Mein Geheimnis bist du
darauf nehmen. Der Kundenumgang fällt nun mal mit in Ihr Aufgabengebiet.«
Brennickes Logik hatte Andrea nichts entgegenzusetzen.
An Mareike gerichtet, fuhr Brennicke fort: »Wenn es Ihnen gelingt, diese Kunden für uns zu gewinnen, rückt Ihre Idee von einer Filiale in Hamburg tatsächlich in den Bereich des Möglichen. Schade für Sie, dass die Früchte Ihrer Arbeit dann andere ernten.« Brennicke seufzte erneut. »Ist Ihr Entschluss, wegzugehen, wirklich unumstößlich?«
Andrea glaubte, echtes Bedauern in seiner Stimme zu hören. Nicht weil Brennicke Mareike vermissen würde. Als Kollegin war sie eher eine Konkurrenz für ihn. Aber sie hatte sich warmgelaufen, brachte der Bank neue Kunden und ließ ihn damit auch besser dastehen. Genau das war Brennickes Rechnung gewesen. Und nun, wo sie aufging, war auch schon wieder Schluss damit. Es würde einige Zeit dauern, einen guten Ersatz zu finden, und auch der bräuchte eine Anlaufphase.
Andrea wartete auf Mareikes Antwort. Hoffnung keimte auf. Brennicke bot Mareike praktisch gerade die Leitung der Filiale in Hamburg an. Oder doch zumindest seine volle Unterstützung im Vorstand für die Idee dieser Filiale. Und wer, wenn nicht die Initiatorin, würde die dann wohl leiten?
Mareike zögerte tatsächlich einen Moment. Ihr Blick ging zu Andrea, verweilte dort. Dann ein kurzes Schließen der Augen, die Verbindung war gelöst. »Absolut unumstößlich.«
Andrea nippte schnell einen Schluck von ihrem Sekt. Ein Reflex, um die Enttäuschung zu verbergen.
Brennicke nahm Mareikes Antwort mit einem Lächeln auf. »Das dachte ich mir.« Er hatte nichts anderes erwartet.
19.
A ndreas Zwiespalt konnte nicht größer sein. Drei Tage mit Mareike. Sie wusste nicht, ob sie sich über diese unerwartete Wendung freuen oder Angst davor haben sollte. Dementsprechend gemischte Gefühle beherrschten sie am Wochenende vor der Reise.
Aber dann meldete sich Andreas Lieblingsphantasie zurück, und sie konnte nicht vermeiden, dass sich eine freudige Erwartung in ihr aufbaute. Erwartung genug, ihre Zwiespältigkeit beiseitezuschieben und der Fahrt nach Hamburg mit gehobener Stimmung entgegenzusehen.
Drei Tage mit Mareike. Vielleicht hatte sie ja doch noch Zweifel an ihrem Umzug. Vielleicht entschied sie sich noch anders. Solange sie nicht weg war, war schließlich alles möglich.
Mareike holte Andrea Montagmorgen direkt von zu Hause ab. Sie fuhren noch kurz ins Büro, um ein paar Unterlagen zu holen. Anschließend ging es direkt auf die Autobahn in Richtung Norden.
Andrea versuchte ein Gespräch in Gang zu bringen, merkte aber schnell, dass Mareike nicht der Sinn danach stand. Deren Antworten kamen verzögert und waren dazu sehr einsilbig. Also stellte Andrea ihre Konversationsbemühungen ein. Wenn Mareike lieber ihre Ruhe haben wollte, würde sie sie ihr lassen.
Ob Mareikes Gedanken bei Laura in New York waren? Sie war vorgestern abgeflogen, so viel wusste Andrea. Oder ging Mareike in Gedanken einfach nur noch mal ihre Strategie für die anstehenden Kundengespräche durch?
Andrea sah Mareike von der Seite an. In diesem Moment wandte Mareike den Kopf zu Andrea, kreuzte deren fragenden Blick.
»Entschuldige«, sagte Mareike lächelnd. »Ich war in Gedanken.«
»Schon in Ordnung. Ich störe dich nicht weiter.«
»Du störst mich nicht.« Zögern. »Vielleicht kannst du mir sogar helfen.«
»Wobei?«
Mareike kaute noch etwas unentschlossen auf ihrer Unterlippe. »Wenn du an meiner Stelle wärst, was würdest du machen?«, fragte sie stockend. »Würdest du alles aufgeben, um der Frau, die du liebst, zu folgen?«
Andreas Magen krampfte sich zusammen. Ausgerechnet dazu wollte Mareike ihren Rat? Und überhaupt . . . »Ich dachte, du hättest dich entschieden.«
»Hab ich auch. Aber, na ja, ich fühle mich nicht wie erwartet. Nicht so befreit, wenn du verstehst, was ich meine.
»Nicht ganz«, erwiderte Andrea zurückhaltend.
Mareike schwieg wieder. Andrea dachte schon, dass wäre alles, als Mareike fortfuhr. »Laura war seit jeher in meinen Gedanken, meinen Träumen. Immer habe ich mir gewünscht, dass wir schließlich zusammenkommen würden. Nun sind wir es, und ich müsste überglücklich sein. Ich bin auch glücklich, aber . . . es ist ganz anders, als ich dachte. Nicht so unbeschwert und bedenkenlos.«
»Du bist keine zwanzig mehr. Da fühlt man eben anders.«
»Du meinst, die Schmetterlinge werden mit der Zeit flügellahm? Ist das wirklich so?«
Andrea schmunzelte.
Weitere Kostenlose Bücher