Mein Geliebter aus den Highlands
an seinem Becher. Er fragte sich, warum er erbost war und nicht stattdessen einen Freudentanz aufführte. Das Durcheinander, über das er sich so lange den Kopf zerbrochen hatte, hatte sich nun ohne sein Zutun in Luft aufgelöst. Brian hatte eine gute Gemahlin und einen vollen Geldbeutel. Natürlich hatte er auch Ian Kerr als Schwiegervater, aber Gregor vermutete, dass es Brian nicht schwerfallen würde, ihn zu besänftigen. Ihm ging auf, dass er sich deshalb so ärgerte, weil sein Stolz verletzt war. Kein Mann schätzte es, wenn eine Frau einem anderen den Vorzug gab; selbst dann nicht, wenn er dieser Frau gerade erklären wollte, dass er lieber eine andere haben wollte. Aber am meisten kränkte ihn, dass er als Letzter davon erfahren hatte. Nun stand er da wie ein Vollidiot.
Doch dann schob er diese Gefühle rasch beiseite. Schließlich hatte er die Sache mit Mavis schon beenden wollen, bevor er Alana getroffen hatte. Er sollte sich über diesen Ausgang freuen, unabhängig davon, wie er zustande gekommen war und wie sehr sein Stolz verletzt war. Jetzt konnte er all seine Aufmerksamkeit Alana zuwenden und die Schmerzen lindern, die er ihr zugefügt hatte. Plötzlich fragte er sich, warum er Alana noch nicht gesehen hatte. Angst schlich sich in sein Herz.
»Wo steckt Alana?«, fragte er. Er konnte es kaum noch erwarten, sich mit ihr einig zu werden.
»Wahrscheinlich ist sie in ihrem Schlafgemach«, erwiderte Fiona. »Sie ist dorthin geflüchtet, als sie hörte, dass du wieder da bist.«
Dieser Hieb saß, aber Gregor konnte es verstehen. Er hatte Alana wehgetan, und er hatte ihr Schande gemacht. So jedenfalls sah sie es bestimmt, obwohl nur wenige wussten, dass sie ein Liebespaar geworden waren. Womöglich dachte sie mittlerweile sogar, dass er sie einfach nur benutzt hatte, um seine männlichen Triebe zu befriedigen. Vielleicht meinte sie gar, dass er sich nur die Zeit vertreiben wollte auf ihrer gemeinsamen Reise nach Scarglas, wo er dann wieder mit seiner Verlobten vereint sein würde.
Er wollte sich lieber nicht ausmalen, was in Alana vorging, wenn sie dieser Meinung war. Auf seiner Reise nach Scarglas und zurück hatte er viel Zeit damit verbracht, sich zu überlegen, was er Mavis sagen wollte. Aber er hatte überhaupt nicht überlegt, was er Alana sagen sollte. Törichterweise hatte er sich an die Vorstellung geklammert, dass er sich bei ihr entschuldigen und sie dann so lange küssen könnte, bis sie ihm verzieh.
Die Begegnung mit Alanas Zwillingsschwester war alles andere als einfach gewesen, obgleich die Schwestern sich nur in ihrer Größe und der Form ihres Gesichts glichen. Keira war eine reizende Frau, und offenbar hatte sie dieselbe starke Verbindung zu Alana wie umgekehrt. Gregor konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass Keira wusste, was er und Alana geteilt hatten und dass er ihre Schwester verletzt hatte. Er war versucht gewesen, Keira zu fragen, ob sie wisse, was Alana gerade fühlte, ja sogar, ob sie wisse, ob Alana ihn liebte. Aber dann war er davor zurückgescheut, sich dieser Frau anzuvertrauen. Leider hatte Keira ihn ebenso wenig ins Vertrauen gezogen, sodass er kaum etwas in Erfahrung hatte bringen können, was Alanas Sorgen um Keira beschwichtigt hätte.
Liam hingegen hatte sehr offen mit ihm geredet, und vielleicht konnte er Alana ja damit beruhigen. Allerdings vermutete Gregor, dass ihr das nicht reichen würde. Einerseits war es nur die Ansicht eines Mannes, andererseits spürte sie wahrscheinlich noch immer, dass ihre Schwester nicht glücklich war. Es war nicht nötig gewesen, Liam von der speziellen Verbindung der Zwillingsschwestern zu berichten, denn er wusste bereits darüber Bescheid. Offenbar stand vor allem Liams Vergangenheit ihm im Weg, das Vertrauen seiner Gemahlin zu erringen. Gregor befürchtete, dass er und Alana vielleicht dasselbe Problem hatten. Wenigstens hatte Liam vor seiner Ehe keine Kinder gezeugt, die jetzt mit ihm unter einem Dach lebten und seine Gemahlin ständig an seine Vergangenheit erinnern würden.
»Du löst keine Probleme, wenn du nur hier herumsitzt und düster in dein Ale starrst«, meinte Fioana.
Gregor bedachte sie mit einem düsteren Blick. »Ich bezweifle, dass Alana mich sehen will. Im Grunde hat sie das sehr deutlich kundgetan, als sie bei meiner Ankunft in ihr Zimmer geflohen ist.«
»Du hättest ihr von Mavis erzählen sollen«, sagte Fioana und achtete nicht weiter auf ihren Gemahl, der leise gegen ihre Einmischung protestierte.
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