heftig von sich. Andrea verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden.
Den Versuch, sich mit der Hand abzustützen, bereute sie noch Tage später. Der Schmerz, der durch Andreas Arm zog, ließ sie aufschreien. Hilflos sah sie dem flüchtenden Mann nach, hielt sich stöhnend und am Boden kauernd den schmerzenden Arm.
»Warum haben Sie den Mann denn nicht einfach laufen lassen?«, fragte der Arzt, während er sich die Röntgenbilder von Andreas Unterarm ansah.
»Nächstes Mal bin ich schlauer«, presste Andrea hervor. Wann begannen die Schmerzmittel endlich zu wirken?
»Na hoffentlich. Diesmal war es nur ein gebrochener Unterarmknochen. Wer weiß, was es beim nächsten Mal ist.«
»Der Mann ist mit dreihundert Euro auf und davon. Und meiner Kreditkarte«, verteidigte Andrea ihren Einsatz.
»Weder das eine noch das andere macht Sie froh, wenn sie im Rollstuhl sitzen.«
»Na, Sie sind aber ein Schwarzmaler«, brummte Andrea.
»Was glauben Sie, was ich hier schon alles gesehen und gehört habe?«, erwiderte der Chirurg. »Aber nun mal wieder zu Ihnen. Wir haben hier einen sauberen Bruch im Schaftbereich des rechten Speichenknochens. Damit sind Sie eindeutig Anwärterin auf eine Metallplatte. Die Platte wird operativ eingesetzt und dient dazu, nach dem Ausrichten der Knochenenden diese miteinander zu verschrauben. Bei Verzicht auf eine Operation drohen bleibende Fehlstellungen, welche – in Kombination mit der dann erforderlichen langen Ruhigstellung – die spätere Beweglichkeit mindern könnten. Insbesondere die Umwendbewegung des Unterarms. Und das wollen wir doch nicht.« Andreas banges Gesicht entlockte ihm ein Lächeln. »Keine Sorge. Das ist ein Routineeingriff. Und ich habe auch eine gute Nachricht für Sie: Nach der Operation erübrigt sich eine Ruhigstellung im Gips. Der Arm ist praktisch wieder einsatzfähig, sobald alle Schwellungen abgeklungen sind. Allerdings sind erst nach vier Monaten stärkere Belastungen erlaubt, etwa das Heben schwerer Lasten oder das Abstützen auf dem operierten Arm.«
»Und dieses Ding, diese Metallplatte, verbleibt auf ewig in meinen Knochen?«
»Wenn die eingebrachten Metallteile – Platte, Schrauben etc. – keine Beschwerden verursachen, ja. Ansonsten werden sie später entfernt. Weitere Fragen?«
»Im Moment nicht.«
»Also, Frau Lange, Sie werden ein paar Tage unser Gast sein. Ich setze Sie für Morgen Vormittag auf den Operationsplan.«
Andrea war es recht. Je eher operiert wurde, desto eher würde sie die Schmerzen los sein.
15.
S askia besuchte sie am Nachmittag. Andrea, froh die Operation überstanden zu haben, empfing sie mit einem Strahlen. »Endlich! Hast du die Sachen mit, um die ich dich bat?«
»Na, was denkst du denn?«
»Bloß gut, dass ihr einen Reserveschlüssel zu meiner Wohnung habt.« Andreas Strahlen brach ab. »Mein Schlüssel war ja in der Sporttasche.«
»Hast du schon Anzeige erstattet?«, wollte Saskia wissen.
»Wie denn?« Jetzt erschrak Andrea. »Ach du großer Gott!«
»Was ist?«
»Ich habe noch nicht mal bei meiner Bank angerufen, um die Karte sperren zu lassen.«
Saskia zückte ihr Handy und gab es Andrea. Während diese telefonierte, packte Saskia die Sachen aus, die sie mitgebracht hatte.
»Ruf gleich noch bei der Polizei an«, meinte Saskia, als Andrea das Gespräch mit der Bank beendet hatte. »Sie schicken sicher einen Beamten vorbei, der die Anzeige aufnimmt.«
Andrea nickte. Zehn Minuten später war alles geklärt.
»Ich habe in der Personalabteilung Bescheid gegeben, dass du die nächsten Tage krank bist, und bei Brennicke beziehungsweise seiner Sekretärin.«
»Und bei . . .«, Andrea hielt inne.
»Bei ihr ?«, fragte Saskia. »Ich traf
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