Mein geliebter Ritter
Beleidigung ertragen, ohne seine gute Laune zu verlieren.«
»Einverstanden.« Jamie lenkte sein Pferd um einen Baumstumpf herum.
»Komm schon, Jamie, warum sollte die Königin überhaupt an mir interessiert sein?«, fragte Owen. »Ich bin ihr niederer Kammerdiener und außerdem noch Waliser.«
»Linnet sagt, dass jeder, der sieht, wie die Königin dich anblickt, glauben muss, dass du das Bett mit ihr teilst.«
»Linnet sagt dies, Linnet sagt das.« Owen klang wieder vergnügt. »Sag mir, warum hast du noch keine andere Frau gefunden, um sie dir aus dem Kopf zu schlagen?«
»Kein weiteres Wort über Linnet.«
»Ich sprach von anderen Frauen«, sagte Owen. »Es gibt sie sogar hier auf Schloss Windsor.«
Ja, warum hatte er sich noch keine andere Frau gesucht? Natürlich hatte er daran gedacht. Er hatte so oft einen Ständer, dass er gar nicht umhin kam, daran zu denken, einen anderen Weg zu finden, um sich Erleichterung zu verschaffen, als mit der Hand.
Tatsächlich wäre es ein Leichtes für ihn, hin und wieder eine Bettgenossin zu finden. Mehr als eine hübsche Frau hatte ihr Interesse signalisiert. Doch solange Linnet hier war, kam keine andere infrage. Alle anderen Frauen verblassten in ihrer Gegenwart.
Es war beschwerlich für ihre Pferde, sich einen Weg durch das nasse Unterholz zu bahnen, doch der Regen ließ auf dem Rückweg nach. Gerade als sie sich den Schlosstoren näherten, brach die Sonne durch die Wolken.
»Ich glaube, ich sehe genau die Dame, über die du nicht sprechen möchtest.«
Jamie hörte kaum, was Owen sagte. Seine Aufmerksamkeit galt einzig Linnet, die mit im Wind wehendem Mantel vor dem Tor stand und ihnen entgegensah.
»Was ist passiert?«, fragte Jamie sie, sobald er abgesessen war. »Stimmt etwas nicht?«
»Im Schloss ist alles in Ordnung«, antwortete Linnet. »Ich konnte es kaum erwarten, Euch wiederzusehen.«
Jamies Herz machte einen Purzelbaum in seiner Brust. Linnet konnte es kaum erwarten, ihn zu sehen. Mehr noch, sie gab es zu. Bevor ihm einfiel, was er zu ihr sagen konnte, wandte sie sich an Owen, der nun ebenfalls abgesessen war.
»Owen, ich bin hier, um Euch zu fragen, ob Ihr mich mit nach London nehmen könnt«, sagte sie und zertrat damit Jamies Ausbruch von Freude wie eine Ameise unter ihrem Absatz. »Ich nehme an, Ihr müsst ohnehin Einkäufe für die Garderobe der Königin tätigen.«
Owen runzelte die Stirn. »Ich hatte bisher noch keinen konkreten Plan, aber ich nehme an, Ihr habt recht.«
»Wir sollten bald aufbrechen.« Linnet hakte sich bei Owen ein und ging mit ihm durch das offene Tor. »Die Königin wird neue Kleider für die Festlichkeiten über Weihnachten haben wollen. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie viele nötig sind, und …«
Jamie folgte ihnen und führte beide Pferde am Zügel wie ein verdammter Stallbursche. Was führte Owen im Schilde, dass er so dicht neben Linnet ging und sich so intim zu ihr hinabbeugte? Sie war keine von den Frauen, die im atemlosen Flüsterton sprachen. Owen konnte sie gut genug hören, ohne sie so bedrängen zu müssen.
»Zufälligerweise habe ich auch etwas in London zu erledigen«, rief Jamie ihnen zu.
Und dieser verdammte Owen lachte.
11
»Hältst du es für richtig, dass wir die Königin und Owen allein gelassen haben?«, fragte Linnet nicht zum ersten Mal.
»Ja«, antwortete Jamie, denn es war sinnlos, dass sie sich jetzt, da sie in London war, Sorgen darüber machte.
Linnet stützte eine Hand in die Hüfte und überblickte den vollen Saal des Westminster-Palastes mit mordlustiger Miene. »Ich hätte Owen suchen und erwürgen sollen, als er uns am Kai versetzt hat.«
Jamie wechselte einen Blick mit ihrem Bruder François.
»Owen hat Glück, dass er einen ganzen Tagesritt entfernt ist«, sagte François hinter vorgehaltener Hand.
»Um Owen gegenüber fair zu sein, sollten wir bedenken, dass die Königin uns einen Diener mit der Nachricht schickte, sie verzichte ungern auf ihren Kammerdiener.«
»Dann schickt sie auch noch Owens Einkaufsliste mit«, schnaubte Linnet. »Als hätte ich die Zeit, für Owen den Laufburschen zu spielen.«
»Aber du liebst es doch, edle Stoffe zu kaufen und zu verkaufen«, wandte François ein. »Das ist es schließlich, was du die ganze Zeit tust.«
Linnet zuckte die Achseln, ließ jedoch nicht erkennen, dass sie besänftigt wäre.
Sie hatte einen unfehlbar guten Geschmack. An diesem Nachmittag sah sie in einem blassrosa Kleid aus feinstem Stoff, der im Licht
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