Mein Geheimnis bist du
Andrea verwundert. »Ich dachte, du hast Besuch. Oder ist Laura schon wieder weg?«
»Ach ja, Laura. Die hatte ich . . . « Mareike stockte. Verwunderung lag in ihrer Stimme, als sie sagte: ». . . ganz vergessen.« Sie schien verwirrt, fing sich jedoch schnell wieder. »Aber das passt gut«, sagte sie. »Laura wollte dich sowieso gern kennenlernen.«
»Laura? Mich?« Andrea konnte sich nicht vorstellen, warum Laura diesen Wunsch haben sollte. Schon gar nicht nach ihrem abweisenden Verhalten gegenüber Laura.
»Ja.« Mareike nickte. »Sie will wissen, mit wem ich so meine Zeit verbringe.«
Ja, den Eindruck hatte ich auch, dachte Andrea. Und zwar um herauszufinden, ob du ihr immer noch restlos erlegen bist oder ob sie Konkurrenz befürchten muss.
»Laura und ich sind seit unserer Kindheit Freundinnen. Wir haben uns nach dem Studium leider aus den Augen verloren.« Mareike zögerte kurz, erzählte dann aber erstaunlich offen. »Na ja, genauer gesagt, hat sie mich verlassen. Aber das ist lange her, und – wenigstens dazu war die Hochzeit meines Bruders gut – wir haben uns ausgesprochen.«
»Aber dann habt ihr euch sicher trotzdem noch eine Menge zu erzählen, und ich störe bloß«, wandte Andrea ein. Sie wusste schließlich, dass die Beziehung zwischen den beiden doch etwas komplexer war, als von Mareike dargestellt. Abgesehen davon, dass diese Aussprache mitten in der Nacht stattgefunden hatte und dabei ganz sicher mehr als nur gesprochen worden war.
»Wollen wir nicht einfach hier im Büro alles besprechen? Dann kann ich mir auch ein paar Notizen machen.« Ganz bestimmt gab sie nicht das dritte Rad am Wagen ab.
»Aber du störst doch nicht. Wie kommst du darauf?«, fragte Mareike völlig arg- und ahnungslos, was in Andrea vorging. »Wir werden zusammen einen netten Abend haben. Bitte!« Ihre Stimme klang jetzt schmeichelnd. »Ich möchte meine Zeit nicht zwischen euch aufteilen müssen.«
Andrea war extrem verwirrt. Was hieß das? Mareike konnte sich nicht zwischen Laura und ihr entscheiden? Nein, ganz sicher nicht. Mareikes Herz gehörte Laura. Daran bestand kein Zweifel.
Aber warum ließ sie mit dieser verdammten Einladung nicht locker? Warum wollte Mareike sie in ihrer Nähe haben, trotz Laura? Warum bestand sie so darauf, dass sie die beiden besuchte? Von wegen, Laura wollte sie kennenlernen. Das kaufte Andrea Mareike nicht ab.
Dann fiel der Groschen bei Andrea. Aber ja! Es war ganz einfach: Mareike wollte Laura eifersüchtig machen. Das war selbst für Andrea, die so einiges von Mareike gewohnt war, zu viel.
»Nichts zu machen«, sagte sie ablehnend. »Ich stecke bis über beide Ohren in Arbeit. Wahrscheinlich komme ich die ganze Woche nicht vor zwanzig Uhr aus der Firma, und dann will ich wirklich nur noch nach Hause.«
»Nur einen Abend«, bat Mareike. Andrea fand, dass sie dabei ziemlich siegessicher klang. Aber klar. Bisher hatte sie Mareike noch nie etwas abgeschlagen.
»Nein«, erwiderte Andrea deshalb scharf. »Ihr werdet den netten Abend allein verbringen müssen.« Sie war verärgert. Über Mareikes Insensibilität und – mehr noch – über ihre eigene Reizbarkeit.
»Was ist denn mit dir los?«, wollte Mareike wissen.
»Ach. Vergiss es.« Schon bereute Andrea ihre Unbeherrschtheit, weil die sie mal wieder in die missliche Lage brachte, eine Erklärung zu finden, bei der ihre Gefühle keine Rolle spielen durften.
Aber wenigstens diesmal war die schnell gefunden. »Ich bin einfach überarbeitet«, seufzte sie.
»Ein Grund mehr, um mal abzuschalten«, lautete Mareikes prompte Erwiderung.
Andrea war am Verzweifeln. Wie konnte sie Mareike diesen unseligen Abend zu dritt nur ausreden?
In ihrer Not griff Andrea auf die Idee der erfundenen Freundin zurück. Andrea war zwar nicht mehr so begeistert von dem Einfall, besonders weil sie ahnte, dass es komplizierter war, eine imaginäre Freundin am Leben zu erhalten, als es ihr nach zwei Caipirinhas erschienen war, aber mangels einer besseren Idee sah sie keinen anderen Ausweg.
»Ich habe schon eine Verabredung.« Andrea bemühte sich, verlegen dreinzuschauen. »Wenn du es genau wissen willst – ein Date. Und . . . im Moment möchte ich keine anderen Verabredungen treffen, weil ich ja nicht weiß . . . wie es sich entwickelt.«
Mareike schaute Andrea verdutzt an. Es verschlug ihr wirklich die Sprache, denn ihr erster Versuch, etwas zu erwidern, blieb im Ansatz stecken. Allerdings erholte sie sich relativ schnell von der
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