Mein Geliebter aus den Highlands
glänzende schwarze Haare, und sie kannte seinen Geruch von irgendwoher. Selbst das Gewicht seines Arms um ihre Hüfte und sein Atem waren ihr vertraut. Es war Gregor. Alana lächelte. Sie war so oft neben diesem leisen Schnarchen eingeschlafen, dass sie es erkannte, sobald ihr Kopf wieder klar war.
Doch dann runzelte sie die Stirn. Niemandem wuchs in einem oder zwei Tagen eine derartige Schwellung auf dem Rücken. Was war das bloß? Vorsichtig hob sie die Decke, um nachzusehen. Doch dann löste sich ihre neu gefundene Ruhe sogleich wieder in Rauch auf. Allerdings beunruhigte sie nicht der graue Kater, der sie von seinem warmen, gemütlichen Plätzchen auf Gregors breitem Rücken anstarrte, sondern die Tatsache, dass sie splitterfasernackt war.
Rasch ließ sie die Decke sinken, auch wenn sie am liebsten noch nachgesehen hätte, ob Gregor ebenfalls nackt war. Als sie die Decke bis ans Kinn zog, rührte sich der schlafende Körper neben ihr. Langsam drehte sie den Kopf – und starrte in Gregors wunderschöne Augen. Sie errötete.
»Ich bin nackt!«, flüsterte sie.
»Aye, Mädchen, das bist du«, erwiderte Gregor und fragte sich müßig, wie weit diese hübsche Röte wohl reichte.
»Warum bin ich nackt?«
»Weil du heftig geschwitzt hast, als dein Fieber sank, und ich fand, dass man dich nicht in einem feuchten Hemd herumliegen lassen sollte. Das andere Hemd war noch nicht trocken genug, und dein drittes Hemd habe ich zerreißen müssen, weil ich Lappen brauchte, um dich zu waschen.« Gregor bemerkte, wie diese Worte auf sie wirkten. Sehr zu seiner Verwunderung vertiefte sich Alanas Röte noch.
»Ich hatte Fieber?«, fragte sie erstaunt. Im selben Moment fielen ihr mehrere Dinge ein, die sie für seltsame Träume gehalten hatte. »Ach, ich glaube, ich erinnere mich daran, dass ich krank geworden bin. Wie lange habe ich denn gefiebert?«
»Fast drei Tage.«
Alana starrte auf ihre Hände, die die Decke noch immer fest an ihre Brust drückten. Ihr fiel auf, dass diese Hände nicht mehr verbunden und beinahe heil waren. Gregor hatte sich also drei Tage lang um sie gekümmert! Nun erinnerte sie sich auch daran, dass sie ein kühles Tuch auf ihrer Haut gespürt hatte, und die Hitze dadurch jedes Mal ein wenig erträglicher wurde. Auch bei anderen sehr intimen Dingen, über die sie lieber nicht nachdachte, war er ihr wohl behilflich gewesen. Plötzlich durchfuhr sie ein furchtbarer Gedanke: Er wusste jetzt, dass sie kein Kind mehr war! Ihre Brüste waren zwar nicht sehr groß, aber er hatte sie bestimmt nicht übersehen, als er sie von ihren Bandagen befreit hatte.
Er wusste also, dass sie ihn belogen hatte. Nun ja, lügen war vielleicht doch ein zu starkes Wort dafür. Sie hatte ihn ja nur in dem Glauben gelassen, sie sei ein Kind. Doch schließlich musste sie sich ergrimmt eingestehen, dass es eine Lüge gewesen war und sich darin ein Misstrauen ausdrückte, das sie im Grunde nicht verspürte. Es würde bestimmt ziemlich schwer werden, ihm zu erklären, warum sie ihm nicht die Wahrheit gesagt hatte; vor allem, weil sie es selbst nicht genau wusste.
Sie richtete den Blick wieder auf ihn. Er beobachtete sie genau, die Lippen zu einem leichten Lächeln verzogen. Unter anderen Umständen hätte Alana den Anblick des Katers, der den Kopf unter der Decke hervorgestreckt hatte und sie ebenso gründlich musterte wie Gregor, lustig gefunden. Vielleicht konnten sie ihre Lüge einfach übergehen, wenn sie jetzt das Gespräch auf das Tier brachte?
»Auf deinem Rücken sitzt ein Kater«, sagte sie. Sie sah es Gregor an, dass er genau wusste, welches Spiel sie zu treiben versuchte. Sein Blick verriet ihr, dass sie damit nicht durchkommen würde.
»Ich weiß«, erwiderte er gedehnt.
»Wo kommt der denn her?«
»Wer auch immer hier gelebt hat, beschloss offenbar, ihn zurückzulassen. Wie alt bist du, Alana?«
Diese so direkt gestellte Frage verblüffte sie so, dass sie unwillkürlich darauf antwortete. »Zweiundzwanzig.«
Gregor drehte sich vorsichtig zur Seite, um dem Kater Zeit zu geben, von seinem Rücken zu springen. Dann sah er Alana an. »Warum suchst du deine Schwester?«
»Woher weißt du das?«
»Du hast es mir erzählt.«
Offenbar hatte das Fieber sie redselig gemacht. Alana schnitt eine Grimasse. Sie hatte wohl bereits viel zu viel erzählt, um ihre Geheimnisse weiter zu hüten. Aber da sie und Gregor durch ihre Flucht vor den Gowans vereint waren, war es ohnehin besser, wenn er die ganze Wahrheit
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